Standortbestimmung zur Elektromobilität in der Schweiz

Bern, 16.06.2010 - Heute sind auf Schweizer Strassen rund 500 batteriebetriebene Personenwagen, 11'000 Hybridautos und über 30'000 Elektrovelos unterwegs. Wo die Reise der Elektromobilität hingeht und welche Chancen und Risiken darin liegen, ist Gegenstand aktueller politischer Diskussionen, wissenschaftlicher Szenarien und der Trendforschung. Vieles wird von den technologischen Fortschritten bei den Batterien abhängen, aber auch von der weiteren Entwicklung des Gesamtenergiesystems wie dem Ölpreis, dem Ausbau von Kraftwerken und Stromnetzen sowie von staatlichen Förderprogrammen. Das Bundesamt für Energie (BFE) fasst den Stand der Dinge in seinem heute veröffentlichten Faktenblatt zusammen.

Elektromobilität war schon in der Vergangenheit immer wieder ein Thema. Beispielsweise unterstützte das Bundesamt für Energie (BFE) bereits zwischen 1995 und 2001 einen Grossversuch mit Elektromobilen in Mendrisio (Kanton Tessin), der wichtige Erkenntnisse bezüglich Alltagstauglichkeit, Fördermodellen und Integration ins Gesamtverkehrskonzept brachte. Die Elektromobilität konnte sich jedoch nicht durchsetzen. In jüngster Zeit hat sie aber viel Auftrieb erhalten und scheint sich nun allmählich zu einer Technologie für den Massenmarkt zu entwickeln.

Zu dieser rasanten Entwicklung beigetragen haben einerseits die weltweiten Bestrebungen zur Verminderung des Verbrauchs fossiler Energien und zur Bekämpfung des Klimawandels. Andererseits haben viele Autoproduzentenländer mit umfangreichen Konjunkturförderprogrammen im Bereich der Elektromobilität auf die globale Wirtschaftskrise reagiert. Die Elektromobilität profitiert aber auch von neuen Geschäftsmodellen, wie zum Beispiel von Kooperationen zwischen Automobilherstellern, Energieversorgungsunternehmen und Grossverteilern. Aufgrund dieser positiven Trends haben zahlreiche grosse Automobilhersteller angekündigt, ab 2010 elektrisch angetriebene Fahrzeugmodelle auf den Markt zu bringen, teils sogar in Gross-Serien. Elektrofahrzeuge lassen ihr Prototypimage damit endgültig hinter sich.

Zwar sind Konjunkturprogramme für Elektromobilität in der Schweiz aufgrund der fehlenden Autoindustrie nicht sinnvoll. In den Bereichen der Forschung und der Markteinführung kann unser Land aber durchaus am Aufschwung der Elektromobilität teilhaben. So könnten nicht nur die CO2-Emissionen des Strassenverkehrs vermindert werden, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft erhöht werden, indem sich diese die innovativen Geschäftsfelder der Elektromobilität erschliesst.

Eine Technologie der Zukunft nicht der Gegenwart

Trotz ihrer aktuellen Popularität steht die Elektromobilität noch vor einigen Hindernissen. So kommen in den nächsten Monaten zwar erste Modelle batteriebetriebener Autos oder Plug-in Hybriden auf den Markt. Diese sind allerdings noch relativ teuer. Im Gegensatz dazu sind die mit Elektro- und Verbrennungsmotor ausgerüsteten Vollhybridautos (z.B. Toyota Prius) auf dem Markt bereits gut eingeführt. Das grösste Problem ist die Energiespeicherung. Die Batterien sind immer noch sehr teuer, haben eine zu kurze Lebensdauer und sind aufgrund ihrer geringen Energiedichte zu schwer. Elektroautos sind dadurch teuer, haben geringe Reichweiten und lange Ladezeiten. Dazu kommt die noch ungenügende Ladeinfrastruktur. Ausserdem erhöht die zunehmende Elektrifizierung des Strassenverkehrs die Anforderungen an die Stromübertragungsnetze. Und: Die Elektromobilität steht in Konkurrenz zu den parallel laufenden Entwicklungen anderer Technologien, wie effizienteren Verbrennungsmotoren, Erdgas-Fahrzeugen, Biotreibstoffen, oder Wasserstoff-Fahrzeugen, die den Elektro-Boom zurückdrängen könnten.

Szenarien 2020

Das BFE vergleicht in seinem Faktenblatt vier Szenarien für das Jahr 2020 und für die drei Technologien Vollhybrid, Plug-In-Hybrid und batteriebetriebenes Elektrofahrzeug. Ziel der Szenarien ist es, eine erste grobe Schätzung zu den Marktdurchdringungsraten und den davon abgeleiteten Auswirkungen auf die Energienachfrage zu erhalten. Die Simulationen zeigen, dass die Wirtschaftlichkeit von elektrischen Antrieben massgeblich vom Benzinpreis, dem Benzinverbrauch konventioneller Antriebe und vom Strompreis abhängen.

Der Anteil der rein fossil betriebenen Fahrzeuge am Personenwagenbestand 2020 variiert je nach Szenario zwischen 83% und 88%. Der Anteil der Vollhybride wird in allen Szenarien auf rund 10% geschätzt. Am meisten Plug-In-Hybride (4,7%) und batteriebetriebene Elektrofahrzeug (1,9%) findet man in Szenario 2. Dieses Szenario geht von einem Technologiesprung mit massiv günstigeren Batteriekosten ab 2015 aus. 2020 würden gemäss diesem Szenario 210'000 Plug-In Hybride und 85'000 batteriebetriebenen Elektrofahrzeuge auf unseren Strassen herumfahren und zusammen rund eine halbe Milliarde Kilowattstunden Strom verbrauchen. Das entspricht etwa der Hälfte des Jahresstromverbrauchs der Stadt Bern. Damit die Elektromobilität ihre Vorteile gegenüber den konventionellen Motoren voll ausspielen kann, müsste dieser zusätzliche Strombedarf durch erneuerbare Energieträger gedeckt werden.


Adresse für Rückfragen

Thomas Volken, stv. Sektionchef Energiepolitik BFE, 031 325 32 42 / 079 810 12 76



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