"Bericht Innere Sicherheit der Schweiz" - Lageanalyse der inneren Sicherheit 2006

Bern, 31.05.2007 - Der islamistisch motivierte Terrorismus stellt auch in Westeuropa nach wie vor eine Bedrohung dar. Dies verdeutlicht der Blick zurück auf die Ereignisse des letzten Jahres: Ende Juli scheiterten Anschläge in Deutschland und im August durchkreuzten die Sicherheitskräfte in Grossbritannien mutmasslich mehrere Attentate. Die Schweiz liegt in dieser westeuropäischen Gefahrenzone, doch ist Terrorismus nicht der einzige Brennpunkt im Bereich der inneren Sicherheit.

Der «Bericht Innere Sicherheit der Schweiz 2006», den das Bundesamt für Polizei heute veröffentlicht, zeigt auf, welche Entwicklungen im vergangenen Jahr in den Bereichen Terrorismus, Gewaltextremismus, Verbotener Nachrichtendienst, Proliferation sowie Allgemeine, Organisierte und Wirtschaftskriminalität zu beobachten waren. Er bewertet diese hinsichtlich ihrer Bedeutung für die innere Sicherheit und zeigt sowohl mögliche Entwicklungen als auch Gegenmassnahmen auf.

Bedrohung durch Al Qaida
Einzelne Individuen können den islamistischen Dschihad ohne spezifische Ausbildung und Kampferfahrung führen - unerwartet, ohne lange Vorbereitungsphase, und, je nach Gelegenheit, direkt im engeren Lebensumfeld, auch in Europa. Diese Erkenntnis aus den Vorjahren wurde 2006 um die Einsicht ergänzt, dass die ursprüngliche Al Qaïda weiterhin fähig ist, Anschläge durchzuführen. Die Schweiz dient dem islamistisch motivierten Terrorismus als Rückzugs-, Vorbereitungs-, Logistik- und Propagandaraum.

Bei nüchterner Betrachtung sind - neben der geografischen Lage der Schweiz, mitten in der westeuropäischen Gefahrenzone - weitere Voraussetzungen für einen möglichen Anschlag hierzulande erfüllt. So sehen einzelne Dschihadisten die Schweiz als Teil der Verschwörung gegen den Islam. Gleichzeitig gibt es, dies lässt sich aufgrund des aktuellen Kenntnisstandes sagen, in der Schweiz aktive Islamisten, darunter auch gewaltbereite Extremisten. Konkrete Vorbereitungshandlungen für einen Anschlag konnten bisher jedoch nicht nachgewiesen werden.

Schweizer Opfer
Der Irak blieb 2006 das wichtigste Operationsgebiet für Dschihadisten. Vom Terrorismus hauptsächlich betroffen war die islamische Welt, aber auch dort gab es Schweizer Opfer: In Dahab auf der Halbinsel Sinai wurde im April ein Schweizer getötet und eine Schweizerin schwer verletzt.

Instabile politische Verhältnisse und offene bzw. latente Konflikte anderswo hatten Auswirkungen auf die Situation in der Schweiz: In den Schweizer Diasporagemeinden waren die Kämpfe auf Sri Lanka, die innenpolitischen Konflikte in der Türkei und die Spannungen im Kosovo spürbar. Politisch aktive Gruppen reagierten mit verstärkten Geldsammelaktivitäten oder Gewaltpropaganda.

Zunahme der linksextremen Vorfälle
Die Vorfälle im Bereich des Linksextremismus nahmen gegenüber 2005 um 62 Prozent zu. Hauptgrund: Die starke Zunahme unbewilligter Solidaritätskundgebungen für angeblich politische Gefangene, die oft mit Sachbeschädigungen verbunden waren.

Gleichzeitig nahm die Bedeutung der Secours Rouge International (SRI) zu. Eines der beiden Generalsekretariate der SRI hat seinen Sitz in Zürich und wird vom Revolutionären Aufbau Schweiz respektive Zürich geleitet. Die Vermittlungs-, Kontakt- und Koordinationstätigkeit der SRI konzentriert sich auf Deutschland, Italien, Belgien und die Schweiz. In diesen Kreisen wird über Terror als legitimes Kampfmittel gesprochen. Dennoch bleibt zurzeit wenig wahrscheinlich, dass der europäische Linksterrorismus in der Intensität  der 1970er- und 1980er-Jahre wieder auflebt,

Auch Angehörige der rechtsextremen Szene in der Schweiz wurden wiederholt gewalttätig. Die Anzahl der registrierten Vorfälle blieb jedoch insgesamt stabil. Nur ein  umfassendes Sicherheitsdispositiv ermöglichte eine ungestörte 1.-August-Feier auf dem Rütli. Politisch trat weiter vor allem die Partei National Orientierter Schweizer (PNOS) in Erscheinung. Ihre Wahlerfolge aus den Vorjahren konnte sie zwar nicht wiederholen, gründete aber drei neue Sektionen.

Gewalt und organisierte Kriminalität
Betroffen war die Schweiz auch 2006 von Aktivitäten krimineller Organisationen aus unterschiedlichen Regionen. Dazu gehören mafiöse Gruppierungen, kriminelle Gruppen ethnischer Albaner (Heroin, Prostitution), Strukturen von kriminellen Organisationen aus dem Raum der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (Geldwäscherei) oder Netzwerke westafrikanischer Krimineller (Kokain, Betrügereien). Im Berichtsjahr nahmen Diebstähle von Buntmetallen wie etwa Kupfer stark zu und verursachten Schäden in Millionenhöhe. Im Bereich der Wirtschaftskriminalität nahmen vor allem die Delikte zu, die mittels Internet begangen wurden.


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