EnDK gegen energiepolitischen Kahlschlag

Bern, 12.05.2003 - Die Energiedirektorenkonferenz (EnDK) wendet sich einstimmig und entschieden gegen die vom Bundesrat beabsichtigte Streichung des Budgets von "EnergieSchweiz". Dies wäre ein inakzeptabler Verzicht auf die Energiepolitik bei Bund und Kantonen. Die vom Bundesrat erwogenen Ersatzmassnahmen lehnt die EnDK ebenfalls ab. Die damit verbundene Umkrempelung der Aufgabenteilung in der Energiepolitik qualifiziert sie als in zeitlicher Hinsicht ungeeignet, verfassungswidrig und realitätsfremd.

Energiepolitischer Kahlschlag inakzeptabel

In seiner Sitzung vom 30. April 2003 hat der Bundesrat ein Sparprogramm im Umfange von total 3,4 Milliarden Franken beschlossen. Dieses neue Sparprogramm sieht im Bereich der Energiepolitik folgende Kürzungen vor: 5 Mio. Franken im Jahre 2004, 35 Mio. Franken im Jahre 2005 und 55 Mio. Franken ab 2006. Da "EnergieSchweiz" über ein Jahresbudget von CHF 55 Mio. verfügt, kommt dieser Entscheid dem Ende von "EnergieSchweiz" und damit dem Verzicht auf eine Energie- und Klimapolitik gleich.

Unsachlich und unverhältnismässig

Ein solcher Kahlschlag ist für die EnDK inakzeptabel, denn er ist aus folgenden Gründen sachlich in keiner Weise nachvollziehbar und unverhältnismässig:

· Die Energiepolitik ist eine verfassungsmässig verankerte Daueraufgabe, die Bund, Kantone und Gemeinden gemeinsam zu erfüllen haben. Der Sparvorschlag des Bundesrates kommt faktisch einem Aufgabenverzicht gleich. Das Eidgenössische Energiegesetz (EnG) räumt den Kantonen mit eigenen Förderprogrammen zur sparsamen und rationellen Energienutzung sowie zur Nutzung von erneuerbaren Energien und Abwärme die Möglichkeit ein, beim Bund Globalbeiträge zu beantragen
(Art. 15 Abs. 2 EnG). Gestützt auf diese Bestimmung hat die überwiegende Anzahl der Kantone (25) in ihren kantonalen Energiegesetzen Förderprogramme verankert. Die Energiepolitik der Kantone ist damit in hohem und direktem Masse mit den Globalbeiträgen des Bundes verknüpft. Eine Streichung des Budgets von "EnergieSchweiz" würde somit direkt auf die Kantone durchschlagen und hätte faktisch nicht nur auf Bundesebene das Ende der Energiepolitik zur Folge, sondern auch auf kantonaler Ebene.

· "EnergieSchweiz" bringt der Bundeskasse mehr als es sie kostet. Zudem ist "EnergieSchweiz" gerade im KMU-Bereich (Bau- und Baunebengewerbe) äusserst beschäftigungswirksam. Mit einem ordentlichen Budget von 55 Mio. Franken pro Jahr wurden im Jahre 2001 Investitionen in Gebäudesanierungen, in andere energieeffiziente Technologien sowie erneuerbare Energien von insgesamt 800 Mio. Franken, ein Beschäftigungsvolumen von 4700 Personenjahren und ein Mehrwertsteuerertrag
von rund 60 Mio. Franken ausgelöst.

· "EnergieSchweiz" zeigt Wirkung : Im Jahre 2001 wurden die CO2-Einsparungen auf 5-8% geschätzt. Die Jahresbilanzen von "Energie2000" und "EnergieSchweiz" zeigen, dass die Wirkung zunimmt. Damit die schweizerischen Energie- und Klimaziele erreicht werden können, muss "EnergieSchweiz" jedoch noch intensiviert werden.

· Erst vor wenigen Wochen haben die Kantone einen Bericht des Perspektivstabes der Bundesverwaltung mit dem Titel "Herausforderungen 2003-2007 - Trendentwicklungen und mögliche Zukunftsthemen für die Bundespolitik" zugestellt erhalten. Darin wird unter anderem ausgeführt, dass die Energiepolitik der Schlüssel ist, "…mit dem die problematische Störung des globalen Klimasystems entscheidend abgeschwächt werden kann". Entsprechend wird ein "zusätzlicher Handlungsbedarf beim Elektrizitäts- und Treibstoffverbrauch und bei den erneuerbaren Energien" postuliert.

· Vor diesem Hintergrund ist es sachlich in keiner Weise nachvollziehbar, warum das Budget von "EnergieSchweiz" zu 100% gestrichen werden soll, währenddessen im Durchschnitt eine Kürzung von 6,6% wird.

Massvolle Beteiligung an Opfersymmetrie

Der Bundesrat hatte das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) bereits Ende Januar beauftragt, ein Entlastungsprogramm im Umfang von 2 Milliarden Franken zu erarbeiten. Im Zuge der daran anschliessenden Diskussionen hat die EnDK gemeinsam mit dem Bundesamt für Energie (BFE) abgeklärt, inwieweit sich die Energiepolitik an den Sparmassnahmen beteiligen kann, ohne dass ein einschneidender Aufgabenverzicht resultieren würde. Gestützt auf diese Abklärungen wäre eine Kürzung von je CHF 5
Mio. in den Jahren 2004 und 2005 sowie von CHF 10 Mio. ab 2006 knapp verantwortbar, aber nicht ohne Folgen für den Technologiestandort Schweiz: "EnergieSchweiz" müsste verzichten auf die Förderung von Pilot- und Demonstrationsanlagen und damit auf den für den Einsatz neuer Technologien entscheidenden Transfer neuer Forschungs-ergebnisse auf den Markt. Der erarbeitete Vorschlag entspricht einer Kürzung von 18%. Die Energiepolitik würde damit immer noch in überdurchschnittlichem Masse zur
Sanierung der Bundesfinanzen beitragen.

Kontinuität und nicht Umkrempelung der Energiepolitik gefragt

Zur Kompensierung seines Budget-Kahlschlages will der Bundesrat die Einführung einer zweckgebundenen Energieabgabe zur Finanzierung von "EnergieSchweiz" sowie den Erlass von strengen Bundesvorschriften über den Energieverbrauch von Geräten, Motorfahrzeugen und Gebäuden zur Diskussion stellen. Die Einführung einer Energieabgabe erachtet die EnDK als zeitlich derart aufwendig (umstrittene Frage der Verfassungsmässigkeit) und gegenwärtig kaum mehrheitsfähig, so dass eine nahtlose Ablösung bei der Finanzierung von "EnergieSchweiz" nicht gewährleistet werden kann. Der Vorschlag nach schärferen Bundesvorschriften widerspricht im Gebäudebereich sodann der verfassungsmässigen Aufgabenteilung von Bund und Kantonen. Er kommt einer unzulässigen Kompetenzattraktion gleich, die zu einer zentralistischen Energiepolitik führt, was von der EnDK entschieden abgelehnt wird. Die Vorschriften
über Geräte und Motorfahrzeuge müssten weit über die bisher praktizierte enge Anlehnung an die EU-Richtlinien hinausgehen. Der damit verbundene Alleingang der Schweiz würde von der Wirtschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit abgelehnt. Zusammengefasst läuft dieser Vorschlag des Bundesrates somit auf eine verfassungs-widrige und realitätsfremde Umkrempelung der bisherigen Energie- und Klimapolitik
hinaus; ein der Energie- und Klimapolitik abträgliches Stop-and-Go mit nicht absehbarem
Ausgang wäre vorprogrammiert. Genau dies gilt es jedoch unbedingt zu vermeiden. In der Energiepolitik bedarf es vielmehr der Kontinuität; dafür sind nach Meinung der EnDK mindestens 45 bis 50 Mio. Franken pro Jahr erforderlich.


Herausgeber

Bundesamt für Energie
http://www.bfe.admin.ch

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-1448.html