Berufliche Vorsorge: Was die Senkung der Eintrittsschwelle im Rahmen der 1. BVG-Revision von 2005 bewirkt

Bern, 02.11.2010 - Dank der 1. BVG-Revision sind neu rund 140'000 Arbeitnehmende mit tiefen Einkommen zusätzlich in der beruflichen Vorsorge versichert, insbesondere Frauen mit Teilpensen unter 50%. Sie und ihre Angehörigen profitieren vor allem von einem besseren Versicherungsschutz bei Invalidität und im Todesfall. Die Altersvorsorge hat sich zudem für einen Teil der neu versicherten Personen verbessert. Bei den anderen ergab sich keine Verbesserung, da die zusätzlichen Leistungen der Pensionskasse durch entsprechend tiefere Ergänzungsleistungen kompensiert werden. Das geht aus einer Studie hervor, mit der im Auftrag des BSV Auswirkungen der Gesetzesrevision untersucht wurden.

Die Leistungen aus der beruflichen Vorsorge (2. Säule unserer Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge) ergänzen im Alter, bei Invalidität und bei Tod die Leistungen aus der AHV (1. Säule). So sollen sie die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen. Bei sehr kleinen Einkommen sollen die Renten von AHV und IV ausreichen, um dieses Ziel zu erreichen, bei hohen Einkommen soll die Eigenverantwortung eine grössere Rolle spielen. Darum ist die 2. Säule nur für Erwerbstätige mit Einkommen oberhalb einer gesetzlich definierten Eintrittsschwelle (gegenwärtig 20'520 Franken pro Jahr) und bis zu einem maximalen Jahreslohn (gegenwärtig 82'080 Franken) obligatorisch. Damit die 1. und die 2. Säule zusammen nicht zu einer Überversicherung führen, gibt es zudem einen Koordinationsabzug (gegenwärtig 23'940 Franken). Auf jeden Fall versichert ist der minimale koordinierte Lohn (gegenwärtig 3'420 Franken pro Jahr; vergleiche Grafik).

Im Rahmen der ersten Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) wurden auf den 1.1.2005 sowohl die Eintrittsschwelle als auch der Koordinationsabzug gesenkt, damit mehr Personen mit tiefen Einkommen, insbesondere auch Teilzeitarbeitende, obligatorisch in der 2. Säule versichert sind. Dafür mussten sie und ihre Arbeitgebenden neu auch die entsprechenden Lohnbeiträge bezahlen. Im Auftrag des BSV hat das Büro Ecoplan die Wirkung dieser Massnahmen untersucht.

Besser gegen die Risiken Tod und Invalidität geschützt

Gemäss der Evaluationsstudie verfügen dank der Senkung der Eintrittsschwelle zusätzlich rund 140'000 Arbeitnehmende und Arbeitslose mit tiefen Einkommen neu über den Versicherungsschutz in der beruflichen Vorsorge, unter ihnen vor allem Frauen mit Teilpensen unter 50%. Diese 3,9% zusätzlich Versicherten und ihre Angehörigen sind heute besser vor den wirtschaftlichen Folgen von Tod und Invalidität geschützt.

Die Auswirkungen auf die Altersvorsorge werden in der Evaluation aufgrund von Modellrechnungen für die Renten der 1. und 2. Säule abgeschätzt. Diese lassen darauf schliessen, dass die Senkung von Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug für etwa ein Drittel der zusätzlich Versicherten keine nennenswerte Auswirkung auf die Altersvorsorge hat. Bei ungefähr einem weiteren Drittel dieser neu Versicherten erhöht sich das Vorsorgeniveau – die sogenannte Ersatzquote, welche die Rentenhöhe in Prozent des Erwerbseinkommens ausdrückt – nach Berechnung der Forschenden um bis zu 5 Prozentpunkte, was vor allem auf die Senkung des Koordinationsabzugs zurückzuführen ist. Beim restlichen Drittel der zusätzlich Versicherten verändere sich das verfügbare Einkommen nach der Pensionierung nicht, weil die zusätzliche Leistung der Pensionskasse durch entsprechend tiefere Ergänzungsleistungen (EL) kompensiert werde. Bei ihnen führten die zusätzlichen Lohnbeiträge, die während der Erwerbstätigkeit bezahlt worden sind, also nicht zu einem besseren Einkommen nach der Pensionierung. Dafür würden die öffentlichen Finanzen entlastet, weil weniger EL zu AHV und IV notwendig seien.

Aus der vorliegenden Evaluation der 1. BVG-Revision lässt sich demnach folgern, dass eine weitere Ausdehnung der 2. Säule auf noch tiefere Einkommen die Absicherung gegen die Risiken infolge Invalidität und Tod für die neu versicherten Personen und ihre Angehörigen verbessern würde. Von einer Verbesserung der Altersvorsorge würde jedoch nur ein Teil der zusätzlich Versicherten profitieren.


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