Die Muba – das ist Schweiz

Basel, 14.02.2014 - Rede von Bundesrat Johann N. Schneider-Ammann, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung WBF | Eröffnung der Muba | Messe Basel

Sehr geehrte Herren
Regierungspräsidenten und
Regierungsräte,

Sehr geehrte Frau Landratspräsidentin,
geehrter Herr Grossratspräsident,

Herr Bundesverwaltungsgerichtspräsident,
Meine Damen und Herren Parlamentarier,
Verehrte Diplomatinnen und Diplomaten,

Meine Damen und Herren,


Die Schweiz hat zahlreiche Messen.

Aber vier sind traditionell für ein grosses Publikum besonders attraktiv. Die Muba, der Genfer Autosalon, das Comptoir Suisse und die Olma. Zwei finden im Frühling statt, zwei im Herbst, zwei in der Deutschschweiz, zwei in der Romandie.

Auch wenn sich diese vier Messen auf unterschiedliche Produkte konzentrieren, sie haben etwas gemeinsam. Sie sind zu einem Teil unseres nationalen Kulturgutes geworden. Sie gehören zur Schweiz. Sie sind Schweiz. Ausser der Olma, die etwas jünger ist, sind die drei andern Messen um die hundert Jahre alt.

Sie wurden also in einer Zeit gegründet, als die Schweiz noch ein ganz anderes Gesicht hatte. Aber das merkt man ihnen nicht an, ganz im Gegenteil. Es freut mich deshalb ausserordentlich, dass mir die Ehre zufällt, mit der Muba die jeweils erste dieser vier grossen Messen, die
jährlich stattfinden, offiziell zu eröffnen und Ihnen die besten Grüsse der Landesregierung zu überbringen.

Messen stehen für Offenheit

Messen stehen seit jeher für Offenheit, für Austausch, für Begegnung und für Kontakte. Messen sind denn auch immer an verkehrstechnisch günstigen Orten entstanden. Das gilt für die Schweiz, aber ganz besonders für Basel, unserem Tor zu Frankreich und zu Deutschland.

Hier, in der Stadt, wo einst der grosse Gelehrte Erasmus wirkte, hier hat das Ausland eine ganz andere Bedeutung als in andern Teilen der Schweiz. Hier waren die Bedenken gegenüber dem Fremden schon immer etwas geringer als anderswo.

Hier war die Offenheit stets einiges ausgeprägter. Das hat man am letzten Sonntag wieder einmal ganz deutlich gesehen. Basel-Stadt hat mit dem höchsten Nein-Stimmen-Anteil der Schweiz nicht Ja gesagt zur Masseneinwanderungs-Initiative.

Mit diesem JA hat das Schweizer Volk einen Entscheid getroffen, dessen Tragweite heute noch nicht abzuschätzen ist.

Klar ist aber:
Es ist eine Weichenstellung mit  Konsequenzen, Es ist ein Entscheid, der uns vor grosse Herausforderungen stellt: wirtschaftlich, politisch und gesellschaftlich. Gestatten Sie mir, dazu einige Worte zu verlieren. In wirtschaftlicher Hinsicht sind wir dahingehend gefordert, dass wir alles unternehmen müssen, um die ausgezeichneten Rahmenbedingungen in unserem Land zu erhalten, Rahmenbedingungen, die erfolgreiches Wirtschaften möglich machen und uns deshalb Arbeit und Wohlstand bescheren. Vor allem gilt es, eine mögliche Unsicherheit im Investitionsbereich erst gar nicht aufkommen zu lassen, so dass die Firmen weiterhin im Lande investieren und Arbeitsplätze schaffen.

Die zweite Herausforderung ist die Politische:
Der Volksentscheid verlangt von uns, dass wir das Verhältnis zur Europäischen Union neu definieren. Wir müssen eine Lösung ausarbeiten, die einerseits den Auftrag der Initiative erfüllt und andrerseits von der EU akzeptiert wird.  Es geht also darum, ein Kontingentsystem zu schaffen, das mit der Personenfreizügigkeit der EU vereinbar ist. Im Moment liegt der Ball bei uns. Das heisst konkret: Wir müssen einen Vorschlag ausarbeiten.

Drittens, und dies scheint mir ein besonders wichtiger Punkt zu sein, drittens sind wir auch gesellschaftlich ausserordentlich gefordert.

Die Abstimmung hat unser Volk in zwei praktisch gleich grosse Teile geteilt (nur knapp 19000 Stimmen Unterschied). Dabei hat nicht nur die Romandie eine andere Einstellung zur Zuwanderung als die Deutschschweiz. Zusätzlich zeigt sich auch eine starke Differenz zwischen Stadt- und Landbevölkerung. Ohne das Abstimmungsresultat in Frage zu stellen, gilt es Lösungen zu finden, die breit akzeptiert werden und unserer freundeidgenössischen Grundhaltung entsprechen.

Doch zurück zur Muba.

Dass es die Basler Regierung war, die 1916 entschied, eine Mustermesse durchzuführen, ist kein Zufall. Es war vielmehr ein Entscheid mit wirtschaftspolitischer Weitsicht. Mit seinen damals insgesamt sechs Farbenfabriken war Basel dank seiner Lage mitten im oberrheinischen Textilzentrum am Ende des 19. Jahrhunderts zu einem bedeutenden Industriestandort geworden.

Und dank einer kontinuierlichen Weiterentwicklung ist Basel heute Weltzentrum pharmazeutischer Forschung und Produktion. Der Lebens- und Wirtschaftsraum am Dreiländereck umfasst fast anderthalb Millionen Einwohner und 700 Tausend Erwerbstätige.

Basels handelsgeografische und industriepolitische Bedeutung mit der ihr eigenen traditionellen Offenheit ist letztlich die zentrale Grundlage, dass die Muba auch heute nichts an ihrer Attraktivität und ihrem Erfolg eingebüsst hat.

Messen stehen für Tradition

Dennoch liegt es nicht einfach auf der Hand, dass die zur Muba gewordene Schweizer Mustermesse derart erfolgreich ist. Die heutige Konkurrenz im Netz mit immer neuen und zunehmend spezialisierten online-Portalen, wo vom Stubentisch aus alles bestellt werden kann, müsste eigentlich vermuten lassen, dass die traditionelle Form der Messe ausgedient hat. Das ist ganz offensichtlich - und glücklicherweise - nicht so. Und dass es nicht so ist, hat einen einfachen Grund: Menschen brauchen Begegnungen, brauchen Gespräche, brauchen das konkrete Erlebnis und die sinnliche Erfahrung. Menschen müssen berühren, betasten, anfassen, sie wollen vergleichen, abwägen und prüfen. Und wo ist das am besten möglich? Da, wo sich die Anbieter dem Vergleich real und sichtbar stellen natürlich.

Messen stehen für Austausch und für Diskussionen. Messen sind Treffpunkte. Und weil das so ist, haben sie nichts von ihrer ursprünglichen Attraktivität verloren. Messen stehen deshalb für Tradition. Und Messen wie die Muba pflegen die Tradition. In diesem Jahr beispielsweise mit der Sonderschau von Betty Bossi. Ich muss zugeben, ich habe mich früher oft gefragt, wer denn diese Betty Bossi sei. Bilder gab es keine - und der Name versprach etwas Geheimnisvolles. Eine Amerikanerin vielleicht, aber da kommen Zweifel bezüglich der Kochkünste.

Oder eine Italienerin? Dass es Betty Bossi eigentlich gar nicht gibt, zumindest nicht als lebende Person, habe ich erst später erfahren. Und damit auch den Grund, wieso Betty von der Zürcher Grafikerin Emmi Creola-Maag Mitte der 50er-Jahre erfunden worden war. Allerdings, da der Erfolg bekanntlich viele Väter hat, ist diese Urheberschaft nicht eindeutig gesichert. Auch wenn Betty Bossi noch andere Väter oder Mütter haben sollte, ihr Job war klar: Sie hatte in der butterverwöhnten Schweiz dafür zu werben, dass zum Kochen mehr Margarine verwendet wurde. Dafür bot Betty Rezepte an, die, ich zitiere: „immer gelingen sollten." Auch wenn sich die Küche in den letzten über 50 Jahren mehrmals und deutlich gewandelt hat, einmal „nouvelle" wurde, dann „povera" oder „natürlich toskanisch mit viel Olivenöl", Betty Bossi hat sich über alle Entwicklungen halten können.

Und noch heute können sich zahlreiche  Kochsendungen und Esszeitschriften von Betty Bossi eine Scheibe abschneiden. Rund eine Million Menschen haben die „Betty Bossi Zeitung" heute abonniert. Das heisst nichts anderes als: Jeder dritte Haushalt in unserem Land kocht mit Betty. Und das, ohne dass es einen Einheitsbrei gibt.

Messen stehen für Wandel

Im gleichen Mass wie Messen für Traditionen stehen, stehen sie auch für das Neue. An Messen werden Neuerungen präsentiert, Fortschritte gezeigt, Verbesserungen demonstriert. Aber nicht nur die Palette der Produkte glänzt mit Premieren, auch die Messe selbst hat sich in ihrer Art und Erscheinung gewandelt. Verschwunden ist der Marktschreier, vergessen sind die Schuhbändelverkäufer und die Scherenschleifer.

Und selbst der Mann mit den sieben Rüstmessern, die er im Sprechtempo eines Schnellfeuergewehrs anpreist und die am Schluss der Präsentation zusammen noch einen Bruchteil des Ausgangspreises kosten, sind als Reminiszenzen vergangener Tage seltene Publikumsattraktionen geworden.

Dafür bestimmen elegante Stände mit modernster Messetechnik, mit ausgeklügelten Farbkonzepten und imposanten Computergrafiken das Erscheinungsbild der heutigen Messe.

Ein gelungenes Messedesign ist die halbe Miete.

Messe ist Innovation

Messen stehen also auch für Innovationen. Dies sowohl was die ausgestellten Produkte angeht wie auch, was die Messetechnik selber betrifft. Und Innovationen sind neben Präzision, Pünktlichkeit und Verlässlichkeit das eigentliche Qualitätsmerkmal schweizerischen Schaffens, sowohl was die Industrie angeht wie die KMU. Basis dieser Qualitätsmerkmale ist in allererster Linie eine ausgezeichnete Ausbildung. Und zwar auf jeder Stufe, von der Berufslehre bis zur technischen Hochschule.

In diesem Zusammenhang will ich es nicht verpassen, den Veranstaltern der Muba ein grosses Kompliment zu machen. Es freut mich ausserordentlich, dass sie mit der TunBasel während den nächsten zehn Tagen jungen Menschen und ihren Eltern und Lehrern mit einer Sonderschau die Möglichkeit bieten, einen Einblick in die MINT-Berufe zu bekommen. Und den Leuten, die hinter der Tun-Basel stecken, gratuliere ich, dass sie es wiederum geschafft haben, eine eindrückliche Erlebnisschau zu konzipieren, wo Kinder und Jugendliche auf spielerische Weise ihr Interesse für Technik und Naturwissenschaften entdecken können.

Unsere Industrie - nicht nur die life-science in Basel, auch die MEM in der ganzen Schweiz - ist auf guten Nachwuchs dringend angewiesen. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel, unter welchem unsere ganze Wirtschaft leidet.

Meine Damen und Herren

Natürlich sind mit Betty Bossi und der TunBasel nur zwei Perlen der diesjährigen Muba angesprochen. Allein, die Zeit reicht nicht für all die anderen Attraktionen, die es verdienten, erwähnt zu werden. Aber Sie, meine Damen und Herrn, haben ja nun Zeit, sich mit ihnen zu beschäftigen. Und Sie werden sehen, alles zusammen ergibt ein umfassendes Bild dessen, was die Schweiz heute produziert und womit sie sich beschäftigt.

Kurz: Sie sehen: Die Muba ist Schweiz. Der Tradition verpflichtet, modern und innovativ in einem. Auf dem Boden der Gegenwart hat sie immer auch die Zukunft im Visier. Eben wie die Schweiz.

Ich wünsche Ihnen eine gute Messe und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.


Es gilt das gesprochene Wort!


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