Anteil von Tieflohnstellen konstant geblieben

Bern, 12.08.2015 - Der Bundesrat hat am 12. August 2015 einen Bericht über Tieflohnbranchen verabschiedet. Dieser zeigt, dass der Anteil an Tieflohnstellen in der Schweiz in den vergangenen Jahren praktisch konstant geblieben ist. Ebenfalls zeigt er, dass ein hoher Abdeckungsgrad durch Gesamtarbeitsverträge nicht automatisch einen niedrigen Tieflohnanteil bedeutet.

In Erfüllung des im Jahr 2012 von Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz eingereichten Postulates (12.4058) stellt der Bericht dar, welche Wirtschaftszweige einen erhöhten Tieflohnanteil aufweisen und ob in diesen Branchen die Lohn- und Arbeitsbedingungen im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen (GAV) oder Normalarbeitsverträgen geregelt sind.

Gemäss international gängiger Definition eines tiefen Lohnes (weniger als zwei Drittel des Bruttomedianlohnes) lagen im Jahr 2012 13,4% aller Stellen in der Schweiz unterhalb der Tieflohnschwelle von 4‘343 Franken brutto pro Monat. Über die letzten Jahre hinweg war der Tieflohnanteil in der Schweiz praktisch konstant. Dies deutet darauf hin, dass sich die tiefen Löhne im Gleichschritt mit den mittleren Löhnen entwickelt haben. Im internationalen Vergleich weist die Schweiz eine  ausgewogene Lohnverteilung und einen niedrigen Tieflohnanteil aus. Ein tiefer Lohn ist nicht zwingend mit Armut gleichzusetzen. Die wirtschaftliche Situation einer Person hängt letztlich vom verfügbaren Haushaltseinkommen und der Anzahl der davon lebenden Personen ab.

Verschiedene Faktoren ausschlaggebend
Die Anzahl Tieflohnstellen fällt je nach Branche unterschiedlich hoch aus. Im Handel, im Gastgewerbe, im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Reinigungs- und Gartenbaubranche sowie in der Haus- und Landwirtschaft gibt es in absoluten Zahlen am meisten Stellen unterhalb der Tieflohnschwelle. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Ausländerinnen und Ausländer häufiger als Schweizerinnen und Schweizer. Ein wichtiger Faktor ist zudem die Ausbildung. 33 Prozent der Arbeitnehmenden ohne Berufsausbildung verdienen pro Monat weniger als 4‘343 Franken. Die Höhe des Tieflohnanteils in einer Branche hängt von verschiedenen Faktoren ab. Zentral ist, wie stark auf unqualifizierte Arbeitskräfte zurückgegriffen wird. Nebst dem Qualifikationsniveau beeinflussen weitere Aspekte wie z.B. das Anspruchsniveau des Arbeitsplatzes, das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit oder der Beschäftigungsgrad die individuelle Wahrscheinlichkeit, einen tiefen Lohn zu beziehen. Tiefe Löhne sind häufig ein vorübergehendes Einstiegsphänomen zu Beginn der Berufslaufbahn.

Gesamtarbeitsverträge auch im Tieflohnsegment von Bedeutung
Gesamtverträge sind wichtig, da sie sie häufig Mindestlöhne enthalten. Allerdings können diese Mindestlöhne auch unterhalb der im Bericht verwendeten Tieflohnschwelle von 4‘343 Franken liegen. Damit sind auch in Branchen mit einer hohen GAV-Abdeckung relativ hohe Tieflohnanteile möglich wie zum Beispiel im Reinigungsgewerbe, im Gastgewerbe oder im Coiffeurgewerbe. Ein hoher GAV-Abdeckungsgrad geht folglich nicht automatisch mit einem niedrigen Tieflohnanteil einher.

Gezielte Bekämpfung von Missbräuchen
Obwohl sich in der Schweiz der Staat grundsätzlich mit direkten Eingriffen in die Lohnbildungsprozesse in der Privatwirtschaft zurückhält, bekämpft er Missbräuche im Rahmen der flankierenden Massnahmen (FlaM) gezielt. Der Bericht weist darauf hin, dass ein tiefer Lohn nicht mit einem missbräuchlichen Lohn gleichzusetzen ist. Ob ein Lohn als missbräuchlich zu betrachten ist, untersuchen seit 2004 die Vollzugsorgane der FlaM. Die FlaM beinhalten einerseits eine umfassende Arbeitsmarktbeobachtung durch die tripartiten Kommissionen (TPK) und andererseits gezielte Kontrollen der Lohn- und Arbeitsbedingungen vor Ort mit entsprechenden Sanktionsmöglichkeiten. Im Fokus der Kontrolltätigkeit stehen insbesondere auch Branchen mit tieferem Lohnniveau.

Aus Sicht des Bundesrates haben sich die FlaM als Schutzdispositiv gegen unerwünschte Auswirkungen des freien Personenverkehrs auf die schweizerischen Lohn- und Arbeitsbedingungen bewährt. Davon zeugt auch die ausgewogene Lohnentwicklung im unteren Bereich der Lohnverteilung.


Adresse für Rückfragen

Antje Baertschi, Leiterin Kommunikation Direktion für Arbeit (SECO)
Tel. 058 463 52 75, antje.baertschi@seco.admin.ch

Peter Gasser, Leiter des Leistungsbereichs Personenfreizügigkeit und Arbeitsbeziehungen (SECO)
Tel. 058 462 28 40, peter.gasser@seco.admin.ch



Herausgeber

Der Bundesrat
https://www.admin.ch/gov/de/start.html

Eidgenössisches Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung
http://www.wbf.admin.ch

https://www.admin.ch/content/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-58304.html