Geologische Tiefenlager: Nagra-Bericht zum geologischen Kenntnisstand für Etappe 2

Bern, 25.11.2010 - In Etappe 2 der laufenden Standortsuche muss die Nagra quantitative provisorische Sicherheitsanalysen und einen sicherheitstechnischen Vergleich der potenziellen Standorte durchführen. In ihrem Bericht zuhanden des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats (ENSI) legt die Nagra den aktuellen geologischen Kenntnisstand dar. Sie kommt zum Schluss, dass dieser eindeutige quantitative Aussagen zu allen Standortgebieten erlaubt und damit zuverlässige sicherheitstechnische Beurteilungen und Vergleiche möglich sind. Neben anderen Arbeiten plant die Nagra in Etappe 2 das regionale seismische Messnetz in den potenziellen Standortgebieten für ein Lager für hochradioaktive Abfälle zu verdichten. Der Nagra-Bericht wird nun vom ENSI geprüft.

2011 wird der Bundesrat über die definitive Festlegung der Standortgebiete im „Sachplan geologische Tiefenlager" entscheiden (siehe Medienmitteilung des BFE vom 23.08.2010). Danach beginnt Etappe 2 der Standortsuche (Infobox), in der die Nagra mindestens je zwei Standorte für ein Lager für hochradioaktive Abfälle (HAA) und ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (SMA) vorschlagen muss. Höchste Priorität hat dabei die langfristige Sicherheit von Mensch und Umwelt. Zu diesem Zweck muss die Nagra in Etappe 2 quantitative provisorische Sicherheitsanalysen und einen sicherheitstechnischen Vergleich der Standorte durchführen. Dazu braucht es einen ausreichenden Kenntnisstand über die geologischen Gegebenheiten an den Standorten. Gemäss „Sachplan geologische Tiefenlager" muss die Nagra zuhanden des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats ENSI vor Beginn von Etappe 2 aufzeigen, ob der aktuelle Kenntnisstand dafür ausreichend ist oder ob in Etappe 2 zusätzliche Untersuchungen, beispielsweise auch bewilligungspflichtige Sondierbohrungen, notwendig sind. Der vorliegende Bericht dokumentiert den aktuellen Kenntnisstand und beinhaltet die Schlussfolgerungen der Nagra zu dieser Frage.

Umfangreiche Datenbasis vorhanden

Gemäss Nagra-Bericht liegen für jedes Standortgebiet umfangreiche Informationen zu Geometrie, Strukturen, Wirtsgesteinen, hydrogeologischen Verhältnissen sowie zur tektonischen Langzeitentwicklung (Hebung, Erosion, etc.) vor. Diese Daten stammen aus seismischen und geophysikalischen Untersuchungen, aus Bohrungen, Oberflächenaufschlüssen, aus Tunneln, aus der geologischen Kartierung oder auch aus Felslaboren.

Die Nagra hat geprüft, ob mit der vorhandenen Datenbasis quantitative Aussagen zur Sicherheit und technischen Machbarkeit, zur Charakterisierung der Wirts- und Rahmengesteine, zur Hydrogeologie, zu den Mechanismen der Radionuklidausbreitung (Dosisverlauf), zu den geochemischen Bedingungen und zur Biosphäre gemacht werden können.

Zuverlässige quantitative Beurteilungen und Vergleiche sind möglich

Aufgrund der dazu durchgeführten Testrechnungen kommt die Nagra zum Schluss, dass sie aufgrund des aktuellen Kenntnisstands und der vorhandenen Datenbasis in Etappe 2 eindeutige und belastbare quantitative Aussagen zu allen Standortgebieten machen kann. Nach Abschluss der bereits laufenden oder in Planung befindlichen Untersuchungen, könne die sicherheitstechnische Eignung und der Vergleich der geologischen Standortgebiete zuverlässig beurteilt und durchgeführt werden. Die Nagra will den vorhandenen Kenntnisstand in Etappe 2 mit weiteren Untersuchungen zu Geometrie, Wirtsgesteinen, Rohstoffvorkommen, hydrologischen Verhältnissen, der geologischen Langzeitentwicklung, zur Lagerauslegung oder zur Gasbildung und -freisetzung ergänzen. Zudem plant die Nagra, sich an Bohrungen Dritter zu beteiligen (z.B. Bohrungen für Erdwärmesonden) und das regionale seismische Messnetz in den potenziellen Standortgebieten für ein HAA-Lager in Etappe 2 zu verdichten.

Weiteres Vorgehen

Der Bericht und die darin enthaltenen Schlussfolgerungen der Nagra werden nun durch das ENSI und die KNS geprüft und zusätzlich den Standortkantonen zur Stellungnahme unterbreitet. Das ENSI wird seine Ergebnisse im 1. Quartal 2011 publizieren. Im Verlauf von Etappe 2 wird der dann erreichte Kenntnisstand von den Behörden nochmals überprüft. Auf dieser Basis soll festgelegt werden, an welchen Standorten die Nagra in Etappe 3 weitere, auch bewilligungspflichtige Felduntersuchungen (Sondierbohrungen) durchführen muss, um die definitive Standortwahl zu treffen und die Rahmenbewilligungsgesuche für das SMA- und HAA-Lager auszuarbeiten.

INFOBOX

Der Sachplan geologische Tiefenlager wurde vom Bundesrat im April 2008 verabschiedet. Er definiert ein transparentes Auswahlverfahren mit klaren Regeln: In drei Etappen soll dieses in zehn bis zwölf Jahren zu Standorten für je ein Lager für schwach- und mittelradioaktive sowie für hochradioaktive Abfälle führen. Denkbar ist auch ein Kombilager für beide Abfalltypen. Oberstes Ziel ist dabei stets die Sicherheit von Mensch und Umwelt.

Im Zentrum von Etappe 2, die voraussichtlich von Herbst 2011 bis 2015/16 dauern wird, stehen zwei Ziele:

1. Partizipation: Die Standortregionen haben die Möglichkeit, bei der Konkretisierung der Oberflächeninfrastruktur der Lager sowie den Untersuchungen der sozioökonomischen und raumplanerischen Auswirkungen mitzuarbeiten.

2. Sicherheitstechnische Analysen und Vergleiche der Standorte: In Etappe 2 muss die Nagra die in Etappe 1 vorgenommene qualitative Bewertung von Sicherheit und Geologie durch quantitative provisorische Sicherheitsanalysen und einen sicherheitstechnischen Vergleich der Standorte erhärten.

Im Verlauf von Etappe 2 muss die Nagra auf Basis der bis dahin vorliegenden Erkenntnisse mindestens je zwei geeignete Standorte für SMA- und HAA-Lager vorschlagen.

Diese Standorte werden von der Nagra in der letzten Etappe 3, voraussichtlich von 2015/16 bis 2019/2020, vertieft untersucht, so dass sie für beide Lagertypen ein Rahmenbewilligungsgesuch erarbeiten und einreichen kann. Aufgrund dieser Gesuche wird der Bundesrat über die Erteilung der Rahmenbewilligung für je einen Standort für ein SMA- und ein HAA-Lager oder für einen Standort für ein Kombilager entscheiden. Nach dem Entscheid des Bundesrats folgt die Genehmigung durch das Parlament, die dem fakultativen Referendum unterliegt.


Adresse für Rückfragen

Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE, 031 322 56 75 / 079 763 86 11



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