Alkohol am Arbeitsplatz verursacht jährlich Kosten von einer Milliarde Franken

Bern, 01.02.2011 - Die Arbeitswelt für die Alkoholproblematik zu sensibilisieren ist eines der Ziele des Nationalen Programms Alkohol 2008-2012 des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Um das Problem zu veranschaulichen, bieten sich die Kosten als aus-sagekräftige Kenngrösse an. Bisher haben Angaben über die finanziellen Aus-wirkungen des problematischen Trinkverhaltens am Arbeitsplatz gefehlt. Re-sultate einer entsprechenden Studie des BAG und der Schweizerischen Unfall-versicherungsanstalt Suva, unterstützt durch das Staatssekretariat für Wirt-schaft SECO, liegen nun vor. Befragt wurden die Personalverantwortlichen von über 1300 Schweizer Unternehmen aus dem Industrie- und dem Dienstleis-tungssektor. Der problematische Alkoholkonsum verursacht bei den Arbeitge-bern jährlich Kosten von einer Milliarde Franken. Das Gast- und das Bauge-werbe sind am stärksten betroffen. Die Kosten gehen grösstenteils aus dem Produktivitätsverlust hervor. Präventionsmassnahmen am Arbeitsplatz zeigen Wirkung.

85 Prozent der 1300 befragten Personalverantwortlichen sind überzeugt, dass Alkohol zu Problemen am Arbeitsplatz führen kann. Rund ein Drittel der befragten Unternehmen beschäftigt Mitarbeitende mit einem erkannten problematischen Konsum. Diese Zahlen beruhen auf Fremdeinschätzungen durch Personalverantwortliche. Der Anteil der Mitarbeitenden mit einem problematischen Alkoholkonsum an der gesamten Stichprobe beträgt zwei Prozent. Hochgerechnet auf die 3.5 Millionen Erwerbstätigen in der Schweiz entspricht dies knapp 70 000 Personen.

In der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2007, die auf der Selbsteinschätzung der Befragten basiert, gaben rund fünf Prozent der erwerbstätigen Personen an, einen problematischen Alkoholkonsum zu haben. Ähnliche Zahlen weisen Studien aus anderen Ländern auf.

Kosten mit wirtschaftlicher Relevanz
Gemäss Hochrechnung betragen die Kosten für Fehlzeiten, Unfälle und Produktivitätseinbussen, die auf problematischen Alkoholkonsum zurückzuführen sind, für die Schweiz jährlich eine Milliarde Franken. Über vier Fünftel der Kosten sind auf Produktivitätsverluste zurückzuführen, denn eine Person mit problematischem Alkoholkonsum leistet gemäss Studie rund 15 Prozent weniger.

Unterschiede nach Unternehmensgrösse und Branche
Kleinere Unternehmen mit 10 bis 20 Mitarbeitenden geben mehr als doppelt so oft Probleme mit Alkohol am Arbeitsplatz an als grosse. Gemäss den Autoren der Studie mag das daran liegen, dass in kleineren Unternehmen die Personalverantwortlichen in engerem Kontakt mit den Angestellten stehen als in grossen. Entsprechend fällt der problematische Konsum eher auf, auch wenn ein Teil der Mitarbeitenden ihre Arbeit trotz Alkoholproblemen ohne Einschränkung verrichten kann.
Am stärksten tangiert sind das Gast- und das Baugewerbe mit 5,1 resp. 3,9 Prozent der Beschäftigten mit einem problematischen Alkoholkonsum. Hingegen sind die öffentliche Verwaltung und das Schulwesen mit 0,5 Prozent am wenigsten betroffen.

Präventionsprogramme sind wirksam
Rund 14 Prozent der befragten Unternehmen betreiben ein Präventionsprogramm, bei weiteren sechs Prozent ist eines geplant. Tendenziell sind solche Programme in Branchen mit häufigeren Alkoholproblemen verbreiteter. Bei den Unternehmen, die angeben, Mitarbeitende mit einem problematischen Alkoholkonsum zu beschäftigen, haben 26 Prozent ein Präventionsprogramm und bei 10 Prozent ist eines in Planung. Im Vordergrund stehen dabei Alkoholverbote vor oder während der Arbeit, beschränkter Zugang zu Alkohol am Arbeitsplatz und Beratung. Für die Entwicklung und Einführung eines Programms gibt ein Unternehmen durchschnittlich 9 000 Franken aus, wobei die Kosten pro Person stark variieren. Mehr als 70 Prozent der Unternehmen ziehen eine positive Kosten-Nutzen-Bilanz aus den Präventionsprogrammen. Die Programme tragen insbesondere zu einem besseren Arbeitsklima und zu weniger Alkoholproblemen, Fehlzeiten und Unfällen bei.

Unterstützung für Arbeitgeber vorhanden
Im Rahmen des Nationalen Programms Alkohol wurden verschiedene Instrumente und Angebote erarbeitet, die insbesondere Personal- und Ausbildungsverantwortliche befähigen sollen, frühzeitig und angemessen auf Alkoholprobleme der Mitarbeitenden zu reagieren. So stellt zum Beispiel Sucht Info Schweiz in Zusammenarbeit mit der Gesundheitsförderung Schweiz, dem SECO sowie der Suva den Arbeitgebern die Website www.alkoholamarbeitsplatz.ch mit Informationen sowie eine Broschüre zur Verfügung. Zudem betreibt die Suva eine Website zum betrieblichen Gesundheitsmanagement http://selbsttestbgm.suva.ch und die Gesundheitsförderung Schweiz gibt auf www.kmu-vital.ch Tipps für gesunde Betriebe.

Das auf ökonomische Fragestellungen spezialisierte Beratungsunternehmen Polynomics hat die Studie im Auftrag des BAG und der Suva im Frühling 2010 durchgeführt. Die umfangreiche Literaturrecherche sowie die Auswertung der internationalen wissenschaftlichen Artikel haben gezeigt, dass die Literatur zum Thema „Alkohol am Arbeitsplatz" nicht immer aktuell ist und sich neuere Studien häufig auf Ergebnisse älterer Arbeiten beziehen. Aus diesem Grund wurde die vorliegende Studie verfasst. Sie ist damit die erste ihrer Art in der Schweiz, bisher gab es keine Zahlen zu den alkoholbedingten Kosten am Arbeitsplatz.

Als problematisch gelten gemäss Weltgesundheitsorganisation WHO folgende Konsummuster:
Chronisch zu hoher Alkoholkonsum liegt vor, wenn eine Frau durchschnittlich mindestens zwei oder ein Mann mindestens vier Standardgläser Alkohol pro Tag trinkt. Ein Standardglas Alkohol entspricht etwa einem Glas Wein oder einer Stange Bier.
Episodisch zu hoher Alkoholkonsum (Rauschtrinken): Eine Frau trinkt zu einer Gelegenheit mindestens vier Standardgläser Alkohol, ein Mann deren fünf.
Situationsunangepasster Alkoholkonsum: In gewissen Situationen unangebrachter oder mit Risiken verbundener Alkoholkonsum (z. B. Konsum am Arbeitsplatz, während der Schwangerschaft, im Strassenverkehr etc).


Adresse für Rückfragen

- BAG, Ursula Koch, Co-Leiterin Abteilung Nationale Präventionsprogramme, Telefon 031 322 95 05 oder media@bag.admin.ch
- Suva, Dr. Ruedi Rüegsegger, Arbeitspsychologie, Telefon 041 419 60 33 oder rgs@suva.ch



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Bundesamt für Gesundheit
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