Aus- und Neubau der Grosswasserkraft im aktuellen Marktumfeld

Bern, 12.12.2013 - Die Rentabilität von 25 geplanten aber noch nicht realisierten Grosswasserkraft-Projekten ist im aktuellen Marktumfeld mit tiefen Energie- und CO2-Preisen nicht optimal. Das zeigt eine vom Bundesamt für Energie (BFE) durchgeführte Studie. Über die gesamte Laufzeit eines Wasserkraftwerkes liegt die Rendite bei ca. 3%.

Mehr als die Hälfte (Elektrizitätsstatistik 2012: 58.7%) der schweizerischen Stromproduktion stammt aus Wasserkraft. Davon werden über 90% in grossen Wasserkraftwerken (installierte Leistung über 10 Megawatt) produziert. Die Wasserkraft soll auch künftig ein bedeutender Pfeiler der schweizerischen Stromversorgung bleiben. Sie ist erneuerbar und einheimisch. Tiefe CO2-, Gas- und Kohlepreise in Europa und in den USA, Überkapazitäten auf dem Markt und verzerrende Subventionen führen derzeit dazu, dass billiger Strom angeboten wird. In den letzten fünf Jahren sind die Strompreise an den europäischen Märkten von über 70 €/MWh auf heute rund 40 €/MWh gesunken. Die Terminpreise an den europäischen Strombörsen zeigen bis 2019 kaum eine Preiserholung. In der vorliegenden Studie zeigt das Bundesamt für Energie (BFE) das schwierige Umfeld der Wasserkraft und die derzeitigen Probleme für Investitionen in den Ausbau der Wasserkraft auf. Die Studienresultate bestätigen die heutige Einschätzung der Stromwirtschaft.

  • Die Gestehungskosten für Neubauten sind derzeit mit durchschnittlich 14.1 Rp./kWh über den Gestehungskosten bestehender Grosswasserkraftanlagen (5 bis 6 Rp./kWh). Ebenso liegen diese über den heutigen Grosshandelspreisen von rund 5 Rp./kWh.
  • Bis auf ein Projekt weisen zum heutigen Zeitpunkt alle 25 Projekte im Referenzszenario einen negativen Nettobarwert aus. Das BFE geht im Referenzszenario aber davon aus, dass sich bis ins Jahr 2020 die Strompreise auf 9 bis 11 Rp./kWh erholen dürften. Diese Annahmen liegen auch der Botschaft zur Energiestrategie 2050 zu Grunde.
  • Die erwartete Rendite eines Wasserkraftwerks über dessen gesamte Laufzeit liegt im Referenzszenario mit durchschnittlich 3 Prozentpunkten (+/- 1 Prozentpunkt) unter dem angenommenen WACC von 4,63% (WACC: Weighted Average Cost of Capital, kalkulatorischer Zinssatz).
  • Neben den Kapitalkosten und Kosten für Amortisation fallen als Teil der Gestehungskosten die Wasserzinsen mit durchschnittlich 1.4 Rp./kWh ins Gewicht. Die Stromproduzenten richten diese an Kantone und Gemeinden aus, die auch deren Höhe bis zum vom Bund vorgegebenen Maximalsatz von 100 Franken/kW Bruttoleistung resp.110 CHF/kW Bruttoleistung ab 2015 bestimmen.

Prioritär ist darauf hinzuwirken, dass die in Europa zu beobachtenden Marktverzerrungen korrigiert werden können. Da nicht nur in der Schweiz, sondern auch im benachbarten Ausland die Wettbewerbsfähigkeit der Grosswasserkraft durch die aktuelle Marktsituation stark beeinträchtigt ist, ist ein koordiniertes Vorgehen angezeigt. Nicht auszuschliessen ist zudem, dass sich der Preis für CO2-Zertifikate in der EU erhöht, was der Wasserkraft wie anderen erneuerbaren Energien dienen würde.

Sollen Investitionen in die Grosswasserkraft trotzdem im aktuellen, ungünstigen Marktumfeld zeitnah ausgelöst werden, so stellt sich die Frage von Unterstützungsmassnahmen für die Grosswasserkraft. Diese müssten bei den relevanten Kostenkomponenten der Wasserkraft ansetzen, dazu zählen die hohen Investitionskosten und die Wasserzinsen. Die Studie liefert erste Grobanalysen von Fördermodellen, die solche Investitionsanreize schaffen könnten. Bei den untersuchten Förderinstrumenten zeigt sich, dass sich keines durch eine besondere Eignung für die Grosswasserkraft auszeichnet, resp. bei allen Instrumenten neben dem gewünschten Fördereffekt gleichzeitig auch bedeutende Nachteile und Risiken wie zusätzliche Marktverzerrungen, Benachteiligungen nicht subventionierter Technologien und Mitnahmeeffekte in Kauf genommen werden müssten.

Zwei weitere Studien zu Pumpspeicherkraftwerken und Energiespeicher

Gleichzeitig mit der Studie zur Grosswasserkraft veröffentlicht das BFE zwei weitere Studien.

Bewertung von Pumpspeicherkraftwerken in der Schweiz im Rahmen der Energiestrategie 2050: Diese im Auftrag des BFE von frontier economics und swissQuant Group (2013) durchgeführte Studie analysiert den Ausbaubedarf und die Wirtschaftlichkeit von Pumpspeicherkraftwerken in der Schweiz (Studie nur in deutscher Sprache verfügbar).

Energiespeicher in der Schweiz: Bedarf, Wirtschaftlichkeit und Rahmenbedingungen im Kontext der Energiestrategie 2050: Diese im Auftrag des BFE von KEMA Consulting GmbH (2013) durchgeführte Studie analysiert den potenziellen Beitrag, die Kosten und die Wirtschaftlichkeit von Speichertechnologien (Druckluftspeicher, Batterien, Power-to-Gas, elektrothermische Speicher, Pumpspeicher) zum Umbau der Stromversorgung im Rahmen der Energiestrategie 2050 (Studie nur in deutscher Sprache verfügbar).

Beide Studien zeigen, dass Energiespeicher kurzfristig (bis 2020) wirtschaftlich risikobehaftet sind. Langfristig (ab 2020 bis 2050) ist mit einer verbesserten Wirtschaftlichkeit zu rechnen. Dies aufgrund des verstärkten Ausbaus von Windenergie und Photovoltaik und der Zunahme der Preisvolatilität. Ein grossflächiger Einsatz neuartiger Energiespeicher erscheint nach 2035 sinnvoll. Allerdings gibt es neben Speichertechnologien weitere Möglichkeiten zur Integration erneuerbarer Energien (Flexibilitätsoptionen), wie eine bedarfsorientierte Produktion, eine Flexibilisierung der Last oder der Netzumbau und -ausbau. Die Studien empfehlen, für alle Flexibilitätsoptionen gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen.

Beilagen

  1. Perspektiven für die Grosswasserkraft in der Schweiz, BFE, 2013 (Studie nur in deutscher Sprache verfügbar)
  2. Bewertung von Pumpspeicherkraftwerken in der Schweiz im Rahmen der Energiestrategie 2050, frontier economics und swissQuant Group, 2013
  3. Energiespeicher in der Schweiz: Bedarf, Wirtschaftlichkeit und Rahmenbedingungen im Kontext der Energiestrategie 2050, KEMA Consulting GmbH, 2013

Methodik
Die Daten wurden in Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband (SWV) bei dessen Mitgliedern erhoben. Acht Energieunternehmen stellten die Daten zu Kraftwerkprojekten in ihrem Investitionsportfolio auf vertraulicher Basis zur Verfügung. Diese acht Energieunternehmen stellen insgesamt rund 80% des Schweizer Grosswasserkraftproduktion sicher. Das BFE und der SWV gehen davon aus, dass damit ebenfalls rund 80% der schweizweit geplanten Grosswasserkraftprojekte in der Studie erfasst sind. Von den 36 eingereichten Projekten wurden 25 in der Studie berücksichtigt. Nicht berücksichtigt wurden reine Pumpspeicherprojekte, KEV berechtigte Projekte, reine Erneuerungsprojekte ohne Leistungs- oder Produktionssteigerung, sowie Projekte, die einen Gewässerabschnitt mehrfach genutzt hätten. Bei letztgenannten wurde jeweils nur dasjenige mit der höheren Rentabilität berücksichtigt. Die Wirtschaftlichkeit bestehender Wasserkraftwerke wurde ebenfalls nicht untersucht. Die Projekte wurden anschliessend anonymisiert und mittels einer einheitlichen Methodik auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft. Dadurch wurde eine vergleichbare Bewertung der Projekte sichergestellt. Von den 25 analysierten Projekten handelt es sich um 16 Laufwasserkraftwerke und 9 Speicherkraftwerke mit einer Investitionssumme von insgesamt rund 6 Milliarden Franken. 12 sind Neubauprojekte und 13 Ausbauprojekte bestehender Anlagen. Insgesamt haben die 25 Wasserkraftprojekte eine zusätzliche Produktionserwartung von 2‘617 GWh bei einer Leistung von 851 MW. Auf die ganze Schweiz hochgerechnet, ergibt sich damit eine mögliche Zusatzproduktion aus Grosswasserkraft von rund 3‘270 GWh.


Adresse für Rückfragen

Marianne Zünd, Leiterin Kommunikation BFE, 031 322 56 75 / 079 763 86 11



Herausgeber

Bundesamt für Energie
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