Öffnung des Gasmarktes ist das Thema zweier Studien des Forschungsprogramms Energiewirtschaftliche Grundlagen

Bern, 07.05.2003 - Das Forschungsprogramm Energiewirtschaftliche Grundlagen (EWG) hat zwei Untersuchungen zum schweizerischen Gasmarkt veröffentlicht. Es ist vorgesehen, dieses Markt zu öffnen, nachdem auch in Europa entscheidende Schritte unternommen werden.

Die Neuordnung des Gasmarktes im Sinne verstärkter Konkurrenz würde die Wettbewerbskraft der Schweiz steigern. Der Entwurf eines Gasmarktgesetzes (GMG) ist in Arbeit. Er sieht eine stufenweise, aber vollständige, Öffnung des Marktes basierend auf einem regulierten Netzzugang vor.

Die eine Studie untersucht die Auswirkungen der Marktöffnung im Gasbereich auf den
Energieverbrauch, die Energiepreise und die Umwelt. Auch die möglichen Kompensationsmassnahmen zur Vermeidung unerwünschter Folgen werden kurz angeschnitten.

Die zweite Studie trägt den Titel Stromeinfuhr oder Gasverstromung im Inland. Sie
untersucht die Chancen und Möglichkeiten der Elektrizitätserzeugung in Gaskraftwerken in der Schweiz im Vergleich zum Stromimport.

Die Untersuchungen können bei der angegebenen Vertriebsadresse bestellt oder im Internet unter www.ewg-bfe.ch abgerufen werden. Medienschaffende beziehen die Berichte beim Bundesamt für Energie, Tel. 031/322 56 18.

Das Forschungsprogramm Energiewirtschaftliche Grundlagen (EWG) untersucht wirtschaftliche und umweltrelevante Fragen im Zusammenhang mit Energie. Das Programm wird vom Bundesamt für Energie (BFE) betreut. Es basiert auf dem Konzept "Zukünftige Schwerpunkte" aus dem Jahre 1995, das die Ausrichtung der energiewirtschaftlichen Forschung behandelt. Im Konzept der Energieforschung des Bundes für die Periode 2000 bis 2003 – ausgearbeitet 1999 durch die Eidgenössische Energieforschungskommission (CORE) – wird der sozioökonomischen Energieforschung gemäss dem EWG-Programm zentrale Bedeutung zugemessen. Das Forschungsprogramm versteht sich als Dienstleister und Wissensproduzent zuhanden der Öffentlichkeit.

 

Beschreibung der beiden neuen EWG-Untersuchungen

Die Publikationen sind in deutscher Sprache erschienen. Sie enthalten eine Zusammenfassung in Französisch.

Marktöffnung im Gasbereich
econcept, Zürich: Reto Dettli, Bernhard Signer, Yvonne Kaufmann
Vertrieb: BBL/EDMZ, 3003 Bern, Bestell-Nr. 805.542 d

Die Autoren stellen fest, dass der schweizerische Gasmarkt im internationalen Vergleich sehr klein ist und im Industriesektor nur wenige Grosskunden hat. Deshalb werden die Gaskäufe im herrschenden System unter der Führung der Swissgas zusammengelegt. Damit kommen die Verteiler und ihre Kunden zu vorteilhaften Preisen. Ausserdem steht das Gas auf dem Wärmemarkt stets im Konkurrenzkampf mit anderen Brennstoffen, sodass keine Monopolrenten aufgebaut werden können.

Die Studie kommt zum Schluss, dass die Auswirkungen der Öffnung des Gasmarktes nicht mit jenen beim Elektrizitätsmarkt vergleichbar sind. Für die Gasbranche, ihre verschiedenen Kundensegmente, die gesamte Wirtschaft oder die Umwelt sind keine grösseren Auswirkungen sind zu erwarten. Die Ausgestaltung der Regulierung von Transport und Verteilung beeinflusst jedoch die Auswirkungen der Gasmarktöffnung namhaft und kann den beabsichtigten Wettbewerb, der sich auf die Grossbezüger konzentrieren wird, begünstigen oder hemmen. Bei den Verteilern dürften einige Arbeitsplätze verloren gehen durch verstärkte Zusammenarbeit und Fusionen.

econcept erwartet die grössten Veränderungen im Zusammenhang mit der Marktöffnung bei den Gaspreisen. Aber selbst im günstigsten Fall wird der Rückgang bei den verschiedenen Kunden kaum 10 % bzw. 15 % bei den abschaltbaren Industriekunden überschreiten.

Diese Preisreduktionen würden die Nachfrage nach Erdgas bis im Jahr 2030 um zusätzliche 3 bis 4% steigern – vor allem zu Lasten des Heizöls. Im Vergleich zur Entwicklung ohne Marktöffnung hätte das eine Reduktion des Ausstosses von CO2, NOX und SO2 um weniger als 1% zur Folge.

Stromeinfuhr oder Gasverstromung im Inland
Prognos, Basel: Martin Sättler, Werner Bohnenschäfer, Michael Schlesinger
Vertrieb: BBL/EDMZ, 3003 Bern, Bestell-Nr. 805.541 d

Die Öffnung der Märkte der leitungsgebundenen Energien lässt die Frage der Stromversorgung in neuem Licht erscheinen. Der Überhang der Produktionskapazität führt zurzeit zu tiefen Preisen für Stromimporte. Deshalb werden zurzeit in der Schweiz aus Rentabilitätsgründen keine Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) zur Stromerzeugung gebaut.

Prognos erwartet eine Strompreiserhöhung ab 2005 (gefolgt von höheren Gasimportpreisen ab 2010). Somit könnte der Bau von GuD ab 2008 unter Umständen Wirklichkeit werden, und zwar sowohl aus kommerziellen wie politischen Gründen (Gesamtwirtschaft, Umwelt).

In Frage kommen GuD-Anlagen mit einer Leistung zwischen 50 MW (mit Wärme-Kraft-Koppelung) und 400 MW. Im Vergleich zum europäischen Energiemarkt ergäben sich bezüglich Kosten (erst aber ab 2008), Emissionen und Primärenergieverbrauch günstigere Verhältnisse für die Gasverstromung als für den Stromimport. In der Tat würde der Wirkungsgrad solcher GuD-Anlagen um 25 bis 30 % höher liegen als der Durchschnitt des europäischen Kraftwerksparks, und die Beschäftigung würde leicht steigen, obwohl lediglich während des Baus der GuD.

Was die Versorgungssicherheit anbelangt, spricht die Situation auf dem schweizerischen
Energiemarkt eher zu Gunsten des Stromimports, weil dieser eine bessere Diversifikation der Lieferantenländer, der Zufahrtswege und der Transportinfrastruktur ermöglicht.

Prognos kommt zum Schluss, dass die Gasverstromung – im Vergleich zum Stromimport – der Schweizer Wirtschaft langfristig keine wichtigen Vorteile bringen würde. Für die Wahl der einen oder anderen Möglichkeit durch die Investoren wird demnach die Entwicklung der Gas- bzw. der Strompreise ausschlagebend sein.


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