Der Bundesrat hat eine erste Würdigung des Bundesverwaltungsgerichtsentscheids im Fall UBS vorgenommen

Bern, 13.01.2010 - Der Bundesrat hat vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2010 in Sachen Anordnung zur Herausgabe von Kundendaten durch die FINMA Kenntnis genommen. Er hat an seiner heutigen Sitzung eine erste Analyse von EJPD und EFD diskutiert und hält dazu folgendes fest:

Der Bundesrat hatte sich im Laufe des Jahres 2008 verschiedentlich und an seiner Klausur vom 26. November 2008 vertieft mit dem Fall UBS/USA befasst, insbesondere was den Stand des damaligen Amtshilfeverfahrens betrifft. Der Druck der USA war bis zu diesem Zeitpunkt stetig gestiegen. Um die Bank und den Finanzplatz vor drohenden Massnahmen und massivem Schaden zu schützen, haben sich Bundesrat und FINMA intensiv Gedanken über Szenarien gemacht.

Der Bundesrat nahm am 16. Dezember 2008 Kenntnis davon, dass eine Anordnung von unilateralen Zwangsmassnahmen durch das amerikanische Department of Justice für die UBS existenzgefährdend wäre. An derselben Sitzung wurden verschiedene Varianten für das weitere Vorgehen diskutiert, darunter die Möglichkeit einer Datenübergabe gestützt auf das Bankengesetz. Drei Varianten standen im Vordergrund:

  1. Amtshilfeverfahren durchziehen inkl. Rechtsmittelverfahren
  2. Datenherausgabe ausserhalb des Amtshilfeverfahrens mit 3 Varianten (Anordnung durch die FINMA gestützt auf Art. 25/26 Bankengesetz, Anordnung durch den BR gestützt auf Art. 184, Abs. 3 BV und freiwillige Herausgabe durch die UBS)
  3. Politische Lösung zwischen den Regierungen

Der Bundesrat hat sich im Dezember 2008 bzw. Februar 2009 nicht auf diese verfassungsrechtliche Notkompetenz berufen, weil die entsprechenden Normen in ausserordentlichen Situationen nur angerufen werden sollen, wenn keine anderen Lösungswege offen stehen.

An seiner Sitzung vom 18. Februar 2009 hat der Bundesrat von einem Statusbericht der FINMA und von einem abgeschlossenen Vergleich der UBS mit dem Department of Justice Kenntnis genommen. Ebenso nahm er zur Kenntnis, dass die FINMA gestützt auf das Bankengesetz und im Interesse der Stabilität des Finanzplatzes die Herausgabe von Daten von Kunden, bei denen gemäss der Bank Verdacht auf Steuerbetrug besteht, verfügt hat.

Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Verfügung nun als unrechtmässig qualifiziert. Es erachtet die massgeblichen Art. 25 und 26 des Bankengesetzes als ungenügende Rechtsgrundlage mangels Bestimmtheit und Voraussehbarkeit. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die juristische Klärung einen auf jeden Fall zu begrüssenden Aufschluss über die Kompetenzen der Aufsichtsbehörde in Notstandssituationen bringt.

Im Urteil das Bundesverwaltungsgerichts kommt zudem zum Ausdruck, dass Schweizer Bankkundendaten einen qualifizierten Schutz geniessen, der grundsätzlich gegenüber ausländischen Behörden nur auf dem Amts- oder Rechtshilfeweg durchbrochen werden kann.

Einig sind sich der Bundesrat und das Bundesverwaltungsgericht, dass der Bundesrat und die FINMA damals tatsächlich mit einer Notsituation konfrontiert waren. Deshalb war der Bundesrat im Februar 2009 auch zur Überzeugung gelangt, dass nur noch die Datenübergabe an die USA die UBS vor drastischen Zwangsmassnahmen schützen konnte. Die FINMA war zur selben Schlussfolgerung gekommen und erliess deshalb die oben erwähnte Verfügung. Dass die Datenübergabe aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gestützt auf Art. 25 und 26 des Bankengesetzes, sondern durch den Bundesrat gestützt auf Art. 184 der BV hätte erfolgen müssen, stellt die Richtigkeit der Einschätzung der Notstandssituation nicht in Frage.

Es ist nun Sache der FINMA zu entscheiden, ob sie über die juristische Frage der Anwendung von Art. 25 und 26 Bankengesetz eine Klärung durch das Bundesgericht verlangt. Der Bundesrat würde eine solche Klärung begrüssen.


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