Rahmenbedingungen für eine sichere und geordnete Stromversorgung

Bern, 05.07.2004 - Der Bundesrat hat am Mittwoch den Entwurf für das Bundesgesetz über die Stromversorgung in die Vernehmlassung geschickt. Es setzt die Rahmenbedingungen zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Stromversorgung und für einen geordneten Strommarkt im sich verändernden schweizerischen und europäischen Umfeld. Für die dringend erforderliche Regelung der grenzüberschreitenden Stromtransite schlägt der Bundesrat eine vorgezogene Übergangslösung vor. In der Folge soll die Marktöffnung in der Schweiz behutsam, etappenweise sowie unter Wahrung der Volksrechte erfolgen.

Die Vernehmlassungsvorlage besteht aus zwei Elementen:

  • Das Bundesgesetz über die Stromversorgung legt die Rahmenbedingungen fest für eine sichere und nachhaltige Versorgung der Endverbraucher mit Elektrizität in allen Landesteilen. Ebenfalls geregelt werden der Wettbewerb und der grenzüberschreitende Stromhandel.
  • Wie der Stromausfall in Italien im September 2003 gezeigt hat, sind unabhängig von der Schweizer Marktordnung und baldmöglichst verbindliche Richtlinien für den europaweiten Stromhandel nötig. Die EU setzt auf den 1. Juli 2004 solche Bestimmungen in Kraft. Mit einer Teilrevision des Elektrizitätsgesetzes sollen die Stromversorgung und die Position der Stromdrehscheibe Schweiz möglichst bald gesichert werden. Die Schweizer Elektrizitätsbranche erwirtschaftet im EU-Binnenmarkt jährlich zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Franken.


Mit der Vorlage trägt der Bundesrat den Interessen der Haushalte wie den Erfordernissen der Wirtschaft Rechung.

Versorgungssicherheit im Zentrum

Mit Blick auf eine hohe Versorgungssicherheit enthält der Gesetzesentwurf über die Stromversorgung Massnahmen zur Grundversorgung, zur Reservehaltung und zur Ausschreibung, bzw. Finanzierung von Stromerzeugungskapazitäten. Unter dem Begriff Grundversorgung wird insbesondere das Anschlussrecht an das Verbundnetz zu angemessenen Tarifen verstanden. Die Elektrizitätskommission - als Schweizerischer Regulator - hat die Aufgabe, den Bestimmungen des Gesetzes Nachachtung zu verschaffen. Da die Elektrizitätswirtschaft volkswirtschaftlich ein starkes Gewicht hat, wird auch der grundsätzlich geöffnete Bereich der Stromproduktion, des Handels und des Vertriebs an Endverbraucher im Sinne der Sicherstellung der Versorgung einerseits und erschwinglicher Preise andererseits überwacht.

Massnahmen für eine nachhaltige Energieversorgung

Weiter schlägt der Bundesrat auch Massnahmen zur Erhaltung der bestehenden Elektrizitätserzeugung aus Wasserkraft, zur Verstärkung der Stromproduktion aus erneuerbaren Energien und zur Verbesserung der Energieeffizienz vor. In einer ersten Phase sollen, basierend auf freiwilligen Massnahmen der Wirtschaft, Ziele betreffend der erneuerbaren Energien (Erhöhung der Jahresproduktion erneuerbarer Energien bis ins Jahr 2030 um 5400 GWh) sowie der Energieeffizienz (Erhöhung um 15% bis ins Jahr 2030) in Teilschritten angestrebt werden. Im Rhythmus von fünf Jahren überprüft der Bundesrat die Erreichung der Teilschritte. Werden die Teilschritte nicht erreicht, erlässt der Bundesrat weitergehende Massnahmen.

Marktöffnung in zwei Etappen

Die Marktöffnung ist in zwei Schritten vorgesehen. Im ersten Schritt werden industrielle Verbraucher und stromintensive Unternehmen mit einem Jahresverbrauch von mindestens 100'000 kWh ihren Lieferanten im In- oder Ausland frei wählen können. Vorbehaltlich der Vernehmlassungsresultate vertritt der Bundesrat die Auffassung, dass im ersten Schritt eine tiefere Limite als die von der Expertenkommission vorgeschlagenen 100'000 kWh zu bevorzugen wäre. Im zweiten Schritt - fünf Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes - wird der Markt vollständig geöffnet. Dazu braucht es allerdings einen Entscheid der Bundesversammlung, der dem fakultativen Referendum untersteht. Kommt die volle Marktöffnung, so haben die kleineren Verbraucher zwei Möglichkeiten. Sie können entweder den Lieferanten frei wählen oder sie können bei ihrem bisherigen Versorgungsunternehmen bleiben. Dieses muss ihnen eine abgesicherte Versorgung liefern. Die Etappierung erlaubt es, Erfahrungen aus den ersten fünf Jahren zu berücksichtigen.

Regeln für den grenzüberschreitenden Stromhandel

Um weitere Grosspannen wie jene im September 2003 zu verhindern, will der Bundesrat den Stromhandel in Übereinstimmung mit der EU rasch regeln und gleichzeitig die Position der Schweizer Stromwirtschaft sichern. Vorgesehen ist die Schaffung eines unabhängigen Betreibers des Übertragungsnetzes, die Einsetzung einer Elektrizitätskommission als Regulierungsbehörde sowie Bestimmungen über den Zugang zum Übertragungsnetz, zur Handhabung von Netzengpässen sowie zu weiteren technischen und kommerziellen Regeln für eine hohe Versorgungssicherheit. Wegen der Dringlichkeit wird dieses Ziel über eine gegenüber dem Bundesgesetz über die Stromversorgung vorgezogenen Revision des Elektrizitätsgesetzes erreicht. Die Übergangslösung ist befristet bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes, in welchem die entsprechenden Bestimmungen bereits integriert sind.

Handlungsbedarf nach dem Nein zum EMG

Die Vorlage ist eine Antwort auf die offenen Fragen nach der Ablehnung des Elektrizitätsmarktgesetzes (EMG) im Herbst 2002. Von März 2003 bis Juni 2004 hat sich die vom UVEK eingesetzte Expertenkommission für eine Elektrizitätswirtschaftsordnung unter Leitung von Alt-Regierungsrätin Dori Schaer-Born mit der gesetzlichen Neuordnung der schweizerischen Elektrizitätsversorgung befasst. Ausgangspunkt war eine vom UVEK durchgeführte Standortbestimmung mit rund 30 Parteien und Verbänden. Wesentliche Rahmenbedingungen für die Ausarbeitung des Entwurfs bildeten der Bundesgerichtsentscheid von Mitte 2003, wonach die Marktöffnung auf Basis des Kartellgesetzes grundsätzlich möglich ist, die volle Strommarktöffnung in der EU am 1. Juli 2007, das Inkrafttreten der europäischen Verordnung über die Transite am 1. Juli 2004 sowie der Stromausfall vom 28. September 2003 in Italien.

Die Vernehmlassung für das Bundesgesetz über die Stromversorgung und die Revision des Elektrizitätsgesetzes (Vorgezogene Regelung des grenzüberschreitenden Stromhandels) dauert bis zum 30. September 2004. Es ist geplant, die anschliessend überarbeiteten Gesetzesvorlagen dem Parlament auf die Wintersession hin zuzuleiten.


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