"10 vor 10"-Berichterstattung über die Antibabypille "Yasmin"

Bern, 08.07.2010 - Die UBI hat eine Beschwerde gegen drei Beiträge der Sendung "10 vor 10" des Schweizer Fernsehens abgewiesen. Thema der beanstandeten Berichte bildete das Risiko von Nebenwirkungen bei häufig verwendeten Antibabypillen.

Vor gut einem Jahr strahlte das Nachrichtenmagazin "10 vor 10" des Schweizer Fernsehens drei Beiträge zum Fall von Céline aus. Das Mädchen erlitt wenige Wochen nach Beginn der Einnahme der Antibabypille "Yasmin" eine Lungenembolie und ist seitdem schwer behindert. Wahrscheinliche Ursache ist laut des ärztlichen Befunds die Verwendung des Verhütungsmittels. Anhand dieses Falls thematisierte "10 vor 10" das Risiko von unerwünschten Nebenwirkungen bei der Verwendung solcher Präparate.

In der gegen die Beiträge erhobenen Beschwerde wurde vorab gerügt, es werde fälschlicherweise der Eindruck erweckt, dass die Antibabypille "Yasmin" besonders gefährlich sei. Das im Radio- und Fernsehgesetz festgeschriebene Sachgerechtigkeitsgebot sei dadurch verletzt worden.

Insbesondere der erste grundlegende Beitrag von "10 vor 10" thematisiert das Risiko von Nebenwirkungen bei der Verwendung entsprechender Verhütungsmittel aus dem Blickwinkel eines mutmasslichen Opfers und nicht in neutraler, distanzierter Weise. Ein entsprechender anwaltschaftlicher Fokus ist im Lichte des Sachgerechtigkeitsgebots zulässig, erfordert aber erhöhte Anforderungen an die Transparenz und die journalistische Sorgfaltspflichten.

Die programmrechtliche Beurteilung hat ergeben, dass der besondere Blickwinkel des ersten Beitrags, welcher auch die beiden Folgebeiträge beeinflusste, für das Publikum klar erkennbar war. Die Vertreiberin von "Yasmin" konnte sich im Übrigen zu allen sie betreffenden Vorwürfen von Tragweite äussern und ihren gegenteiligen Standpunkt begründen. Ihre Aussagen wurden durch inhaltlich identische Stellungnahmen von Swissmedic, der zuständigen Aufsichtsbehörde des Bundes, und der Ärzteschaft noch unterstützt. Die zum Zeitpunkt der Ausstrahlung herrschende Auffassung, wonach "Yasmin" und auch andere neue Präparate mit hormonalen Wirkstoffen gegenüber älteren Antibabypillen kein höheres Risiko aufweisen, kam in allen drei Beiträgen in transparenter Weise zum Ausdruck. Für das Publikum wurde damit auch deutlich, dass anderslautende Aussagen der "10 vor 10"-Redaktion, der Mutter von Céline und einem befragten Experten umstritten sind.

Der teilweise komplexe medizinische Sachverhalt im Zusammenhang mit dem Risiko von Nebenwirkungen bei Antibabypillen hätte wohl präziser dargestellt werden können. Die freie Meinungsbildung des Publikums wurde aber durch die vorgenommenen journalistischen Vereinfachungen nicht wesentlich beeinträchtigt. Das gilt auch für andere festgestellte untergeordnete Mängel. Als unbegründet erachtet die UBI schliesslich den Vorwurf der zu starken Emotionalisierung. Wird im Medium Fernsehen die Problematik von erwiesenen Nebenwirkungen eines viel verwendeten Präparats am Beispiel eines mutmasslichen Opfers erörtert, ergibt sich zwangsläufig eine emotionale Dimension. Aufgrund der in transparenter Weise vermittelten Fakten und Meinungen von Betroffenen, Behörden und Experten konnte sich das Publikum trotzdem eine eigene Meinung zu den behandelten Themen bilden. Die beanstandeten "10 vor 10"-Beiträge, welche nach ihrer Ausstrahlung ein beträchtliches Echo in anderen Medien und viele Reaktionen auslösten, haben das Sachgerechtigkeitsgebot nicht verletzt.

Die UBI hat aus den dargelegten Gründen einstimmig beschlossen, die Beschwerde abzuweisen. Der entsprechende Entscheid kann beim Bundesgericht angefochten werden.


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