Aufgabenüberprüfung: Bundesrat legt Reformstossrichtungen fest

Bern, 09.04.2008 - Der Bundesrat hat das Dossier Aufgabenüberprüfung mit zwei Grundsatzentscheiden um einen wesentlichen Schritt vorangetrieben. Zum einen soll die Aufgabenüberprüfung neu mit zwei Geschwindigkeiten geführt werden: Während das Ziel für die Soziale Wohlfahrt mit einer Vorgabe von 3 Milliarden Franken bis ins Jahr 2020 erstreckt wird, gilt für den übrigen Haushalt eine Zielvorgabe von 2,3 Milliarden Franken, die bis 2015 zu erreichen ist. Die gesamte Zielvorgabe beträgt somit 5,3 Milliarden Franken. Zum anderen legt der Bundesrat in einem Ergänzungsbericht zum Legislaturfinanzplan 2009-2011 ein Paket von knapp 50 Reformstossrichtungen vor. Dieses Paket will er in den kommenden Monaten zu einem detaillierten Aktionsplan ausarbeiten und den Kantonen, Parteien und weiteren Interessengruppen im kommenden Herbst zur Stellungnahme unterbreiten.

Der Aufgabenüberprüfung liegen zwei übergeordnete finanzpolitische Ziele zu Grunde:

  • Der Bundesrat will das Ausgabenwachstum begrenzen und Handlungsspielräume für kommende wirtschafts- und sozialpolitische Herausforderungen schaffen.
  • Er will die schleichende Verdrängung aus dem Budget von gesetzlich schwächer gebundenen, aber volkswirtschaftlich wichtigen Ausgaben durch wachsende, kurzfristig kaum steuerbare Aufgaben bremsen.

Der Bundesrat hat dazu vor rund zwei Jahren die Eckwerte des Projektes bestimmt: Auf Stufe Gesamthaushalt sollen die Ausgaben bis ins Zieljahr 2015 höchstens im Gleichschritt zur Wirtschaft, d.h. mit durchschnittlich 3 Prozent pro Jahr wachsen. Die Staatsquote wird damit stabilisiert. Auf Stufe der 18 Aufgabenbereiche, welche den Bundeshaushalt nach funktionalen Gesichtspunkten gliedern, hat der Bundesrat sodann strategische Prioritäten gesetzt und spezifische Wachstumsziele bestimmt. Dabei wurden Zielwachstumsraten zwischen -0,8 und 4,5 Prozent definiert.

Aktualisierung von Zielvorgabe und Zeithorizont: Vorgehen in zwei Geschwindigkeiten

Der Bundesrat hat seine ursprünglichen Beschlüsse in Bezug auf die Stabilisierung der Staatsquote mit Zieljahr 2015 heute bestätigt. Ebenso hält er (bis auf wenige Anpassungen) am bisherigen Prioritätenprofil und den entsprechenden Wachstumszielen für die einzelnen Aufgabenbereiche fest (Anhang, Ziff. 1).

Hingegen hat er die Gesamtzielvorgabe von ursprünglich 8 Milliarden Franken nach unten korrigiert. Zwei Besonderheiten im Bereich der Sozialen Wohlfahrt haben zur Folge, dass die zur Stabilisierung der Staatsquote notwendige Zielvorgabe insgesamt auf 5,3 Milliarden Franken reduziert werden kann. Davon müssen 2,3 Milliarden Franken bis 2015, weitere 3 Milliarden Franken bis 2020 erbracht werden. Dies erklärt sich wie folgt (Anhang, Ziff. 2):

  • In der Invalidenversicherung sind wesentliche Reformen bereits in Gang gesetzt beziehungsweise vom Parlament kürzlich in Auftrag gegeben worden (Umsetzung 5. IV-Revision, Zusatzfinanzierung, Planung 6. IV-Revision). Der Bundesrat hat deshalb entschieden, von weiteren Reformen im Rahmen der Aufgabenüberprüfung vorläufig abzusehen. Dadurch reduziert sich die Zielvorgabe um rund 2,6Milliarden Franken (Finanzierungslücke IV gemäss Schätzungen vom Juli 2006). Eine neue Lagebeurteilung soll nach der Abstimmung über die Zusatzfinanzierung vorgenommen werden.
  • Bei der Altersversicherung ist zum einen zu beachten, dass strukturelle Reformen umfangreiche Verfassungs- und Gesetzesänderungen und ihre Inkraftsetzung lange Übergangsfristen erfordern. Zum anderen zeigen die aktuellen Prognosen des AHV-Haushalts, dass das demographiebedingte Finanzierungsdefizit erst nach 2015, das heisst nach dem Zieljahr der Aufgabenüberprüfung in kritischem Ausmass zu wachsen beginnt. Dadurch reduziert sich die Zielvorgabe 2015 um weitere 3Milliarden Franken. Bis 2020 dürfte das Defizit der AHV hingegen auf rund 3Milliarden Franken ansteigen. Der Bundesrat hat aus diesen Gründen den Zielhorizont auf das Jahr 2020 erstreckt.

Für die übrigen Aufgabenbereiche gilt weiterhin das Zieljahr 2015 mit einer Zielvorgabe von 2,3 Milliarden Franken. Dieser Betrag ergibt sich aus der Differenz zum so genannten Ausgangsszenario, das die Ausgabenentwicklung des Bundes bis 2015 unter der Annahme der heute geltenden gesetzlichen Bestimmungen ("no policy change"-Szenario) modelliert.

Reformstossrichtungen: Grundlage für einen detaillierten Aktionsplan

Der Bundesrat hat auch erste Entscheide getroffen, wie die Zielvorgabe von insgesamt 5,3 Milliarden Franken umgesetzt werden soll. Im Rahmen eines Ergänzungsberichts zum Legislaturfinanzplan 2009-2011 werden knapp 50 noch näher zu prüfende Reformstossrichtungen unterbreitet. Diese umfassen strukturelle Reformen, Teilverzichte und Reduktionen sowie kleinere Massnahmen zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung. Eine exakte Quantifizierung der Entlastungswirkung der einzelnen Reformstossrichtungen ist aufgrund des aktuellen Konkretisierungsgrads allerdings noch nicht möglich.

Insgesamt kann indes die Zielsetzung einer Stabilisierung der Staatsquote mit diesem Reformpaket erreicht werden. Aufgrund der guten Rechnungsergebnisse der letzten Jahre und der anstehenden Entlastungen aus der Aufgabenüberprüfung darf zudem von einem Rückgang der Passivzinsen ausgegangen werden, was ebenfalls zu einer Haushaltentlastung beiträgt.

Weiteres Vorgehen

Die Reformstossrichtungen werden nun durch die zuständigen Departemente näher geprüft und konkretisiert. Dabei behält sich der Bundesrat vor, im Rahmen dieser Arbeiten einzelne Reformen durch andere Massnahmen mit gleichem Entlastungspotential zu ersetzen.

Die konkretisierten Massnahmenvorschläge sollen im Herbst 2008 zu einem Aktionsplan zusammengefügt und den Kantonen, Parteien und weiteren interessierten Organisationen im Rahmen eines "Politischen Dialogs" zur Stellungnahme unterbreitet werden.

Gestützt auf die Ergebnisse dieses politischen Dialogs wird der Bundesrat Anfang 2009 über die Umsetzung der einzelnen Massnahmenvorschläge beschliessen. Dabei wird er namentlich auch festlegen, in welchen Gefässen - Einzelbotschaften oder Sammelbotschaft(en) - diese dem Parlament unterbreitet werden und welche der Vorlagen noch ein ordentliches Vernehmlassungsverfahren durchlaufen sollen.

Bisherige Beschlüsse des Bundesrates

- Im August 2005 beschloss der Bundesrat das Konzept und die strategische Stossrichtung der Aufgabenüberprüfung.
- 2006 (April) legte er sich auf das Gesamtziel der Aufgabenüberprüfung - die Stabilisierung der Staatsquote - fest: Er beschloss ein Zielwachstum für den Bundeshaushalt von 3 Prozent für die Periode 2008-2015.
- Im selben Jahr (Juli 2006) brach er das Gesamtziel auf die einzelnen Aufgabenbereiche herunter und beschloss ein Prioritätenprofil mit Zielwachstumsraten für die einzelnen Aufgabenbereiche.
- Gestützt auf diese Vorgaben haben die Departemente Vorschläge zu Aufgabenverzichten, Aufgabenreduktionen und Aufgabenreformen ausgearbeitet.
- 2007 standen jedoch die Eindämmung des Ausgabenzuwachses im Voranschlag 08 und im Legislaturfinanzplan im Vordergrund: Mit verschiedenen Kürzungen und kleineren Verzichten haben die Departemente in den Budgets für das laufende und kommende Jahr die Abbauvorgaben des Bundesrats in der Höhe von 350 beziehungsweise 500 Millionen Franken umgesetzt.


Adresse für Rückfragen

Karl Schwaar, Leiter Ausgabenpolitik, Eidg. Finanzverwaltung, 031 322 60 51



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