Bundesgerichtsentscheid im Fall Logistep AG

(Letzte Änderung 08.09.2010)

Bern, 08.09.2010 - Der EDÖB begrüsst das heutige Bundesgerichtsurteil in Sachen Logistep. Das Bundes­gericht ist der Argumentation des EDÖB praktisch vollumfänglich gefolgt und setzt damit ein Zeichen gegen die auch in anderen Bereichen erkennbare Tendenz von Privaten, Aufgaben an sich zu ziehen, die klar dem Rechtsstaat obliegen.

Laut heute ergangenem Urteil des Bundesgerichts in Lausanne sind IP-Adressen eindeutig Personendaten, womit sie unter das Datenschutzgesetz fallen. Weiter erachtet es das höchste Gericht in einer Mehrheitsentscheidung als unzulässig, wenn private Unternehmen heimlich IP-Adressen ausforschen. Dafür, so der heutige Bundesgerichtsentscheid, fehle ein ausreichender Rechtfertigungsgrund. Die Firma Logistep AG darf ab sofort keine Daten mehr sammeln und weitergeben, d.h. sie muss jede Datenbearbeitung im Bereich des Urheberrechts einstellen.

Der EDÖB betont, dass der heutige Entscheid niemanden schützt, der gegen das Gesetz verstösst. Selbstverständlich sollen Urheberrechtsverletzungen im Internet geahndet werden können, das DSG schützt keine illegalen Taten. Die Verfolgung muss aber gesetzeskonform ausgestaltet sein, und mit dem vorliegenden Entscheid hat das Bundesgericht eine klare Grenze gesetzt gegen die willkürliche Ausforschung der Privatsphäre im Internet.

Vorgeschichte

Anfang 2008 forderte der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Hanspeter Thür (EDÖB) in einer Empfehlung, die Firma Logistep AG habe ihre Nachforschungen in Peer-to-Peer-Netzwerken einzustellen, solange der Gesetzgeber dafür keine rechtliche Basis geschaffen hat. Im Auftrag von Urheberrechtsinhabern sammelt Logistep in diesen Netzwerken IP-Adressen von Usern, die angeblich illegal urheberrechtsgeschützte Inhalte (Musik- oder Videodateien) zum Tausch anbieten. Mit diesen IP-Adressen stossen die Rechteinhaber Strafverfahren an, um mittels der dann gewährten Akteneinsicht Name und Adresse der betroffenen User zu erhalten und diese zivilrechtlich auf Schadenersatz zu verklagen. Damit wird das Telekommunikationsgeheimnis, das im Privatrecht ausnahmslos gilt und nur im Rahmen eines Strafverfahrens aufgehoben werden darf, umgangen. Der EDÖB hält diese Praxis für rechtsmissbräuchlich, zumal die Bearbeitung der Personendaten für die betroffenen User nicht, wie vom Datenschutzgesetz gefordert, erkennbar ist.

Logistep lehnte die Empfehlung ab, worauf der EDÖB ans Bundesverwaltungsgericht gelangte. Dieses wies die Klage mit Urteil vom 27. Mai 2009 ab. Zwar bestätigte das Gericht die Ansicht des EDÖB,  IP-Adressen seien personenbezogene Daten, und es anerkannte auch, dass die Datenbearbeitung du ch Logistep AG dem Erkennbarkeits- und dem Zweckbindungsprinzip widerspreche. Jedoch gewichtete es die Interessen der Urheberrechtsinhaber schwerer als die Interessen der Betroffenen am Datenschutz. Damit war der EDÖB nicht einverstanden; er zog das Verfahren vor Bundesgericht.


Herausgeber

Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter
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