Alkoholtestkäufe: vermehrt eingesetzt trotz umstrittener Rechtslage

Bern, 21.06.2012 - 2011 sind in der Schweiz 5518 Alkoholtestkäufe durchgeführt worden (+ 12%). Praktisch alle Kantone setzen inzwischen auf das wirksame Instrument, um die Einhaltung des Alkoholverkaufsverbots an unter 16- und unter 18-Jährige zu verbessern. Die Ergebnisse aus den neuen Testregionen haben die durchschnittliche Rate des Alkoholverkaufs an Minderjährige gesamtschweizerisch auf 30 Prozent ansteigen lassen. Die umstrittene Zulässigkeit von Bussen ist ein Hindernis für die volle Entfaltung und Wirksamkeit der Testkäufe.

2011 ist die Zahl der Alkoholtestkäufe erneut und zum zehnten Mal in Folge auf 5518 gestiegen (Vorjahr 4920). Inzwischen sind die ursprünglich auf die Deutschschweiz beschränkten Testkäufe auch in der lateinischen Schweiz gut verankert. Sie werden von 25 Kantonen eingesetzt, um das Alkoholverkaufsverbot an Minderjährige in der Praxis besser durchzusetzen.

Im gesamtschweizerischen Durchschnitt ist die Verkaufsrate an Minderjährige 2011 auf 30,4 Prozent gestiegen. 2010 hatte sie mit 26,8 Prozent den tiefsten Wert seit Beginn der Erfassung in der Schweiz erreicht. Der Anstieg beruht auf einem ausführlich dokumentierten Phänomen: In einer ersten Phase führt der Einbezug neuer geografischer Gebiete und/oder Verkaufsstellen zu schlechteren Resultaten, die den gesamtschweizerischen Durchschnitt nach oben drücken. In der zweiten Phase sinkt der Durchschnitt dank der Sensibilisierungs-, Informations- und Schulungsarbeit in der Praxis mit den beteiligten Partnern dann wieder.

Seit Anfang der 2000er-Jahre haben insgesamt über 20 000 Testkäufe stattgefunden. Die Alkoholverkaufsrate an Minderjährige ist in dieser Zeit von 83,5 auf 30,4 Prozent zurück­gegangen (Durchschnitt der teilnehmenden Kantone). 

Detaillierte Analyse

Dank einer verfeinerten Methode führen die Ergebnisse 2011 zu neuen Erkenntnissen insbesondere in Bezug auf die Tageszeiten der Alkoholverkäufe und die Fehlermarge nach einer Ausweiskontrolle.

Die Resultate lassen sich erstmals nach Tageszeit der Testkäufe aufschlüsseln (tagsüber oder nach 19 Uhr). Das Ergebnis ist eindeutig. Die Verkaufsrate an Minderjährige liegt tagsüber bei 28 Prozent und nach 19 Uhr bei 50,5 Prozent. Diese Zahlen weisen auf das Verbesserungspotenzial hin, das bei der Einhaltung der Vorschriften in den aus der Sicht des Jugendschutzes besonders heiklen Nachtstunden besteht.

In Bezug auf die Verkaufsorte hat sich die Bandbreite zwischen der Verkaufsstelle mit der tiefsten (23,8 %) und der höchsten Rate (50,5 %) 2011 gegenüber 2010 vergrössert. Die tiefsten Raten verzeichnen die regelmässig über längere Zeit getesteten Verkaufsstellen wie die Tankstellenshops. Die höchsten Raten sind im Eventbereich angesiedelt. Darüber hinaus zeichnet sich ein erheblicher Unterschied zwischen Detailhandel (Takeaway), wo systematischer ein Ausweis verlangt wird, und der Gastronomie (Konsum vor Ort) ab. Dieser Aspekt muss genauer untersucht und bei der Schulung des Verkaufs- und Servicepersonals berücksichtigt werden.

Bei fast einem Viertel der Alkoholverkäufe an Minderjährige (23,4 %) schliesslich wurde vor der Abgabe nach dem Alter gefragt und/oder ein Ausweis verlangt. Da die Testkäufer angewiesen sind, wahrheitsgetreu zu antworten, bedeutet dies, dass der Alkohol trotz der Frage nach dem Alter und/oder der Ausweiskontrolle verkauft worden ist. Diese Zahlen bestätigen, wie wichtig die Sensibilisierung des Verkaufspersonals und die Verbreitung der Hilfsmittel ist, mit denen das Alter auch in Stresssituationen schnell und richtig kontrolliert werden kann (z.B. Alterstabellen).

Rechtsunsicherheit beenden

Die Testkäufe haben sich als wirksames Instrument erwiesen, um die Einhaltung des gesetzlichen Mindestalters für die Abgabe alkoholischer Getränke (18 Jahre für Spirituosen, 16 Jahre für Bier und Wein) in der Praxis zu verbessern. Durch ihre präventive Funktion (Sensibilisierung, Anreiz) haben sie zum deutlichen Rückgang beim Alkoholverkauf an Minderjährige beigetragen. Ihre Wirksamkeit wird aber durch die Rechtsunsicherheit bei der Verwendung der Testergebnisse in einem Strafverfahren eingeschränkt. Denn über die Prävention hinaus erweist sich der Einsatz negativer Anreize wie Bussen als unumgänglich, damit das Instrument Testkäufe seine volle Wirkung entfalten kann.

Der Bundesgerichtsentscheid vom 10. Januar 2012 hat die Rechtsunsicherheit nur zum Teil beseitigt und auf die Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage auf Bundesebene hingewiesen. Diese Rechtsgrundlage steht in den eidgenössischen Räten derzeit im Rahmen des neuen Alkoholhandelsgesetzes zur Debatte.


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Eidg. Alkoholverwaltung (bis 12.2017)
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