Bundesrat lehnt die Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen» ab

Bern, 27.08.2014 - Der Bundesrat spricht sich gegen die Eidgenössische Volksinitiative «Für ein bedingungsloses Grundeinkommen» aus. Er hat die entsprechende Botschaft ans Parlament verabschiedet. Aus Sicht des Bundesrates hätte die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens unerwünschte einschneidende Auswirkungen insbesondere auf die Wirtschaftsordnung, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das System der sozialen Sicherheit der Schweiz. Insbesondere müssten zur Finanzierung die Steuern massiv erhöht werden. Deshalb lehnt der Bundesrat die Initiative ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ab.

Die Volksinitiative möchte den Bund verpflichten, ein bedingungsloses Grundeinkommen einzuführen, das allen in der Schweiz lebenden Menschen ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht. Die Höhe des Grundeinkommens und dessen Finanzierung sollen auf Gesetzesstufe geregelt werden. Als Diskussionsgrundlage schlagen die Initiantinnen und Initianten ein Grundeinkommen pro Monat von 2500 Franken für Erwachsene und von 625 Franken für Kinder und Jugendliche vor.

Das Grundeinkommen würde den Gesellschaftsvertrag gefährden

Durch das bedingungslose Grundeinkommen würde der Gesellschaftsvertrag radikal umgestaltet. Unsere Gesellschaftsordnung und der soziale Zusammenhalt beruhen auf dem Verständnis, dass nur Personen eine finanzielle Unterstützung in Form von Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeleistungen erhalten, welche nicht in der Lage sind, ein genügend hohes Erwerbseinkommen zu erzielen. Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen erhielten alle Bürgerinnen und Bürger eine Leistung vom Staat, ohne einen Beitrag an die Gesellschaft leisten zu müssen.

Die Leistungen der sozialen Sicherheit müssten bestehen bleiben

Damit sich die Situation der einzelnen Haushalte nicht verschlechtern würde, müssten die finanziellen Leistungen, die über die Höhe des bedingungslosen Grundeinkommens hinausgehen, sowie die Beratung und Begleitung der Leistungsbeziehenden aufrecht erhalten werden. Das System der sozialen Sicherheit würde somit nicht vereinfacht. Zudem ist die heutige Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik darauf ausgerichtet, die Menschen möglichst (wieder) in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Dieser Grundsatz würde durch das Grundeinkommen in Frage gestellt und in vielen Fällen verunmöglicht, da der finanzielle Anreiz für eine (Wieder-) Eingliederung stark reduziert würde.

Das Wachstum der Schweizer Wirtschaft würde nach unten gedrückt

Bei einem garantierten Grundeinkommen von 2500 Franken wäre es für verschiedene Personengruppen finanziell nicht mehr lohnend, erwerbstätig zu sein. Dies gilt insbesondere für jene Erwerbstätigen, welche weniger oder nicht viel mehr als 2500 Franken verdienen, also für Tieflohnbeziehende und Teilzeitarbeitende, somit vor allem für Frauen. Aber auch für Gutverdienende würde der Arbeitsanreiz wegen der hohen Steuerbelastung sinken. Das derart reduzierte Arbeitsvolumen hätte auch eine geringere volkswirtschaftliche Wertschöpfung zur Folge. Weil weniger Arbeitskräfte – auch Fachkräfte – verfügbar und die finanzpolitischen Rahmenbedingungen unsicher wären, würden gewisse Produktions- und Dienstleistungsaktivitäten ins Ausland verlagert. Für ausländische Unternehmen wäre es weniger attraktiv, sich in der Schweiz neu anzusiedeln.

Steuern müssten massiv erhöht werden

Auf der Berechnungsbasis von 2500 Franken pro Person und Monat resp. 625 Franken pro Kind (unter 18 Jahren) und Monat  hätten im Jahr 2012 zur Finanzierung des bedingungslosen Grundeinkommens 208 Milliarden Franken bereit gestellt werden müssen: 55 Milliarden Franken hätten aus bestehenden Leistungen der sozialen Sicherheit umgelagert werden können und 153 Milliarden Franken hätten als zusätzliche Steuern erhoben werden müssen. Dies entspricht mehr als einem Viertel des Bruttoinlandprodukts. Dabei hätten 128 Milliarden Franken über Steuern auf bestehenden Erwerbseinkommen abgeschöpft und 25 Milliarden Franken durch weitere Steuern und Abgaben (wie z. B. einer Erhöhung der Mehrwertsteuersätze um etwa 8 Prozentpunkte) gedeckt werden müssen. Aufgrund des tieferen Beschäftigungsvolumens und der geringeren Wertschöpfung wäre im Weiteren mit nicht bezifferbaren negativen Folgen für das bestehende Steueraufkommen und die Finanzierung der Sozialversicherungen zu rechnen.

Aus diesen Gründen lehnt der Bundesrat die Initiative ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ab.


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