Strommarkt: UVEK erhebt Beschwerde beim Bundesgericht

Bern, 22.09.2010 - Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, wonach Strom-Grossverbraucher frei zwischen günstiger Grundversorgung und dem freien Strommarkt wählen können, wirft Fragen auf. Er stellt die Hauptziele der Stromversorgungsgesetzgebung - Wettbewerb im Strommarkt und die Versorgungssicherheit der Schweiz - grundsätzlich in Frage. Das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zieht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 deshalb ans Bundesgericht weiter.

Das Bundesverwaltungsgericht stiess in den letzten Monaten zwei Entscheide der Elektrizitätskommission ElCom zur Tarifgestaltung im Strombereich um:

  1. In einem von der Gommerkraftwerke AG angestrengten Verfahren entschied das Bundesverwaltungsgericht am 8. Juli 2010, dass die Kraftwerke die Kosten für Systemdienstleistungen (Energiereserven für den sicheren Betrieb der Stromnetze) nicht mitfinanzieren müssen wie es eine Übergangsbestimmung in der Stromversorgungsverordnung verlangt. Der Bundesrat hatte diese im Dezember 2008 zur Senkung der Strompreise erlassen. Gemäss Bundesverwaltungsgericht ist diese Bestimmung jedoch verfassungs- und gesetzeswidrig. Das UVEK verzichtet auf eine Beschwerde gegen diesen Entscheid, zumal es sich dabei um eine bis 2013 befristete Übergangsregelung handelt.
  2. Das zweite Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. August 2010 betrifft ein Verfahren zwischen Stahl Gerlafingen AG und AEK Energie AG. Mittels Verfügung hatte die ElCom entschieden, dass sich die Stahl Gerlafingen bereits im freien Markt befinde und deshalb nicht in die Grundversorgung zurückwechseln könne. Wird das Urteil rechtskräftig, könnte Stahl Gerlafingen wie alle Privat- und Gewerbekunden mit einem Jahresverbrauch von weniger als 100‘000 Kilowattstunden von den zurzeit günstigeren Tarifen der Grundversorgung profitieren. Diese Tarife müssen sich an den Gestehungskosten der Elektrizitätsunternehmen orientieren.

    Das UVEK hat entschieden, gegen dieses zweite Urteil Beschwerde beim Bundesgericht einzureichen. Das Urteil ist nach Auffassung des UVEK teilweise interpretationsbedürftig; die damit verbundenen Unklarheiten müssen geklärt werden, um Rechtssicherheit zu schaffen. Insbesondere stellt sich die Frage, ob bei der Umsetzung des Urteils nicht Sinn und Hauptzielsetzungen der Stromversorgungsgesetzgebung, nämlich Wettbewerb und Versorgungssicherheit, verletzt werden. Wenn Endverbraucher wie Stahl Gerlafingen, die schon vor Inkrafttreten des Stromversorgungsgesetzes vom Markt Gebrauch machten, wieder in die Grundversorgung wechseln können, wo die Tarife zurzeit günstiger sind, kann kein Wettbewerb entstehen. Ausserdem müssten die Stromversorgungsunternehmen jederzeit bereit sein, einen Grossverbraucher zu Grundversorgungsbedingungen beliefern zu müssen und die dazu nötige, ungeplante Energiemenge auf dem Strommarkt zu möglicherweise höheren Preisen zu beschaffen. Diese Mehrkosten würden auf alle Endverbraucher in der Grundversorgung verteilt, so dass letztlich Privat- und Gewerbekunden die günstigen Strompreise der Grossverbraucher mitfinanzieren würden. Nach Ansicht des UVEK stellt das Urteil sowohl einen Eingriff in die Rechte der Kleinverbraucher als auch in die Wirtschaftsfreiheit und Betriebsplanung der Stromversorgungsunternehmen dar und gefährdet so letztlich die Versorgungssicherheit. Die Beantwortung dieser Fragen durch das Bundesgericht liegt demnach sowohl im Interesse aller schweizerischen Stromkonsumentinnen und -konsumenten als auch der Stromunternehmen und Behörden.


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