Geologische Tiefenlager: Bewertung des geologischen Kenntnisstands für Etappe 2

Bern, 28.03.2011 - Das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat ENSI hat geprüft, ob der von der Nagra dokumentierte geologische Kenntnisstand ausreicht, um in Etappe 2 der laufenden Standortsuche eindeutige Aussagen zur Sicherheit und zum Vergleich der potenziellen Standortgebiete für geologische Tiefenlager machen zu können. In seiner heute publizierten Stellungnahme kommt es zum Schluss, dass der notwendige geologische Kenntnisstand mit den von der Nagra bereits begonnenen oder geplanten Untersuchungen und den vom ENSI in 41 Forderungen definierten Ergänzungen erreicht werden kann. Gemäss ENSI sind dafür in Etappe 2 keine im Sinne des Kernenergiegesetzes bewilligungspflichtigen erdwissenschaftlichen Untersuchungen (z.B. Sondierbohrungen) erforderlich.

Im Herbst 2011 wird der Bundesrat über die Festlegung der sechs von der Nagra vorgeschlagenen Standortgebiete im Sachplan geologische Tiefenlager entscheiden. Danach beginnt Etappe 2 der Standortsuche (Infobox), in der die Nagra mindestens je zwei Standorte für ein Lager für hochradioaktive Abfälle (HAA) und ein Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle (SMA) vorschlagen muss. Oberste Priorität hat dabei die Sicherheit von Mensch und Umwelt. Zu diesem Zweck muss die Nagra in Etappe 2 quantitative provisorische Sicherheitsanalysen durchführen. Diese sollen die Wirkung und das Verhalten der einzelnen Barrieren nach dem Verschluss des geologischen Tiefenlagers darlegen und zeigen, ob die berechneten Dosen unterhalb der in der Strahlenschutzverordnung und der Richtlinie ENSI-G03 (siehe Links) festgelegten Grenzwerte liegen. Auf dieser Basis können die Standortgebiete dann aus sicherheitstechnischer Sicht verglichen werden.

Um die provisorischen Sicherheitsanalysen durchzuführen, braucht es einen ausreichenden Kenntnisstand über die geologischen Gegebenheiten an den Standorten. Im November 2010 (siehe Medienmitteilung vom 25.11.2010) hat die Nagra den aktuellen Kenntnisstand in einem Bericht dargelegt (NTB 10-01). Nun liegt die Stellungnahme des ENSI zu diesem Bericht vor. Es zeigt darin auf, ob die Aussagen der Nagra nachvollziehbar sind, den Anforderungen von Sachplan und Behörden genügen und ob der aktuelle Wissenstand sowie alle sicherheitsrelevanten Prozesse und Parameter korrekt erfasst wurden. Das ENSI wurde dabei durch die Kommission Nukleare Entsorgung KNE und weitere Experten unterstützt. Zurzeit überprüfen die Eidgenössische Kommission für nukleare Sicherheit KNS sowie die kantonale Expertengruppe Sicherheit den Bericht der Nagra.

Relevante Prozesse und Parameter sind nachvollziehbar und ausreichend

Das ENSI beurteilt die von der Nagra dargelegte Ableitung der sicherheitsrelevanten Prozesse und Parameter als nachvollziehbar und stufengerecht. Die aufgeführten Prozesse reichen konzeptuell aus, um die provisorischen Sicherheitsanalysen und den sicherheitstechnischen Vergleich in Etappe 2 durchführen zu können.

Keine Sondierbohrungen in Etappe 2 erforderlich

Das ENSI kommt in seiner Stellungnahme zum Schluss, dass die Nagra den notwendigen geologischen Kenntnisstand mit ihren bereits gestarteten und geplanten Untersuchungen und der Umsetzung der 41 vom ENSI geforderten Ergänzungen erreichen kann. Damit sollten in Etappe 2 eindeutige und belastbare Aussagen zu Sicherheit, bautechnischer Machbarkeit und zum Vergleich der Standortgebiete möglich sein. Das ENSI fordert deshalb für Etappe 2 keine im Sinne des Kernenergiegesetzes bewilligungspflichtigen erdwissenschaftlichen Untersuchungen (z.B. Sondierbohrungen).

Für die aus den Untersuchungen in Etappe 2 resultierenden Standortvorschläge werden in Etappe 3 ergänzende bewilligungspflichte Untersuchungen nötig sein, um den dann geforderten Kenntnisstand zu erreichen. Im Hinblick auf dieses Untersuchungsprogramm hat das ENSI in seiner Stellungnahme Empfehlungen formuliert. Das ENSI erwartet, dass die Nagra in Etappe 2 zusammen mit den Standortvorschlägen auch die nötigen Gesuche für diese bewilligungspflichtigen geologischen Untersuchungen einreicht.

Der Sachplan geologische Tiefenlager wurde vom Bundesrat im April 2008 verabschiedet. Er definiert ein transparentes Auswahlverfahren mit klaren Regeln: In drei Etappen soll dieses in zehn bis zwölf Jahren zu Standorten für je ein Lager für schwach- und mittelradioaktive sowie für hochradioaktive Abfälle führen. Denkbar ist auch ein Kombilager für beide Abfalltypen. Oberstes Ziel ist dabei stets die Sicherheit von Mensch und Umwelt. Zum Abschluss von Etappe 1 im Herbst 2011 und in Kenntnis aller Ergebnisse und Stellungnahmen aus der Anhörung, wird der Bundesrat entscheiden, welche Standortgebiete im Sachplan aufgenommen und damit im weiteren Auswahlverfahren verbleiben.

Im Zentrum von Etappe 2, die voraussichtlich von Herbst 2011 bis 2015/16 dauern wird, stehen zwei Ziele:

1. Partizipation: Die Standortregionen haben die Möglichkeit, bei der Konkretisierung der Oberflächeninfrastruktur der Lager, bei den Untersuchungen der sozioökonomischen und raumplanerischen Auswirkungen sowie bei Projekten für eine nachhaltige Entwicklung der Region mitzuwirken.

2. Sicherheitstechnische Analysen und Vergleiche der Standorte: In Etappe 2 muss die Nagra die in Etappe 1 vorgenommene qualitative Bewertung von Sicherheit und Geologie durch quantitative provisorische Sicherheitsanalysen und einen sicherheitstechnischen Vergleich der Standorte erhärten.

Am Ende von Etappe 2 muss die Nagra auf Basis der bis dahin vorliegenden Erkenntnisse mindestens je zwei geeignete Standorte für SMA- und HAA-Lager vorschlagen.

Diese Standorte werden von der Nagra in der letzten Etappe 3, voraussichtlich von 2015/16 bis 2019/2020, vertieft untersucht, so dass sie für beide Lagertypen ein Rahmenbewilligungsgesuch erarbeiten und einreichen kann. Aufgrund dieser Gesuche wird der Bundesrat über die Erteilung der Rahmenbewilligung für je einen Standort für ein SMA- und ein HAA-Lager oder für einen Standort für ein Kombilager entscheiden. Nach dem Entscheid des Bundesrats folgt die Genehmigung durch das Parlament, die dem fakultativen Referendum unterliegt


Adresse für Rückfragen

Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE, 031 322 56 75 / 079 763 86 11
Felix Altorfer, Leiter Abteilung Entsorgung ENSI (056 460 86 13)



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