Der Hans Reinhart-Ring 2012 geht an Daniele Finzi Pasca

Bern, 13.02.2012 - Die Schweizerische Gesellschaft für Theaterkultur vergibt den Hans-Reinhart-Ring 2012 an Daniele Finzi Pasca, einen leidenschaftlichen Theatermann. Er setzte sich mit seinen universalen Darbietungen, welche die menschliche Seele unmittelbar ansprechen, international durch. Diese höchste Auszeichnung im Theaterleben der Schweiz wird von der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur (SGTK) mit Unterstützung des Bundesamtes für Kultur (BAK) seit 1957 vergeben.

Die Verleihung des Hans Reinhart-Rings an Daniele Finzi Pasca findet im November 2012 statt. Ebenfalls vorgesehen ist die Publikation eines mehrsprachigen Bandes, welcher der Arbeit des Künstlers und seiner Theatergruppe gewidmet ist. Weitere Details werden demnächst bekanntgegeben.

Daniele Finzi Pasca sammelte seine ersten Theatererfahrungen im Tessin, hier fehlen eine fundierte Theatertradition und es sind keine Strukturen vorhanden, die seine Aktivität im Bereich des Theaters langfristig unterstützen könnten. Trotzdem setzte sich Daniele Finzi Pasca in der internationalen Theaterszene durch, dank seinen universalen Stücken, welche die menschliche Seele unmittelbar ansprechen. Wenn wir für Shakespeare aus dem gleichen Stoff sind wie Träume, dann zeigt Daniele Finzi Pasca mit seinen traumähnlichen Darbietungen die wahre Essenz der menschlichen Natur auf. Er bleibt dabei der Figur des Clowns treu, die er auf einer zeitgenössischen Ebene interpretiert. Ohne dabei jedoch die Tradition aus den Augen zu verlieren.

Sein Theater durchdringt Emotionen und löst Ergriffenheit aus, es arbeitet mit der Nostalgie und mit dem Bedürfnis nach Zärtlichkeit. So erweckt er die Verzauberung des Kindes, das immer noch in uns steckt, zu neuem Leben. Doch das Theater von Finzi Pasca ist keine Flucht vor der Realität, sondern eine mögliche Interpretation der Realität. Es ist ironisch und melancholisch zugleich, gibt uns keine Antworten, hinterfragt vielmehr: die Liebe, die Verschiedenheit, die Einsamkeit, das Aussenseitertum und die Migration.

Biografie
Daniele Finzi Pasca wurde 1964 in einer Familie von Fotografen im Quartier Molino Nuovo bei Lugano geboren. Schon sehr früh machte er Bekanntschaft mit der Welt des Zirkus und wandelte auf den Spuren des Clowns Fery. Im Jahr 1983 brach er nach Indien auf, wo er an einem Projekt für unheilbar kranke Menschen mitarbeitete. Diese Erfahrung war für seine persönliche und künstlerische Entwicklung massgebend. Nach seiner Rückkehr in die Schweiz gründete er mit seinem Bruder Marco und der Musikerin und Choreografin Maria Bonzanigo das Teatro Sunil. Zusammen mit ihnen arbeitete er eine Vision der Clownerie, des Tanzes, des Spiels und der Theatertechnik aus, die sie «Theater der Zärtlichkeit» nennen.

Während eines Gefängnisaufenthalts aufgrund Wehrdienstverweigerung vollendete Finzi Pasca sein Stück «Icaro», das 1991 zum ersten Mal aufgeführt wurde. Finzi Pasca selbst spielte den «Icaro», dessen Figur den Stil des Teatro Sunil geprägt hat. Das Stück wurde schon mehr als 700 Male in der ganzen Welt aufgeführt. Zusammen mit Maria Bonzanigo, seiner künstlerischen Verbündeten seit den Anfängen, und einem soliden Kreis von treuen Mitwirkenden führte Finzi Pasca bisher mehr als 20 Darbietungen für das Teatro Sunil durch.

Die Begegnung mit der Theatergruppe Carbone 14 aus Montréal mündete im Jahr 2000 im Stück «Visitatio» und öffnete Tür und Tor für einen ganzen Zyklus an grossen und spektakulären Zirkus-Theater-Produktionen. Zu diesen Produktionen gehört auch «Rain» (2003), ein Stück, das vom Cirque Eloize aufgeführt wurde und das Finzi Pasca eine Nominierung als bester Regisseur beim Drama Desk Award in New York einbrachte. Das Stück wurde in acht Jahren Tournee während mehr als 1000 Aufführungen von 750 000 Zuschauern gesehen. Im Jahr 2005 schrieb und leitete Finzi Pasca «Corteo» für den Cirque du Soleil, im darauffolgenden Jahr wirkte er als Autor und Regisseur der Abschlusszeremonie der Winterolympiade in Turin.

Stets mit dem gleichen kreativen Team wagte sich Daniele Finzi Pasca auch an Operninszenierungen heran: beispielsweise im Jahr 2009 mit «L’Amour de loin» für die English National Opera von London, und 2010 anlässlich des 150-jährigen Jubiläums von Anton Tschechow mit «Donka» für das Tschechow-Festival in Moskau. Im Jahr 2011 wurde er dank seiner Operninszenierung von Verdis «Aida» im Mariinsky-Theater von St. Petersburg als bester Regisseur und für die beste in Russland aufgeführte lyrische Oper nominiert. Im gleichen Jahr gründete er zusammen mit seinen langjährigen Begleiterinnen und Begleitern Antonio Vergamini, Hugo Gargiulo, Julie Hamelin und Maria Bonzanigo die Compagnia Finzi Pasca.


Adresse für Rückfragen

Anne Fournier, Co-Präsidentin der SGTK und der Jury des Hans-Reinhart-Rings, 078 756 13 62
Gianfranco Helbling, Jurymitglied und Direktor des Teatro Sociale di Bellinzona, 079 374 11 08



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