Sozioökonomische Auswirkungen von Lagern für radioaktive Abfälle: Vergleichbarkeit aller Regionen muss gewährleistet sein

Bern, 21.04.2010 - Die heute vom Kanton Schaffhausen publizierte Studie zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen eines geologischen Tiefenlagers ist nicht Bestandteil des Sachplanverfahrens. Die Methodik der Studie wurde weder mit den Bundesbehörden noch mit den anderen Standortkantonen abgestimmt und ermöglicht deshalb keine vergleichenden Beurteilungen bei der laufenden Standortsuche. Ab Mitte 2011 wird das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) kantonsübergreifende sozioökonomische Studien nach einer objektiven und vergleichbaren Methodik in allen potenziellen Standortregionen durchführen.

Die Suche nach Standorten für die Lagerung radioaktiver Abfälle in der Schweiz läuft. Das Verfahren, die Regeln und die zeitlichen Etappen der Standortsuche sind im „Sachplan geologische Tiefenlager" festgeschrieben. Dieser Sachplan wurde in einem mehrjährigen Verfahren unter mehrmaligem Einbezug der Kantone erarbeitet und vom Bundesrat im April 2008 verabschiedet. Er stellt sicher, dass die Standortsuche in grösstmöglicher Transparenz abläuft und gewährleistet die Nachvollziehbarkeit aller Entscheidungen sowie den gleichberechtigten Einbezug aller betroffenen Regionen. Grund für dieses breite und transparente Mitwirkungsverfahren ist, dass das Interesse an einer nationalen Lösung der Entsorgungsfrage über den Partikulärinteressen einzelner Kantone und Regionen steht.

Die heute publizierte Studie des Kantons Schaffhausen zu den sozioökonomischen Wirkungen eines geologischen Tiefenlagers ist nicht Bestandteil des Sachplanverfahrens. Die Methodik der Studie wurde weder mit den Bundesbehörden noch mit den anderen Standortkantonen abgestimmt und ermöglicht so keinen objektiven Vergleich mit anderen Regionen.

Das UVEK nimmt die Studie des Kantons Schaffhausen zur Kenntnis. Es wird sich seinerseits weiterhin strikt an das im Sachplan vorgegebene Verfahren halten. Konkret bedeutet dies, dass die sozioökonomischen Auswirkungen von Tiefenlagern erst ab Etappe 2 in die Entscheide für oder gegen ein bestimmtes Standortgebiet einbezogen werden. In der laufenden Etappe 1 wird ausschliesslich die sicherheitstechnische Eignung der potenziellen Standortgebiete betrachtet.

Vergleichbare, objektive sozioökonomische Studien für alle Standortregionen

Die raumplanerischen und sozioökonomischen Auswirkungen von geologischen Tiefenlagern werden in Etappe 2 von Mitte 2011 bis 2014/15 untersucht. Diese Studien werden gleichzeitig in allen im Sachplan festgesetzten Standortregionen (über die Kantonsgrenzen hinweg) nach der gleichen Methodik erstellt. Damit sind die Objektivität, die Vergleichbarkeit der Aussagen und die Perspektive der jeweils gesamten Standortregion - und nicht nur der einzelnen Kantone - gewährleistet.

Die Methodik für diese Studien wird derzeit unter Federführung des Bundesamts für Raumentwicklung ARE in Zusammenarbeit mit den Standortkantonen fertig gestellt. Sie wird im Rahmen der öffentlichen Anhörung zur Etappe 1 im Spätsommer öffentlich aufgelegt.

Sachplan geologische Tiefenlager
Im April 2008 verabschiedete der Bundesrat den Konzeptteil des Sachplans geologische Tiefenlager. Darin sind Verfahren und Kriterien für die Standortsuche festgelegt. Das Auswahlverfahren wird demnach in drei Etappen durchgeführt, die innert 10-12 Jahren zu Standorten für ein Lager  für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (SMA), für ein Lager für hochradioaktive Abfälle (HAA) oder für ein Kombilager für beide Abfalltypen führen sollen. Der Sachplan legt fest, in welcher Etappe welche Untersuchungen (z.B. sozioökonomische Studien oder Umweltverträglichkeitsprüfungen) durchgeführt werden müssen. Oberstes Ziel ist dabei stets die langfristige Sicherheit von Mensch und Umwelt.
Weitere Informationen: www.radioaktiveabfaelle.ch > Standortsuche für geologische Tiefenlager

In 3 Etappen zum Standort
Im November 2008 stellte die Nagra sechs potenzielle Standortgebiete vor. Für ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle schlägt die Nagra vor Südranden (Kanton SH), Jura-Südfuss (Kantone SO und AG) und Wellenberg (Kantone NW und OW). Für ein Lager für hochradioaktive Abfälle oder für ein Kombilager sind es die Regionen Zürcher Weinland (Kantone ZH und TG), Nördlich Lägeren (Kantone ZH und AG) und Bözberg (Kanton AG). Gemäss Sachplan musste die Nagra ihre Vorschläge ausschliesslich auf geologische und sicherheitstechnische Kriterien und auf die technische Machbarkeit basieren.
Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) hat die von der Nagra vorgeschlagenen Standortgebiete hinsichtlich ihrer Sicherheit und bautechnischen Machbarkeit überprüft. In seinem Ende Februar 2010 publizierten Gutachten bescheinigt das ENSI der Nagra eine fachlich fundierte, umfassende und nachvollziehbare Analyse der geologischen Grundlagen und stimmt den vorgeschlagenen Standortgebieten zu.
Sobald alle behördlichen Gutachten und Berichte zu den Vorschlägen der Nagra vorliegen, werden alle Unterlagen in eine dreimonatige Anhörung bei Kantonen, Nachbarstaaten, Parteien und Organisationen geschickt und dem Bundesrat Mitte 2011 vorgelegt. Der Bundesrat wird dann entscheiden, welche Standortgebiete im Sachplan festgelegt werden und damit im weiteren Auswahlverfahren in Etappe 2 verbleiben. Bei dieser Festlegung soll gemäss Sachplan ausschliesslich die sicherheitstechnische Eignung der potenziellen Standortgebiete berücksichtigt werden. Erst in Etappe 2 (Mitte 2011 - 2014/15) werden auch sozioökonomische Kriterien in die Beurteilung einbezogen, um die im Sachplan festgelegten Standortgebiete auf mindestens zwei Standorte pro Abfallkategorie einzugrenzen.
Schliesslich werden in der letzten Etappe 3 (2014/15-2018/19) die verbleibenden Standorte vertieft untersucht und die sicherheitstechnischen und geologischen Kenntnisse weiter vertieft (z. B. mit Sondierbohrungen). Am Ende von Etappe 3 reicht die Nagra die Rahmenbewilligungsgesuche für die Lager ein. Gegen den Entscheid des Bundesrats und des Parlaments zu den Rahmenbewilligungsgesuchen kann das fakultative Referendum ergriffen werden.


Adresse für Rückfragen

Presse- und Informationsdienst UVEK, Bundeshaus Nord, 3003 Bern 031 322 55 11
Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE, 031 322 56 75 / 079 763 86 11



Herausgeber

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home.html

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-32742.html