Freileitung oder Kabel: Anhörung zeigt Bedarf nach Versachlichung der Diskussion

Bern, 19.11.2009 - Ob eine Hochspannungsleitung als Freileitung gebaut oder als Kabel im Boden verlegt werden soll, muss im Einzelfall und auf der Grundlage objektiver Kriterien entscheiden werden. Diese Grundlage soll künftig ein im Auftrag des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) entwickeltes neues Beurteilungsschema liefern. Von April bis Ende Juni 2009 konnten sich Kantone, Organisationen, Behörden, Parteien und private Interessensgemeinschaften dazu im Rahmen einer Anhörung äussern. In den insgesamt 98 eingegangenen Stellungnahmen werden die Zielsetzungen des Schemas und die Notwendigkeit einer objektiven Bewertung allgemein anerkannt, die einzelnen Bewertungskriterien und deren Gewichtung jedoch sehr kontrovers beurteilt. Dies zeigt der heute vom UVEK veröffentlichte Anhörungsbericht.

Wichtigstes Ziel des neuen Beurteilungsschemas ist die Versachlichung der Frage „Freileitung oder Erdverlegung" und dadurch eine Beschleunigung der Bewilligungsverfahren. Das Schema sieht dazu eine Bewertung anhand von Punkten vor, die in den drei Bereichen Umwelt (z.B. Beeinträchtigung von Landschaftsbild und Boden, nichtionisierende Strahlung, Gewässerschutz, etc.), Versorgungssicherheit (Verfahrensdauer, Bauzeit, etc.) und kommunale Interessen (Ortsbildschutz, Tourismus, etc.) vergeben werden. Diese Punkte werden dann den Kosten der Freileitungs- und Kabelvarianten gegenübergestellt und bilden damit eine Entscheidgrundlage für die Behörden.

Die Ergebnisse der Anhörung zeigen, dass generell eine Versachlichung der Diskussion und der Beurteilung von Leitungsprojekten gewünscht wird und dass ein geeignetes Beurteilungsschema dazu beitragen kann. Während die drei Hauptbereiche Umwelt, Versorgungssicherheit und kommunale Interessen eine grundsätzlich Zustimmung erhielten, wurden fast alle Detailkriterien sehr kontrovers und teils widersprüchlich beurteilt. Die Forderungen betreffen beispielsweise die Gewichtung bestimmter Kriterien, die Erarbeitung detaillierter Bewertungsskalen, die klare Festlegung, für welche Projekte und in welchen Gebieten das Schema angewendet werden soll oder auch die Zusammensetzung der Gremien, die das Schema im Einzelfall anwenden. Insgesamt widerspiegelt die Anhörung damit auch, wie komplex die Beurteilung der Vor- und Nachteile von konkreten Projekten in der Praxis sind und wie vielfältig und breit gestreut die Interessen jeweils sind.

Weiteres Vorgehen

Parallel zur Anhörung wurde das Schema in einen Praxistest geschickt, der in den nächsten zwei Jahren zeigen soll, ob es sich bei der Beurteilung „echter" Leitungsprojekte bewährt. Es soll dazu bei mindestens drei konkreten Leitungsprojekten eingesetzt werden. Vorerst sind dies das Leitungsprojekt Chippis-Mörel im Wallis (Stand: Sachplanverfahren, Vergleich Kabel- mit Freileitungsvariante), das Leitungsprojekt Airolo-Lavorgno im Tessin (Stand: Sachplanverfahren, Vergleich von zwei verschiedenen Freileitungsvarianten) und der Teilabschnitt Niederwil-Bremgarten der Reusstalleitung (Stand: Plangenehmigungsverfahren, Vergleich Kabel- mit Freileitungsvariante).

Nach Abschluss der Praxistests werden alle Erkenntnisse analysiert und das Schema definitiv überarbeitet. Geplant ist, das Schema zunächst als Entscheidhilfe zur Interessenabwägung im Sachplanverfahren anzuwenden und längerfristig als Vollzugshilfe für die Beurteilung von Leitungsprojekten im neuen "Sachplan Energienetze" zu integrieren.

Der Bericht zur Anhörung des „Prüfungs- und Beurteilungsschemas Kabel - Freileitung auf der 220/380 kV-Ebene" ist auf der Website des Bundesamtes für Energie einsehbar.


Adresse für Rückfragen

Cornelia Gogel, stv. Leiterin Sektion Elektrizitäts- und Wasserrecht BFE, 031 322 56 47



Herausgeber

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
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