Bundesrat verabschiedet Bericht über eine duale Einkommenssteuer

Bern, 19.09.2014 - Die Einführung einer dualen Einkommenssteuer kann zu einer verbesserten Neutralität des Steuersystems, einer erhöhten Standortattraktivität und einer administrativen Vereinfachung beitragen. Ihre Nachteile können je nach Ausgestaltung darin bestehen, dass sie das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit unterläuft. Wohlhabende Haushalte, Bezüger von Vermögenseinkommen und künftige Generationen würden besonders von einer Einführung profitieren und es könnten beträchtliche Mindereinnahmen entstehen. Dies steht in einem Bericht, den der Bundesrat heute in Erfüllung eines vom Nationalrat überwiesenen Postulates (06.3042) verabschiedet hat.

In einem dualen Einkommenssteuersystem würden Finanzierungsentscheide weniger durch das Steuerrecht beeinflusst. Heute ist bei Kapitalgesellschaften und Kapitalgebern die Art der Finanzierung für die definitive Höhe der Steuerbelastung ausschlaggebend. Bei einer dualen Einkommenssteuer würde die Vermögenseinkommensbesteuerung in Richtung eines finanzierungsneutraleren Steuersystems reformiert. Eine duale Einkommenssteuer würde zudem die steuerliche Ungleichbehandlung zwischen Vermögens- und Erwerbseinkommen korrigieren. Diese ergibt sich dadurch, dass Vermögenseinkommen inflationsanfälliger ist als Erwerbseinkommen; diesem Umstand wird heute steuerlich nicht Rechnung getragen. Vermögenseinkommen wird tendenziell sogar stärker belastet als Erwerbseinkommen. Die neutralere und moderatere Besteuerung des Vermögenseinkommens hätte positive Auswirkungen auf Investitionen von Unternehmen und würde Wachstumsimpulse setzen. Zu weiteren Vorteilen einer dualen Einkommenssteuer gehört, dass sich der Kontrollaufwand und die Vollzugskosten je nach Ausgestaltung der Reform verringern.

Grundlegende Reform mit potentiell hohen Mindereinnahmen

Die Einführung einer dualen Einkommenssteuer ginge aber auch mit einigen zentralen Nachteilen einher: Eine duale Einkommenssteuer hätte Auswirkungen auf die föderale Grundordnung, wenn etwa die Vermögenssteuer und die Kapitalsteuer abgeschafft würden. Dies würde die kantonalen Haushalte in unterschiedlichem Mass betreffen. Darüber hinaus hätte eine solche Reform Verteilungseffekte zugunsten von Bezügern von Vermögenseinkommen, zukünftigen Generationen und wohlhabenden Haushalten zur Folge. Ärmere Haushalte, deren Einkommensquelle hauptsächlich aus Erwerbseinkommen besteht, würden von der Reform kaum profitieren. Eine weitere ungünstige Auswirkung wäre, dass es zu einer höheren Besteuerung tiefer Vermögenseinkommen kommen könnte, wenn bei Einführung einer Quellensteuer auf Vermögenseinkommen mit abgeltender Wirkung keine Veranlagungsoption angeboten wird. Ohne Gegenfinanzierung beliefen sich die Mindereinnahmen je nach Ausgestaltung der Reform auf zwischen 5 Milliarden Franken und – bei Abschaffung der Vermögenssteuer – 10 Milliarden Franken, hält der Bericht fest.

Aus diesen Gründen erachtet der Bundesrat die Einführung einer dualen Einkommenssteuer zum jetzigen Zeitpunkt nicht als empfehlenswert.

Mit seinem Bericht hat der Bundesrat ein Postulat erfüllt, das die damalige Tessiner Nationalrätin Laura Sadis am 13. März 2006 eingereicht hatte. Dieses Postulat (06.3042) forderte die Prüfung einer grundlegenden Steuerreform durch die Einführung einer dualen Einkommenssteuer. Eine solche Reform müsse die Abschaffung der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung der ausgeschütteten und einbehaltenen Unternehmensgewinne, die Abschaffung der Vermögenssteuer zur Beseitigung der Doppelbelastung und die Einführung einer Kapitalgewinnsteuer beinhalten. Auch seien die möglichen finanziellen Auswirkungen auf Bund, Kantone und Gemeinden zu prüfen.

Die duale Einkommenssteuer und das Schweizer Steuersystem

Bestandteile des Einkommens sind Arbeit, Kapital, Bodeneinkommen und ökonomische Renten. Bei einer idealtypischen dualen Einkommenssteuer wird das Kapitaleinkommen mit einem tieferen und proportional ausgestalteten Tarif belegt, während die übrigen Einkommensbestandteile (vornehmlich Arbeitseinkommen) progressiv besteuert werden. Die nordeuropäischen Länder haben diese duale Besteuerungsform zwischen Ende der 1980er- und Beginn der 1990er-Jahre eingeführt. Weitere Länder, wie etwa Deutschland oder Österreich, haben sich für eine weniger radikale Reformvariante in Form von Abgeltungssteuern entschieden. Vorherrschend ist in vielen anderen Ländern dagegen das System der synthetischen Einkommenssteuer, bei dem das gesamte Einkommen zusammengefasst zu einem einheitlichen Tarif besteuert wird.

Das Schweizer Steuersystem ist historisch gewachsen und weist Elemente eines synthetischen Einkommenssteuersystems und eines Konsumsteuersystems etwa durch die Mehrwertsteuer auf. In der Schweiz werden Einkommen inklusive Kapitalerträge zusammengefasst und mit einem einheitlichen Tarif besteuert. Das Schweizer System weicht von einer synthetischen Einkommenssteuer aber insofern ab, als einmalige Einkünfte begünstigt besteuert und Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen nicht besteuert werden.  


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