Stabilität im Finanzsektor: Ausgabe von Coco-Bonds in der Schweiz ermöglichen

Bern, 24.08.2011 - Änderungen bei der Verrechnungssteuer sollen es Schweizer Unternehmen ermöglichen, ihre Obligationen zu wettbewerbsfähigen Bedingungen in der Schweiz zu emittieren. Diese Änderungen würden auch für die neu geschaffenen Contingent Convertible Bonds („Coco-Bonds“) gelten. Deren Emission in der Schweiz stellt die Anwendung schweizerischen Rechts sicher, womit sich die Rechtssicherheit dieses Instruments erhöht. Gleichzeitig soll mit diesen Änderungen die Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer gestärkt werden. Der Bundesrat hat heute eine Botschaft mit entsprechenden Massnahmen an das Parlament verabschiedet. Erste Massnahmen in diese Richtung wurden bereits im Rahmen der Vorlage über den Umgang mit Systemrisiken von Grossbanken („too big to fail“ – TBTF) eingeleitet.

Bereits in der Botschaft zum Umgang mit Systemrisiken von Grossbanken vom 20. April 2011 hat der Bundesrat dem Parlament Vorschläge unterbreitet, wie die Stabilität im Finanzsektor gestärkt werden kann. Das Massnahmenpaket soll verhindern, dass der Staat künftig Steuergelder einsetzen muss, um systemrelevante Unternehmen zu retten. Eines der Instrumente, die der Bundesrat zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der Banken vorgeschlagen hat, sind die so genannten Coco-Bonds. Dabei handelt es sich um Schuldverschreibungen, die bei einem bestimmten Ereignis in Eigenkapital umgewandelt werden.

Der Bundesrat schlug damals auch steuerliche Massnahmen vor, um die Ausgabe von Anleihen und damit auch von Coco-Bonds in der Schweiz zu fördern und den Schweizer Kapitalmarkt zu stärken. Er entschied sich dabei für eine gestaffelte Einführung der steuerlichen Massnahmen. In einem ersten Schritt wurden am 20. April 2011 die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Obligationen und Geldmarktpapieren vorgeschlagen sowie die Befreiung der Beteiligungsrechte von der Emissionsabgabe, sofern diese aus der Wandlung von Coco-Bonds stammen.

In der jetzt vorliegenden Botschaft werden in einem zweiten Schritt Änderungen bei der Verrechnungssteuer vorgelegt. Ziel ist dabei die Ausgabe von Anleihen einschliesslich Coco-Bonds zu wettbewerbsfähigen Bedingungen in der Schweiz zu ermöglichen.

Die heute geltenden steuerlichen Rahmenbedingungen verunmöglichen die Emission von Obligationen und damit auch von Coco-Bonds zu wettbewerbsfähigen Bedingungen in der Schweiz. Hauptgrund ist die geltende Verrechnungssteuer, die durch die Emittentin (so genanntes „Schuldnerprinzip“) unabhängig von der Person des Gläubigers auf den Zinsen von Obligationen erhoben wird und damit z.B. auch steuerbefreite institutionelle Anleger wie Pensionskassen trifft. Dies hat dazu geführt, dass die meisten Schweizer Unternehmen ihre Obligationen nicht in der Schweiz, sondern im Ausland begeben. Den Unternehmen entstehen dadurch zusätzliche Kosten und der Schweiz entgehen Steuereinnahmen, weil die Wertschöpfung nicht im Inland stattfindet. Ausserdem verfehlt die Verrechnungssteuer teilweise ihren Sicherungszweck, da sie auf den Zinsen ausländischer Obligationen nicht erhoben wird, obschon diese Einkünfte der Einkommenssteuerpflicht unterliegen.

Vor diesem Hintergrund schlägt der Bundesrat vor, bei der Verrechnungssteuer auf Zinsen von Obligationen und Geldmarktpapieren vom „Schuldner-„ zum „Zahlstellenprinzip“ überzugehen:

Künftig soll nicht die Emittentin, sondern die Schweizer Zahlstelle (i.d.R. eine Bank) die Steuer erheben (so genanntes „Zahlstellenprinzip“). Diese kennt ihre Kunden und ist in der Lage, die Steuer abhängig von der Person des Gläubigers zu erheben. Künftig soll die Zinszahlung an eine natürliche Person mit Wohnsitz in der Schweiz der Verrechnungssteuer unterliegen, jedoch neu auch bei ausländischen Obligationen. In- und ausländische Investoren, die nicht in der Schweiz einkommenssteuerpflichtig sind, können von der Verrechnungssteuer befreit werden. Mit den vorgeschlagenen Änderungen wird die Verrechnungssteuer gezielt auf die natürlichen Personen mit Wohnsitz in der Schweiz und damit auf die Sicherstellung der schweizerischen Einkommens- und Vermögenssteuern ausgerichtet. Das Zahlstellenprinzip ist kein neues Konzept. Es gelangt bereits beim Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU zur Anwendung und bildet auch die technische Grundlage für die bilateralen Abgeltungssteuern, die mit Deutschland und dem Vereinigten Königreich angestrebt werden.

Der Bundesrat verfolgt damit drei Ziele:

·         Stärkung der Stabilität im Finanzsektor dank der Möglichkeit, Coco-Bonds aus der Schweiz heraus zu emittieren:

Die Rechtssicherheit hinsichtlich der Coco-Bonds wird deutlich erhöht, wenn Schweizer Recht zur Anwendung gelangt, was deren Emission in der Schweiz voraussetzt. Bei einer drohenden Insolvenz ist dies entscheidend, damit Coco-Bonds möglichst reibungslos in Eigenkapital umgewandelt werden können.

·         Erhöhung der Standortattraktivität dank der Belebung des Schweizer Kapitalmarktes:

Schweizer Unternehmen erhalten dank den neuen steuerlichen Rahmenbedingungen die Möglichkeit, inländische Obligationen und Geldmarktpapiere zu international wettbewerbsfähigen Bedingungen aus der Schweiz heraus zu begeben.

·         Erhöhung der Steuergerechtigkeit dank der Stärkung des Sicherungszwecks der Verrechnungssteuer:

Nach geltendem Recht erfolgt die konzernexterne Finanzierung mit Anleihen weitgehend über ausländische Konzerngesellschaften (womit der Schuldner kein Inländer ist), so dass die Zinsen auf diesen Anleihen von der geltenden Verrechnungssteuer nicht erfasst werden. Von diesem Mechanismus soll abgerückt werden, was die Sicherungsfunktion der Verrechnungssteuer und damit die korrekte Erhebung der Einkommens- und Vermögenssteuern stärkt.

Die Gesetzesänderungen können frühestens am 1. Januar 2013 in Kraft treten.


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