"Politik. Für die Jugend" (Eidgenössische Jugendsession 2014)

Bern, 15.11.2014 - Rede von Bundespräsident Didier Burkhalter anlässlich der Eidgenössischen Jugendsession 2014 - Es gilt das gesprochene Wort

Liebe junge Freundinnen und Freunde,

Sie sitzen heute hier in diesem Saal an den Plätzen der Nationalrätinnen und Nationalräte. Diese Plätze werden Sie dann morgen, in der Zukunft, vielleicht einnehmen…

Heute vertreten Sie die Schweizer Jugend. Und morgen werden Sie die jungen Vertreterinnen und Vertreter der Schweiz sein.

Denn die Schweiz und die Welt von morgen gehören Ihnen. Die Verantwortung dafür tragen wir; wir, die Behörden, müssen daran arbeiten, dass wir Ihnen morgen eine Schweiz und eine Welt in Frieden hinterlassen können, wo die Werte der Freiheit gelebt werden. Die Zukunft zu gestalten, das ist das oberste Ziel der Politik.

Es ist aber auch Ihre Verantwortung, liebe Jugendliche, uns zu helfen, diese Welt vorzubereiten. Die Politik wird für Sie gemacht! Sie muss aber auch von Ihnen gemacht werden, durch Ihr Engagement und Ihren Einsatz.

Engagement kennt kein Mindestalter. Nichts hindert Sie daran, bereits früh Verantwortung zu übernehmen und sich für unser Land einzusetzen. Sie alle hier und jetzt liefern den Beweis, dass sich die Jungen sehr wohl für Politik interessieren; seit zwei Tagen zeigen Sie, was politische Arbeit bedeutet, nämlich mit Herz und Überzeugungskraft anspruchsvolle und wichtige Themen zu diskutieren – das Verhältnis zwischen der Schweiz und Europa, Rassismus, Gleichstellung oder der Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit.

Seit jeher gibt es – häufig sehr mutige – Jugendliche, die ein Vorbild sind für die Welt. Zum Beispiel die erst 17-jährige Malala Yousafzai: Schon seit mehreren Jahren kämpft sie dafür, dass es überall auf der Welt selbstverständlich ist, dass ein Kind zur Schule gehen kann, was heute bei Weitem noch nicht der Fall ist, insbesondere für Mädchen. Der Blick und das Lächeln Malalas gingen um die Welt. Ein Blick und ein Lächeln, die so tief, so echt, so jung sind, dass nicht einmal der Friedensnobelpreis ihnen etwas wird anhaben können.

Handeln, das heisst auch abstimmen und wählen, wo dies möglich ist und insbesondere in der Schweiz! Im Kanton Glarus liegt das Stimmrechtsalter bei 16 Jahren. Den Jungen zu ermöglichen, ab 16 Jahren abzustimmen, ist ein Zeichen des Vertrauens in die Jungen, ein Zeichen auch, das es ermöglicht, Verantwortung zu teilen und zu übergeben.

Diese Aufteilung der Verantwortung, erreicht durch gegenseitiges Zuhören und durch Dialog, wollte ich in meinem Jahr als Bundespräsident stärken, indem ich die Jugend, zusammen mit der Öffnung und der Arbeit, ins Zentrum meines Präsidialjahres gestellt habe.

Der Schweiz geht es wirtschaftlich gut, und dass dies so ist, liegt zu einem grossen Teil an ihren Beziehungen und ihrem Handel mit der ganzen Welt. Damit wir unsere Interessen wahren und unsere Werte erhalten können, müssen wir in der Welt präsent und aktiv sein. Die Öffnung ist einer der Schlüssel für den Erfolg der Schweiz. Bereits in seinen Anfängen wurde unser Land um die Gotthardachse herum gebaut, eine Achse, die wir in zwei Jahren mit der Eröffnung des Gotthardbasistunnels weiter stärken werden.

Ein anderer Schlüssel für unseren Erfolg ist die Arbeit. Qualitätsarbeit, auf die wir in der Schweiz Wert legen. Arbeit für alle dank einer Wirtschaft, die integriert und Arbeitsplätze schafft. Die Schweizer Wirtschaft ist die wettbewerbsfähigste überhaupt, und dies insbesondere dank unserer Weltoffenheit, dank vielen Wirtschaftsabkommen, namentlich den Freihandelsabkommen. Und auch dank den Abkommen mit der Europäischen Union, die den bilateralen Weg festlegen. Diese Abkommen sind von grundlegender Bedeutung für unseren Wohlstand.

Das wissen die Bürger und sie stehen in Abstimmungen und gemäss Umfragen hinter dem bilateralen Weg. Dieser Weg soll auch für Sie, für die kommenden Generationen, der Weg der Schweiz, zu Eigenständigkeit und Erfolg sein. Dank der bilateralen Verträge blüht der Handel mit der EU – an jedem Werktag tauschen die Schweiz und die EU Waren aus im Wert von knapp einer Milliarde Franken. Das heisst: sehr viele Arbeitsstellen, für sehr viele Familie.

Dank der bilateralen Verträge können Jugendliche aus der Schweiz im EU-Raum ein Auslandsemester oder ein Berufspraktikum absolvieren. 2013 machten davon 7000 Jugendliche in Ihrem Alter von dieser Möglichkeit Gebrauch. In vielen weiteren Bereichen profitieren sowohl Schweizer als auch EU-Bürger von der Lösung des bilateralen Wegs.

Aus diesem Grund will der Bundesrat mit der EU verhandeln, um den Wählerwillen umzusetzen: für eine bessere Kontrolle der Einwanderung und für die Weiterentwicklung des bilateralen Wegs.

Die Diskussionen haben begonnen, sie werden nicht einfach und erfordern viel harte Arbeit. Und dafür muss die Schweiz Einheit und Wille zeigen.

Eine wichtige Entscheidung in diesem Land nehmen wir auch wieder zusammen Ende Monat, wenn wir über die Ecopop-Initiative abstimmen. Es geht darum, eine wichtige Weiche für die Zukunft unseres Landes zu stellen. Die Initiative verbaut Zukunftsperspektiven, und zwar gleich in doppelter Hinsicht: Sie will die Zuwanderung mit starren Zielvorgaben drastisch einschränken - bereits ab dem nächsten Jahr - und gleichzeitig verschwendet sie Entwicklungshilfegelder.

Die Bestimmungen, die mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen unvereinbar sind, würden das Todesurteil für den bilateralen Weg bedeuten und damit die Brücken zu unserem wichtigsten Wirtschaftspartner und einzigen Nachbarn kappen.

Die Ecopop-Initiative wirft viele Fragen auf:

Ist es geschickt, genau jene Offenheit unseres Landes, die zum Erfolg geführt hat, aufs Spiel zu setzten?

Wollen wir wirklich eine Initiative annehmen, mit der unser Land verpflichtet würde, nach einer internationalen Krise Flüchtlinge aufzunehmen, jedoch nicht mehr das Recht hätte, ausländische Arbeitskräfte anzustellen, obwohl unsere Wirtschaft sie zu Zehntausenden benötigt? Ist es vernünftig, dass unser humanitäres Engagement auf Kosten unserer Wohlfahrt geht? Oder umgekehrt? Wollen wir uns entscheiden müssen, zwischen unseren Werten und unseren Interessen?

Wollen wir eine Initiative, die zu einer starken Zunahme des Grenzverkehrs und der Zahl der ausländischen Kurzaufenthalter führt, weil sie sich nur auf die Wohnbevölkerung bezieht? Ist es sinnvoll, eine massive Verkehrs- und Umweltbelastung herbeizuführen, wenn wir die Umwelt schützen wollen?

Ist es sinnvoll, bei den Ärmsten unseres Planeten freiwillige Massnahmen zur Familienplanung einzuführen?
 
Sollte man nicht in erster Linie die Ernährungssicherheit, die Schulbildung, die Gesundheit und Gleichberechtigung, vor allem zugunsten der Frauen und Mädchen, fördern?

Muss man wirklich den Menschen als Problem sehen oder als Lösung für künftige Probleme? Muss man wirklich neue Generationen als Überzählig betrachten anstatt sie als Hoffnung für unser künftiges Zusammenleben zu sehen?

Der Bundesrat und das Parlament haben klar Stellung genommen und empfehlen die Ecopop-Initiative abzulehnen. Sie wird ihre eigenen Ziele nicht erreichen und gefährdet den Wohlstand unseres Landes.

Liebe Jugendliche

Heute sprechen wir von der Zukunft. Ich freue mich, Sie hier zu sehen, Sie hier zu treffen. Und ich freue mich festzustellen, dass Sie viel weniger Lärm machen als ihn die Nationalrätinnen und Nationalräte machen, wenn ein Bundesrat in diesem Saal hier spricht…

Es ist mir eine Freude, Sie hier zu treffen, wie ich auch die zahlreichen anderen Begegnungen geschätzt habe, die ich während meines Jahres als Bundespräsident mit vielen jungen Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen hatte.

Ich wurde von Lehrlingen aus dem Automobilbranche durch den Automobilsalon von Genf geführt. Wenn man sie über ihren Beruf reden hört, beginnen sogar die Autos zu strahlen…

Ich habe an der OLMA in St. Gallen künftige Tierzüchter getroffen und habe sofort gemerkt, dass ihr Leben geprägt ist von der Begeisterung für die Natur.

Ich habe mit Studentinnen und Studenten der internationalen Beziehungen in der «Maison de la Paix» diskutiert; ich habe mich ausgetauscht mit Gymnasiastinnen und Gymnasiasten aus Sitten, die an einer Simulation der Vereinten Nationen teilnehmen, und mit Jugendlichen, die sich aktiv im öffentlichen Leben von Glarus engagieren.

Ich habe hier in Bern Schulklassen empfangen, die für einen guten Zweck Abzeichen verkauft haben, und ich erinnere mich, wie sie plötzlich hellwach waren, als wir das Sitzungszimmer des Bundesrates besichtigen gingen.

Ich habe Gruppen junger Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer empfangen, namentlich am 1. August: Wir haben eine Schifffahrt gemacht, und auf unserem Schiff musste sogar der Kapitän eingreifen, weil alle Jugendlichen Selfies machen wollten, und da wir alle auf derselben Seite standen, neigte sich das Schiff so sehr auf eine Seite, dass es nicht mehr gerade fahren konnte!

Ich war an der Konferenz der Jugendparlamente, die sich einen Spass daraus machten, den Look der Bundesrätinnen und Bundesräte etwas zu verjüngen. Was übrigens zur Folge hat, dass man mich jetzt mit Sean Penn verwechselt… Vorher war es George Clooney!

Ich bin zwar kein grosser Fan von Twitter. Aber ich habe dessen «jugendliche Kraft» entdeckt, dank diesem Bild von mir auf dem Perron des Bahnhofs Neuenburg – mittlerweile der berühmteste Perron der Welt… – ein Bild, das um die Welt ging, um etwas ganz Selbstverständliches zu illustrieren: Man kann in der Regierung eines Landes sitzen und trotzdem sich selbst bleiben.

Kurz: Ich habe den Eindruck, dass mein Jahr als Bundespräsident ein Jahr war, das die Jugend erhellt hat, auch wenn die aktuellen Krisen sehr schwer und die Realität sehr hart sind.

Gestern, noch vor wenigen Stunden, war ich in Belgien, in Ypern, wo ich drei Gymnasialklassen aus Morges, Tenero und Liestal traf, die am Wettbewerb «1914–2014» teilgenommen haben. Wir sind zusammen nach Ypern gefahren, weil dort die ersten Schlachten des Ersten Weltkriegs stattfanden. Hunderttausende von jungen Menschen starben dort. Die Kleinstadt Ypern wurde vollständig dem Erdboden gleichgemacht, und dies in Belgien, einem neutralen Land. Damit so etwas nie wieder vorkommt, braucht es ein Bewusstsein, es braucht Erinnerung und Engagement, zusammen mit der Jugend.

Nach meinem Präsidialjahr, nach all den Begegnungen, die ich haben durfte, wünsche ich mir, den Austausch mit den Jungen fortzuführen, zum Beispiel wenn ich von Auslandreisen zurückkehre, oder auch während dieser Reisen. Denn diese Begegnungen helfen mir dabei, immer wieder zum Wesentlichen zurückzufinden.

Die jungen Menschen, die ich getroffen habe, erwarten von der Politik alle das Gleiche, wo auch immer sie leben: in Freiheit und Frieden leben, eine gute Bildung erhalten, einen Beruf ausüben, der ihnen entspricht, respektieren und respektiert werden.

Friede, Bildung, Arbeit: drei Bereiche, in denen die Schweiz viel zu bieten hat.

Die Schweiz kann ihre Ideen und ihre Fähigkeiten im Bereich der Arbeit und der Wettbewerbsfähigkeit einbringen.

Die Arbeitslosenquote in der Schweiz, insbesondere bei den Jugendlichen, gehört zu den tiefsten in Europa, und unser Land ist das wettbewerbsfähigste Land der Welt.

Unser System der dualen Berufsbildung ist ein wichtiger Schlüssel für die Zukunft. Es stand darum auch für den Bundesrat im Jahr 2014 im Zentrum. Auf nationaler Ebene fanden zahlreiche Veranstaltungen statt wie die «Schweizer Berufsmeisterschaften» in Bern, an denen 1000 junge Lernende aus 130 Berufen um die verschiedenen Meistertitel kämpften. Vielleicht waren einige von Ihnen auch dabei.

Und auch auf internationaler Ebene: Die Schweiz hat unser duales System Vertreterinnen und Vertretern aus 70 Ländern nähergebracht. Denn wir sind überzeugt, dass es ein gutes Mittel ist, um die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Auf meinen Reisen war ich in Gebieten, in denen die Jugendarbeitslosigkeit bei mehr als 50 Prozent liegt: Die Wahrscheinlichkeit, eine Arbeit zu finden und eine Perspektive zu haben, liegt also nicht einmal bei 50:50. Dies zeugt von einem totalen Scheitern. Es gibt nicht das Recht, auf diese Weise eine ganze Generation zu opfern.

Arbeit und Bildung sind also Säulen der schweizerischen Identität. Und dann das Wichtigste: Frieden. Auch da engagiert sich die Schweiz. Die Kultur des Dialogs, das Gehör für Minderheiten, die Suche nach dem Konsens, die Aufteilung der Macht, all dies hat die Schweiz in ihren Genen. Gerade die Aufteilung der Macht ist wichtig, um Krisen zu entschärfen, um Spannungen abzubauen. Um zu integrieren.

Wir wollen den Dialog fördern und Brücken bauen. Wir setzen uns ein für die Sicherheit durch Kooperation. Wir haben dies während des ganzen letzten Jahres getan, das von Ost bis West so viele Umwälzungen brachte, indem wir den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) übernahmen.

Die Schweiz will insbesondere dazu beitragen, dass die schwere Krise in der Ukraine gelöst wird. Ukraine: Der Name bedeutet «Grenzland»… Ein Land, das in der Tat eine Brücke zwischen Ost und West sein sollte, ein Land aber, das zerrissen wird, ein Land, das Gefahr läuft, zu trennen anstatt zu verbinden.

Die Schweiz und die OSZE sind auch auf dem Balkan präsent, wo vor nur 20 Jahren der Krieg tobte, oder im Kaukasusgebiet, dessen Entwicklung noch zu sehr von sogenannten eingefrorenen Konflikten gelähmt wird.

Eine der Prioritäten des Schweizer Vorsitzes in der OSZE war die Schaffung einer «Modell-OSZE» für die Jungen.

Gemeinsam mit der serbischen Regierung haben wir es uns zum Ziel gemacht, bis zum Ende unserer beiden konsekutiven Vorsitze einen OSZE-Jugendaktionsplan zu erarbeiten. Dazu wollten wir wissen, wie ein Jugendaktionsplan aussehen würde, wenn junge Menschen einen solchen entwickeln würden.

Der Schweizer Vorsitz hat zu diesem Zweck eine Modell-OSZE auf die Beine gestellt – 57 junge Frauen und Männer aus der ganzen OSZE-Region haben den OSZE-Verhandlungszyklus simuliert und sich auf Empfehlungen an die OSZE-Länder und die OSZE-Staaten geeinigt.

Die 57 Jugendbotschafter haben sich zu zwei Verhandlungsrunden getroffen: Im Januar in Wien, im Juli in Belgrad, dazwischen haben sie online miteinander Textpassagen bereinigt, Empfehlungen diskutiert; sie sind Kompromisse eingegangen und haben schliesslich Konsens gefunden. Sie haben hart um Konsens gerungen - in Belgrad sagte ein Jugendbotschafter zum Schluss, er sei nicht immer ganz einverstanden gewesen „aber wir wollten unbedingt den Konsens, wir wollten, dass wir uns gemeinsam einigen können, das war das Wichtigste, nur so, mit einem Konsens, können wir etwas bewirken und den weiteren Prozess in der OSZE zugunsten des Einbezugs der Jugend beeinflussen.“

Bei bestimmten Empfehlungen, wie zum Beispiel bei der Frage, ob die allgemeine Wehrpflicht beibehalten oder abgeschafft werden sollte, vertraten die Jugendbotschafter unterschiedliche Meinungen. In Situationen wie diesen schien die Herausforderung der Konsensfindung gross.

Hin und wieder, wenn eine Einigung sehr weit weg schien und die Zeit drängte, erinnerten einige Jugendbotschafter daran, dass es Kompromissbereitschaft brauche und man nicht stur auf seiner Position verharren solle.

Ich erinnere mich gut an den 16. Januar, als ich zum ersten Mal als OSZE-Vorsitzenden einen Ständigen Rat in Wien präsidierte. An jenem Tag traf ich auch die 57 Jugendbotschafter und Jugendbotschafterinnen, die gerade ihre Verhandlungen aufgenommen hatten.

Sie hatten sich eben gerade das erste Mal getroffen. Es sei mühevoll gewesen, schwierig, sich auf Ideen anderer einzulassen, Kompromisse einzugehen, berichteten sie im Gespräch. Was der Jugendbotschafter, den ich oben erwähne, beschreibt, ist jedoch ein ganz zentraler Lernprozess, wenn man sich in der Gesellschaft, für das soziale und politische Zusammenleben, engagieren will. Das erleben sie sehr wahrscheinlich auch hier in Bern, seit Donnerstag. Und hier brauchen sie nicht, wie in der OSZE, die Einstimmigkeit für jede Entscheidung!

Die Modell-OSZE hat diesen Lernprozess ermöglicht und exemplarisch veranschaulicht, dass Konsens möglich ist, auch wenn man sich kaum kennt und Menschen aus sehr verschiedenen kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten zusammen kommen. Das alles ist eigentlich sehr „schweizerisch“, sehr nahe zu unserer politischen Kultur!

Dies ist das eine, was uns die Modell-OSZE lehrte und worin ein bemerkenswerter Teil ihres Mehrwerts besteht.

Das andere ist, dass wir jetzt, da die Modell-OSZE einen Jugendaktionsplan verabschiedet hat, wissen, was junge Menschen von heute unter „Sicherheit“ verstehen, was Staaten und internationale Organisation mehr oder anders tun müssen, damit sich die junge Generation sicher fühlt.

Der Jugendaktionsplan der Modell-OSZE ist ein veritabler Ideen-Pool. Die 57 Jugendbotschafterinnen und Jugendbotschafter haben ihre Empfehlungen entlang der drei Achsen

- Schutz von Jugendlichen,
- Förderung von Jugendlichen und
- Teilnahme von Jugendlichen

aufgebaut und insgesamt nicht weniger als 144 Empfehlungen entwickelt.

- Auch wenn Asyl und Migration nicht zu den traditionellen Politikfeldern der OSZE gehört, haben sie sich entschlossen, zwei Empfehlungen dazu abzugeben.

- Sie haben sich auch zu alternativen Formen von Militärdienst geäussert. Hassreden und schädliche Effekte von aggressivem Cyber-Verhalten wurden von den Jugendbotschaftern ausführlich behandelt.

- Wie man gewalttätigen Extremismus und Radikalisierung verhindern soll, ist ebenso ein Thema, wie ein besserer und effektiverer Zugang von jungen Menschen aus marginalisierten Gegenden und vulnerablen Gruppen zu Gesundheitsinfrastruktur- und Dienstleistungen.

- Besonders auffällig ist, welchen gewichtigen Stellenwert Fragen zu Ausbildung, Arbeitsmarkt, Beschäftigung und Arbeitslosigkeit sowie Unternehmertum einnehmen. Das sind eigentlich auch Themen, die ihr in Bern behandelt.
Dieser Themenkreis ist der ausführlichste überhaupt im Jugendaktionsplan. Im Zentrum des Kapitels steht die Erwartung, dass mehr getan werden soll, um junge Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Zum Beispiel, indem Firmen, die Ausbildungsplätze anbieten, steuerliche Anreize erhalten sollen. In drei Empfehlungen wird das duale Berufsbildungssystem, als Massnahme vorgeschlagen, Arbeitsplätze in „neuen“ Bereichen wie die grüne Wirtschaft und innovativen Technologien werden angesprochen wie auch Austausch- und Trainingsprogramme.

- Junge Menschen sollen vermehrt in die Friedenförderung und Konfliktbewältigung einbezogen werden, wird im Jugendaktionsplan festgehalten. Junge Menschen werden dabei auch als „Akteure“ präsentiert.

- Die Jugendbotschafter empfehlen auch die Schaffung eines Jugendrats, der sich jährlich zur OSZE-Jugendkonferenz treffen würde. Diese Jahreskonferenz ist auch als „Überprüfungstreffen“ gemeint: Es soll evaluiert werden, inwiefern die Teilnehmerstaaten im Bereich von OSZE Jugendpolitiken Fortschritte gemacht haben. Sie empfehlen auch die Schaffung eines Mandats eines OSZE Sonderbeauftragten für Jugend und eines Jungendkoordinationseinheit. Es sollte einen „Jugendtag“ geben und bestehende OSZE-Strukturen sollten so ausgestattet werden, dass sie im Rahmen ihrer Mandate Jugendfragen berücksichtigen.

- Die Modell-OSZE findet auch, dass junge Menschen vermehrt in die Wahlbeobachtungsaktivitäten einbezogen werden sollten.

- Auch bei der Frage, ab welchem Mindestalter Jugendliche berechtigt sein sollten auf nationaler Ebene zu wählen, diskutierten die Jugendbotschafter ausgiebig und hitzig. Die Frage des „Stimmrechtsalters 16“ sorgt nicht nur in der Schweiz für Diskussionen.
Das Schöne ist auch: Die Jugendbotschafterinnen und Jugendbotschafter haben mit ihrem Enthusiasmus bereits andere Akteure angesteckt – so ging einer der Jugendbotschafter schnurstracks zur OSZE-Feldmission in seinem Land und hat den Missionschef davon überzeugt, dass junge Menschen in die Arbeit der Mission vermehrt einbezogen werden sollten. Die Feldmission hat eine Youth Advisory Group geschaffen, die nun die Arbeit der Mission begleitet und kommentiert.

Andere Feldmissionen haben damit begonnen, zu prüfen, inwiefern sie Jugendliche vermehrt in ihre Arbeit einbeziehen könnten. ODIHR, das Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE, hat bereits zweimal dieses Jahr ein Youth Forum organisiert und dabei Empfehlungen aus dem Jugendaktionsplan der Modell-OSZE aufgenommen.

Ich habe alle Jugendbotschafterinnen und Jugendbotschafter nach Basel an den Ministerrat vom Anfang Dezember eingeladen. Sie sollen dort die Gelegenheit erhalten, ihren Jugendaktionsplan den Aussenministern vorzustellen. Die Stimme der Jugend soll damit einen direkten, echten Input haben.

Liebe Freundinnen und Freunde

Die Jugend im Mittelpunkt der Politik, das erinnert an das Wasser eines schönen Flusses: Stundenlang kann ihm zuhören, ihm zusehen. Es gibt so viel zu tun. Zum Beispiel der Kampf gegen das Phänomen der Kindersoldaten, das die Jugend ihrer Seele beraubt und sie entstellt; oder die Online-Vorlesungen der Eidgenössischen Technischen Hochschulen, die zahlreichen jungen Menschen in Entwicklungsländern die Möglichkeit geben, eine Hochschulbildung zu geniessen. Die Liste ist endlos, wie der Fluss der Generationen…

Ich danke Ihnen allen für Ihr Engagement.


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