Bundesrat legt Eckwerte für die Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung fest

Bern, 14.08.2013 - Der Bundesrat hat wesentliche Eckwerte für die Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung (SEFV) festgelegt. Die Anlagerendite soll auf 3.5% gesenkt und neben einer generellen Teuerungsrate von 1.5% ein Sicherheitszuschlag von 30% auf die geschätzten Kosten eingeführt werden. Die Anpassung ist auf Grund der gestiegenen Kosten für die Stilllegung der Kernkraftwerke und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle sowie der gesunkenen Renditeerwartungen auf den Finanzmärkten notwendig. Die Vernehmlassung zur Revision der SEFV wird voraussichtlich noch im August 2013 eröffnet. Das Inkrafttreten ist frühestens per Mitte 2014 geplant.

Die Kosten für die Stilllegung der Kernkraftwerke und die Entsorgung der radioaktiven Abfälle nach Ausserbetriebnahme der Anlagen sind gemäss Kernenergiegesetz durch die Betreiber zu tragen. Sie leisten dazu jährliche Beiträge in den Stilllegungsfonds für Kernanlagen sowie in den Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke. Die voraussichtliche Höhe der Stilllegungs- und Entsorgungskosten wird alle fünf Jahre berechnet, gestützt auf die Angaben der Betreiber. Letztmals wurde eine solche Kostenstudie im Jahr 2011 durchgeführt (siehe Medienmitteilung vom 21.11.2012).

Auf der Grundlage der so ermittelten Kosten werden die von den Betreibern einzuzahlenden Jahresbeiträge mit Hilfe eines finanzmathematischen Modells berechnet. Das Modell basiert auf einer Betriebsdauer von 50 Jahren, einer Anlagerendite von 5%, einer Teuerungsrate von 3% und damit einer Realverzinsung von 2% pro Jahr (Art. 8 Abs. 5 SEFV). Die geschuldeten Beiträge müssen zum Zeitpunkt der Ausserbetriebnahme eines Kernkraftwerks in die Fonds einbezahlt sein. Bis zur Ausserbetriebnahme erfolgt die Finanzierung demnach über Beiträge und Kapitalerträge, ab Ausserbetriebnahme nur noch durch die Erträge aus dem Fondsvermögen.

In den letzten Jahren hat sich gezeigt, dass die dem finanzmathematischen Modell  zugrunde liegenden Annahmen von der effektiven Entwicklung der Anlagerendite und Teuerung abweichen. Die Finanzierung der Stilllegungs- und Entsorgungskosten ist daher unter den heute geltenden Regelungen nicht mehr vollständig gewährleistet.

  • Kostensteigerung höher als Teuerungsrate: Die Kostenstudien aus den Jahren 2001, 2006 und 2011 haben gezeigt, dass die bereichsspezifische Kostensteigerung jeweils höher lag als die angenommene Teuerungsrate von 3%. Die effektive Kostensteigerung belief sich zwischen 2001 und 2011 bei der Stilllegung auf durchschnittlich 4.8% pro Jahr. Bei der Entsorgung lag die Zunahme bei 3.5%. Zurückzuführen ist dies insbesondere auf veränderte technische, planerische und regulatorische Rahmenbedingungen.
  • Erreichung der Rendite in Frage gestellt: Die angestrebte Anlagerendite von nominal 5% wurde bei beiden Fonds nicht erreicht. Angesichts der aktuellen Tiefzinsphase und der mittel- bis langfristigen Wirtschaftsaussichten ist in den nächsten Jahren nicht mit einer grundlegenden Verbesserung der Situation zu rechnen.

Finanzierungslücke droht

In beiden Fonds droht somit eine Finanzierungslücke. Damit verbunden ist das Risiko für den Bund, für die fehlenden Mittel aufkommen zu müssen, falls die Betreiber ihren Verpflichtungen nicht vollständig nachkommen können.
Der Bundesrat ist deshalb in seiner heutigen Aussprache über die Situation der Fonds und der Risiken zum Schluss gekommen, dass die Modellparameter zur Ermittlung der Kosten und der jährlich zu leistenden Beiträge im Rahmen einer Revision der SEFV angepasst werden müssen. Bei diesem Entscheid stützt sich der Bundesrat auf die Erkenntnisse einer vom Bundesamt für Energie (BFE) geleiteten Arbeitsgruppe. Diese Arbeitsgruppe hat die Hauptpunkte der Revision bereits mehrmals mit Experten der Betreibergesellschaften besprochen. Weiter fanden Gespräche zwischen dem UVEK und den Unternehmensspitzen der Betreibergesellschaften statt.

Eckwerte der Revision

Der Bundesrat hat wesentliche Eckwerte für die Revision der Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung festgelegt, die voraussichtlich noch im August in die Vernehmlassung geschickt wird.

  • Tiefere Anlagerendite: Die Anlagerendite wird auf nominal 3.5% gesenkt. Mit einer Inflationsannahme von 1.5% (Teuerungsrate gemäss Langfristperspektiven des Bundes) ergibt sich eine Realrendite von 2%.
  • Sicherheitszuschlag: Die Unsicherheiten der bereichsspezifischen Kostensteigerungen aufgrund von neuen technischen, planerischen und regulatorischen Anforderungen werden mittels eines pauschalen Sicherheitszuschlags von 30% auf die geschätzten Stilllegungs- und Entsorgungskosten berücksichtigt. Mit der nächsten Kostenstudie im Jahr 2016 werden weitere Erkenntnisse über die spezifischen Kostensteigerungen bei der Stilllegung und Entsorgung vorliegen, aufgrund derer die Höhe des Sicherheitszuschlags wie auch der spezifischen Teuerungsrate angepasst werden können.

Höhere Kosten für Betreiber

Die geplanten Änderungen der SEFV führen zu deutlich höheren Beiträgen für die Betreiber (siehe Tabellen im Anhang), da die tiefere Anlagerendite durch höhere Beiträge kompensiert werden muss. Die Mehrkosten sollen über die angenommene Restlaufzeit der Kernkraftwerke verteilt werden, um die finanzielle Mehrbelastung für die Betreibergesellschaften abzufedern.

Der Stilllegungsfonds besteht seit 1984. Er bezweckt, die Kosten für die Stilllegung und den Abbruch von ausgedienten Kernanlagen sowie die Entsorgung der dabei entstehenden Abfälle zu decken. Die Stilllegungskosten der fünf schweizerischen Kernkraftwerke und des ZWILAG betragen gemäss Kostenstudie 2011 2,974 Milliarden Franken. Ende 2012 betrug das angesammelte Fondskapital 1,531 Milliarden Franken.

Der Entsorgungsfonds besteht seit 2000. Er bezweckt, die Kosten für die Entsorgung der Betriebsabfälle und der abgebrannten Brennelemente nach Ausserbetriebnahme eines Kernkraftwerkes zu decken. Die Entsorgungskosten betragen gemäss Kostenstudie 2011 15,970 Milliarden Franken. Die während des Betriebs anfallenden Entsorgungskosten werden durch die Betreiber direkt bezahlt. Bis 2012 waren dies rund 5,1 Milliarden Franken. Bis zur Ausserbetriebnahme aller Kernkraftwerke werden es 7,5 Milliarden Franken sein. Der Entsorgungsfonds deckt die verbleibenden 8,4 Milliarden Franken. Ende 2012 betrug das angesammelte Fondskapital 3,220 Milliarden Franken.

Die Kosten für die Entsorgung sind nach dem Verursacherprinzip im Preis des Nuklearstroms inbegriffen. Pro Kilowattstunde betrug die Abgabe bisher im langjährigen Mittel 0,8 bis 0,9 Rappen (Preisstand 2011).


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Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE, 031 322 56 75, 079 763 86 11



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