Der Bundesrat unterstützt eine neue Verfassungsbestimmung zur Familienpolitik

Bern, 15.02.2012 - Der Bundesrat unterstützt in seiner Stellungnahme die Einführung einer neuen Verfassungsbestimmung zur Familienpolitik, wie sie eine Parlamentskommission vorschlägt. Der Kommissionsentwurf sieht im Wesentlichen vor, die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit als Staatsaufgabe in der Bundesverfassung zu verankern. Dies erachtet der Bundesrat als Zielsetzung von grosser gesellschafts- und familienpolitischer Bedeutung. Der Bundesrat schliesst sich den Anträgen der Kommissionsminderheiten an und unterstützt eine Verfassungsbestimmung zur Harmonisierung der Alimentenbevorschussung.

Der Bundesrat hat zum Entwurf eines neuen Verfassungsartikels zur Familienpolitik Stellung genommen, den die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates ausgearbeitet hat. Die Kommission schlägt einen neuen Artikel 115a der Bundesverfassung mit drei Absätzen vor, eine Kommissionsminderheit beantragt die Aufnahme eines vierten Absatzes:

  • Absatz 1 übernimmt den bisherigen Artikel 116 Absatz 1, nach dem der Bund bei der Erfüllung seiner Aufgaben die Bedürfnisse der Familie berücksichtigen muss und der es ihm ermöglicht, Massnahmen zum Schutz der Familie zu unterstützen.
  • Absatz 2 legt das neue Verfassungsziel fest, wonach Bund und Kantone die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit fördern, insbesondere durch die Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots an familien- und schulergänzenden Tagesstrukturen.
  • Absatz 3 verpflichtet den Bund, dann aktiv zu werden, wenn die Bestrebungen der Kantone oder Dritter nicht ausreichen, und ermächtigt ihn, sich finanziell an den Massnahmen der Kantone zu beteiligen.
  • Absatz 4 (Minderheitsantrag) beauftragt den Bund, Grundsätze für die Harmonisierung der Alimentenbevorschussung durch die Kantone festzulegen.

Vereinbarkeit von Familie, Erwerbstätigkeit und Ausbildung fördern

Der Bundesrat unterstützt die Einführung der neuen Verfassungsbestimmung zur Familienpolitik, da sie seinen familienpolitischen Zielsetzungen, insbesondere jenen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit und zur Bekämpfung der Familienarmut entspricht, sowie in Anbetracht des deutlich positiven Resultats der Vernehmlassung zum Kommissions-Vorentwurf.

Zu Absatz 2 beantragt der Bundesrat eine Änderung des Kommissionsentwurfs. Er ist der Auffassung, dass im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung nach wie vor die Kantone für die Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots zuständig sein sollen. In der Konsequenz unterstützt er die von der Kommission in Absatz 3 vorgeschlagene Formulierung, wonach der Bund erst dann Grundsätze über die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit festlegt, wenn die Bestrebungen der Kantone nicht ausreichen. Er beantragt indes, auf eine ausdrückliche Erwähnung einer fakultativen Mitfinanzierungskompetenz des Bundes zu verzichten.

Zudem schliesst sich der Bundesrat einer Kommissionsminderheit an und beantragt, in die Absätze 2 und 3 neben der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit auch diejenige von Familie und Ausbildung aufzunehmen, da Bundesrat und Parlament bis anhin immer auch die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung als zentral erachtet haben.

Alimentenbevorschussung der Kantone soll harmonisiert werden

Wie eine weitere Kommissionsminderheit spricht sich der Bundesrat auch für die Aufnahme eines zusätzlichen Absatzes 4 aus, der zum Zweck hat, die heute zu unterschiedliche Praxis der Kantone bei der Alimentenbevorschussung zu harmonisieren. In seinem Bericht „Harmonisierung Alimentenbevorschussung und Alimenteninkasso“ vom 4. Mai 2011 hielt der Bundesrat bereits fest, dass die Mängel in der Alimentenbevorschussung dringend behoben werden müssen. Die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK) unterstützte dies, eine Mehrheit der Teilnehmenden an der Vernehmlassung über den Kommissions-Vorentwurf für die Verfassungsgrundlage ebenfalls. Allerdings beantragt der Bundesrat eine Änderung, indem auch für die Erfüllung dieses Ziels grundsätzlich die Kantone zuständig sein sollen. Der Bund soll erst dann gesetzgeberisch tätig werden können und Mindeststandards zur Harmonisierung der Alimentenbevorschussung festlegen können, wenn es den Kantonen nicht oder nur ungenügend gelingen sollte, die Mängel in der Alimentenbevorschussung zu beheben und eine Harmonisierung zu erreichen.


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Marc Stampfli
Leiter Bereich Familienfragen
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