Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA)

Bern, 18.11.2014 - Lockerbie: Keine Strafuntersuchung gegen Schweizer Bundespolizisten Der für die Behandlung der Anzeige eines Schweizer Unternehmers eingesetzte ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes eröffnet keine Strafuntersuchung gegen einen durch jenen belasteten ehemaligen Beamten der Bundespolizei. Er hält sämtliche Vorwürfe für verjährt und verfügt die Nichtanhandnahme der bereits im Jahre 2011 eingereichten Anzeige, in der Manipulationen des Lockerbie-Prozesses unter anderem durch die damalige Bundespolizei geltend gemacht wurden.

In der Strafanzeige des Unternehmers geht es um einen Aspekt des Prozesses zum Attentat im schottischen Lockerbie, welchem im Jahr 1988 270 Menschen zum Opfer fielen. Im Vordergrund steht dabei der Vorwurf, die Bundespolizei habe im Laufe der Ermittlungen bei einem Mitarbeiter des betreffenden Unternehmens in der Schweiz unrechtmässig den Prototypen eines Zeitschalters und zugehörige Konstruktionsunterlagen beschafft und in den Prozess des schottischen Gerichts eingebracht. Dort sei der Prototyp fälschlicherweise als Bestandteil der beim Terrorakt verwendeten Zündvorrichtung dargestellt worden, was schliesslich im Jahre 2000 – zusammen mit der Zeugenaussage des betreffenden Beamten der Bundespolizei – zu einem Fehlurteil gegen einen Mitarbeiter des libyschen Geheimdienstes beigetragen habe.

Nach Vorabklärungen der Bundesanwaltschaft erteilte das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement im März 2014 die Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen einen in der Anzeige namentlich genannten Beamten der damaligen Bundespolizei und des heutigen Nachrichtendienstes des Bundes. Im Hinblick auf diese Ermächtigung und auf Antrag der Bundesanwaltschaft ernannte die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft einen a.o. Staatsanwalt. Dieser ist nun zum Schluss gekommen, es sei bezüglich aller behaupteten Straftaten klarerweise die Verfolgungsverjährung eingetreten, und zwar bereits vor Eingang der privaten Anzeige bei der Bundesanwaltschaft im Jahre 2011.

Bis zu einer Totalrevision des Verjährungsrechtes am 1. Oktober 2002 verjährte die Verfolgung der schwersten Kategorie von Straftaten (Verbrechen) grundsätzlich nach zehn Jahren. Diese Frist konnte durch behördliche Schritte auf höchstens fünfzehn Jahre verlängert werden. Die zeitlich letzte aller behaupteten Tathandlungen könnte während des Prozesses vor dem schottischen High Court im Jahre 2000 stattgefunden haben. Nach dem damaligen Recht waren deshalb alle möglichen Tatbeiträge bereits im Jahre 2010 verjährt, da naturgemäss vor der Kenntnisnahme der Anzeige auch keine Schritte zur Unterbrechung und Verlängerung der Verjährung unternommen werden konnten. Damit besteht heute ein Prozesshindernis, das der Ermittlungsbehörde jede weitere Amtshandlung verbietet.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach heutigem Recht die Verfolgung von Verbrechen erst nach fünfzehn Jahren verjährt. Massgebend ist das Verjährungsrecht im Zeitpunkt der Tat, es sei denn, das neue Recht sei milder. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

Die grundsätzlich in Frage kommenden Tatbestände gehören schon gar nicht zu denjenigen, deren Verfolgung unverjährbar ist. Die angeblichen Fehler der Bundespolizei erfolgten zeitlich deutlich später als das Attentat. Mit der Planung und Durchführung des – wohl unverjährbaren – Terroraktes hatte die Bundespolizei auch nach der Darstellung des Anzeigers nichts zu tun.

Die Verfügung des a.o. Staatsanwaltes ist noch nicht rechtskräftig. Gegen sie kann beim Bundesstrafgericht Beschwerde geführt werden.


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Felix Bänziger, a.o. Staatsanwalt des Bundes, St. Gallen, Telefon 071 260 20 92


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