Poppins, Nui, Aurora: die Heidelbeeren von morgen?

Conthey, 26.09.2014 - Der Konsum von Heidelbeeren nimmt in der Schweiz stetig zu. Das Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten an Lebensmitteln mit einer gesundheitsfördernden Wirkung ist offensichtlich. Die grosse Nachfrage hat in den vergangenen fünf Jahren zu einer Verdoppelung des einheimischen Heidelbeeranbaus geführt. Der wirtschaftliche Erfolg ist jedoch stark von der Sortenwahl abhängig. Dank Forschungsarbeiten von Agroscope konnten drei Sorten gefunden werden, die den Anforderungen des Anbaus in der Schweiz und den Ansprüchen der Konsumentschaft entsprechen.

Seit 2004 ist der Konsum von Heidelbeeren in der Schweiz von 500 auf mehr als 2200 Tonnen pro Jahr gestiegen, während die Anbaufläche innerhalb von fünf Jahren von 40 auf 75 ha zugenommen hat. Diese erfreuliche Ausweitung des einheimischen Anbaus war möglich dank der Entwicklung von innovativen Anbautechniken sowie der Züchtung von neuen Sorten. «Die Sortenwahl ist ein entscheidendes Kriterium für den wirtschaftlichen Erfolg. Sie muss eine qualitativ hochwertige Ernte von Juni bis Oktober garantieren», präzisiert André Ançay, Mitarbeiter der Forschungsgruppe Beeren und Medizinalpflanzen des Instituts für Pflanzenbauwissenschaften IPB von Agroscope.

Zwanzig getestete Sorten
In den letzten Jahren wurden zahlreiche neue Heidelbeersorten gezüchtet, wovon rund zwanzig seit zwei Jahren von Agroscope getestet werden. Mit Hilfe von sensorischen Untersuchungen werden die Geschmackseigenschaften validiert (Zuckergehalt, Intensität der Aromen, Zucker-Säure Gleichgewicht) und die Resultate von Konsumentenpanels mit hedonischen Degustationen überprüft. Beurteilt werden auch die agronomischen Eigenschaften (Ertrag, Fruchtgrösse, Dauer der Ernteperiode, Frühreife), um eine optimale Anpassungsfähigkeit an unsere Produktionsbedingungen zu garantieren. Unterschiedliche Reifeperioden der Sorten sollen für regelmässige Ernten von Anfang Juni bis Mitte Oktober sorgen, wobei die Anzahl Erntedurchgänge limitiert werden soll. Bei Sorten mit kurzer Erntedauer sind ein bis zwei Durchgänge innerhalb von zwei Wochen erforderlich, während bei Sorten mit langer Erntedauer drei bis vier Durchgänge über die Dauer eines Monats notwendig sind.

Drei Sorten überzeugen
Unter den von Agroscope getesteten Sorten weisen Nui, Poppins und Aurora besonders interessante Eigenschaften auf. Diese drei Sorten eignen sich sowohl für die konventionelle Produktion wie auch für den biologischen Anbau.
Die Sorte Nui ist besonders frühreif (bis Mitte Juni), hat grosse Früchte (2,1 g) und verfügt über ein Ertragspotenzial, das mit demjenigen der Referenzsorte Duke vergleichbar ist. Die Sorte Poppins zeichnet sich durch die gute Geschmacksqualität der Früchte, das hohe Ertragspotenzial und den geringen Ernteaufwand aus, obwohl sie nur über eine mittlere Fruchtgrösse (1,4 g) verfügt. Es handelt sich um eine mittelfrühe Sorte, die Anfang Juli erntereif ist. Die Sorte Aurora überzeugt mit einer späten und kurzen Ernteperiode gegen Anfang August. Sie verfügt über ein hohes Ertragspotenzial, eine angemessene Fruchtgrösse (1,6 g) und gute Lagereigenschaften.

Die Versuchsergebnisse sind Gegenstand einer Informationstagung für die Produzentinnen und Produzenten. Sie unterstützen den einheimischen Anbau von qualitativ hochwertigen Früchten, der rentabel ist und den Anforderungen der Konsumentinnen und Konsumenten entspricht.

Gute Ernährungseigenschaften, anspruchsvoller Anbau
Die Heidelbeere hat gute ernährungsphysiologische Eigenschaften. Sie ist ausserordentlich reich an Vitaminen, Fasern und Polyphenolen (insbesondere Anthocyane), die ihr gesundheitsfördernde Eigenschaften verleihen. Heidelbeeren zählen zu den Früchten, die über den höchsten Gehalt an Anthocyanen verfügen (je nach Sorte zwischen 80 und 400 mg pro 100 g Früchte). Diese Eigenschaften haben zum starken Anstieg des Heidelbeerkonsums in der Schweiz beigetragen. Dieser liegt bei ungefähr 50 g pro Einwohner im Jahr, während er in Nordamerika über 600 g liegt. Es ist zu erwarten, dass der Heidelbeerkonsum in der Schweiz in den kommenden Jahren weiter ansteigt.
Die Kulturheidelbeere stammt aus Amerika Vaccinium corymbosum und zeichnet sich durch grosse Früchte und eine Buschhöhe von bis zu 2 m aus. Die wilde einheimische Heidelbeere Vaccinium myrtillus kommt in Bergregionen mit sauren Böden vor. Ihre Büsche sind klein, und sie trägt kleine Früchte, weshalb sie auch nicht angebaut wird. Die Heidelbeere benötigt besondere Bodenverhältnisse: saure Böden (pH von 4 bis 5) mit einem hohen Anteil organischer Substanz. Diese Anforderungen haben die Verbreitung des kommerziellen Heidelbeeranbaus lange Zeit verhindert, denn Böden mit solchen Eigenschaften kommen in der Natur nur sehr selten vor, fast ausschliesslich im Tessin.
Die Versuche von Agroscope im Forschungszentrum Conthey mit verschiedenen Produktionssystemen haben zur Entwicklung von Produktionsmethoden beigetragen, insbesondere des Anbaus auf eher saurem organischem Substrat, der heute rund ein Drittel der Anbauflächen ausmacht.

Detaillierte Informationen
Swiss Berry Note 10, Agroscope Transfer Nr. 40, Septembre 2014
La culture de la myrtille, Revue suisse Viticulture, Arboriculture, Horticulture, Vol 42 (4): I-XI, 2010
Weitere Informationen finden Sie auch unter www.agroscope.admin.ch/baies


Adresse für Rückfragen

André Ançay, Technischer Leiter der Forschungsgruppe Beeren
Forschungsgruppe Beeren und Medizinalpflanzen
Agroscope, Institut für Pflanzenbauwissenschaften IPB
Route des vergers 18, CH-1964 Conthey, Schweiz
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Simone de Montmollin, Mediendienst
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