Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle veröffentlicht Schlussbericht

Bern, 07.02.2000 - Die Expertengruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle (EKRA) hat ihren Schlussbericht am Montag in Bern veröffentlicht. Darin schlägt sie als neues Konzept die kontrollierte geologische Langzeitlagerung vor, welche die Endlagerung mit der Möglichkeit der Reversibilität kombiniert. Im Rahmen der laufenden Entsorgungsprojekte sollen Überwachung, Kontrolle und erleichterte Rückholung im Sinne dieses neuen Konzepts untersucht werden.

Bei der Entsorgung der radioaktiven Abfälle wurde bisher weltweit das Konzept der Endlagerung bevorzugt. Dem steht heute die gesellschaftliche Forderung nach Reversibilität (Überwachung, Kontrolle und Rückholbarkeit) gegenüber. Der Vorsteher des UVEK, Bundesrat Moritz Leuenberger, setzte deshalb im Juni 1999 die Arbeitsgruppe Entsorgungskonzepte für radioaktive Abfälle (EKRA) ein. Sie wurde beauftragt, bis Ende 1999 die Grundlagen für einen Vergleich der verschiedenen Entsorgungskonzepte zu erarbeiten und besonders die geologische Endlagerung, die kontrollierte und rückholbare Langzeitlagerung sowie die Zwischenlagerung zu vergleichen und Vorschläge für das weitere Vorgehen zu erarbeiten.

Gesellschaftliche Erwartungen an die Lagerung radioaktiver Abfälle

Nach der EKRA muss das Hauptziel jedes Entsorgungskonzeptes die Sicherheit von Mensch und Umwelt sein. Aus der Sicht der Nachhaltigkeit gilt dies für die heutige wie auch für kommende Generationen. Ein weiteres Ziel ist die Forderung nach Reversibilität, die auch späteren Generationen den Entscheid offen lässt, ob das Lager verschlossen wird oder weiter offen bleibt. Zusätzliche Werte und Ziele bei der Wahl eines Konzepts sind die Einhaltung des Verursacherprinzips sowie die Akzeptanz.

Das Konzept der kontrollierten geologischen Langzeitlagerung

Zwischen der Forderung nach Sicherheit für eine Dauer von mehr als 100'000 Jahren und der Forderung nach ewiger Kontrolle und Rückholbarkeit bestehen Zielkonflikte. So erreicht die Lebensdauer einer menschlichen Kultur erfahrungsgemäss kaum mehr als 1000 Jahre, durchbrochen von Krisen und Katastrophen. Damit sind die Möglichkeiten der Überwachung und Kontrolle eingeschränkt. Zudem erhöhen einfach zugängliche Lager das Sicherheitsrisiko sowohl kurz- als auch langfristig.

Das von der EKRA entwickelte Konzept der kontrollierten geologischen Langzeitlagerung verbindet die Endlagerung mit der Möglichkeit der Reversibilität: Zusätzlich zum Hauptlager sieht es die Errichtung eines Testlagers und eines Pilotlagers sowie eine längere Beobachtungsphase vor. Auch nach dem Verschluss des Hauptlagers können Überwachung und Kontrolle im Rahmen des vom Hauptlager unabhängigen Pilotlagers durchgeführt werden. Beobachtungen im Pilotlager erlauben Eingriffe im Hauptlager und wenn nötig die Rückholung der eingelagerten Abfälle.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen der EKRA

Das übergeordnete Ziel der nuklearen Entsorgung ist der zeitlich unbeschränkte Schutz von Mensch und Umwelt. Dazu braucht es eine Kombination von technischen und natürlichen Barrieren, welche die Abfälle langfristig von der Biosphäre trennen. Deshalb kommen einzig geologische Tiefenlager mit verschlossenen Lagerkavernen in Frage. Lager an der Erdoberfläche, namentlich Zwischen- und Dauerlager sowie Tiefen-Dauerlager mit offenen Lagerkavernen, sind als langfristige Lösungen auszuschliessen.

  • Die öffentliche Debatte zur Frage der nuklearen Entsorgung ist zu fördern.
  • Im Kernenergiegesetz ist der neue Vorschlag der EKRA vorzusehen. Im Rahmen der laufenden konkreten Projekte sind deshalb Überwachung, Kontrolle und erleichterte Rückholung zu dokumentieren.
  • Die finanzielle Unabhängigkeit des Entsorgungsprogramms von den Betreibern der Kernkraftwerke ist schon heute zu sichern.
  • Der Standort Wellenberg erfüllt auf Grund der heutigen Kenntnisse die Anforderungen sowohl für die geologische Endlagerung als auch für die kontrollierte geologische Langzeitlagerung. Das Projekt ist weiterzuverfolgen, wobei das angepasste Lagerkonzept Wellenberg als Ausgangspunkt dienen kann. Die notwendigen Schritte zur Realisierung eines Sondierstollens am Wellenberg sind in die Wege zu leiten.
  • Das im Hinblick auf ein Lager für hochaktive Abfälle erkundete Wirtsgestein Opalinuston ist grundsätzlich für beide Lagerkonzepte geeignet. Nach Abschluss des noch ausstehenden Entsorgungsnachweises sind die Standortcharakterisierung voranzutreiben und die Lagerplanung und Standorterkundung an die Hand zu nehmen. Ausländische Lageroptionen stellen keinen Ersatz für die Suche nach einer Lösung der Entsorgung in der Schweiz dar.


Herausgeber

Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation
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