Harmonisierung der Strafrahmen auf der Grundlage des neuen Sanktionensystems

Bern, 19.12.2012 - Der Bundesrat will die Strafrahmen auf der Grundlage des neuen Sanktionensystems harmonisieren. Er hat deshalb am Mittwoch entschieden, diese Gesetzesrevision zurückzustellen. So kann er die noch ausstehenden Beschlüsse des Parlaments zur vorgeschlagenen Änderung des Sanktionensystems berücksichtigen, die insbesondere die Wiedereinführung der kurzen Freiheitsstrafen und die Begrenzung der Geldstrafen auf 180 Tagessätze vorsieht.

Die Harmonisierung der Strafrahmen im Besonderen Teil des Strafgesetzbuches, im Militärstrafgesetz und im Nebenstrafrecht soll eine angemessene Sanktionierung von Straftaten ermöglichen. Erstmals wird in einem umfassenden Quervergleich geprüft, ob die Strafbestimmungen der Schwere der Straftaten entsprechen und richtig aufeinander abgestimmt sind. In der Vernehmlassung sprachen sich zahlreiche Teilnehmer dafür aus, diese Gesetzesrevision besser mit der aktuellen Änderung des Sanktionensystems im Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches zu koordinieren.

Die vom Bundesrat in seiner Botschaft vom 4. April 2012 vorgeschlagene Änderung des Sanktionensystems wirkt sich in verschiedener Hinsicht auf die Strafrahmen aus. Besonders bedeutsam hier sind die Wiedereinführung kurzer Freiheitsstrafen ab drei Tagen und die Begrenzung der Geldstrafen auf 180 Tagessätze. Da der Ausgang der parlamentarischen Beratungen noch offen ist, können die Auswirkungen auf die Harmonisierung der Strafrahmen nicht abgeschätzt werden. Der Bundesrat hat deshalb das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) beauftragt, gestützt auf die Vernehmlassungsergebnisse und die Beschlüsse des Parlaments zum Sanktionensystem eine Botschaft zur Harmonisierung der Strafrahmen auszuarbeiten.

Vor allem von den Kantonen befürwortet

Eine grosse Mehrheit von 23 Kantonen stimmte der vorgeschlagenen Harmonisierung der Strafrahmen grundsätzlich zu. Von den Parteien waren hingegen nur die FDP und EVP grundsätzlich mit der Vorlage einverstanden; die CVP und SP empfahlen eine vollständige Überarbeitung, die SVP lehnte die Vorlage ab. Etliche Vernehmlassungsteilnehmer äusserten sich nicht zur gesamten Vorlage, sondern nur zu einzelnen Punkten. 

Strafverschärfungen bei gewissen Gewaltdelikten

Eine deutliche Mehrheit unterstützte die vorgeschlagene Erhöhung der Höchststrafen bei der fahrlässigen Tötung (Art. 117) und fahrlässigen schweren Körperverletzung (Art. 125 Abs. 2) von drei auf fünf Jahre Freiheitsstrafe. Die Angleichung an die Mindeststrafe bei vorsätzlicher Tötung relativiert - beispielsweise in Zusammenhang mit "Raserunfällen" - die praktische Tragweite der Unterscheidung zwischen bewusster Fahrlässigkeit und Eventualvorsatz. Mehrheitlich abgelehnt wurden hingegen die Vorschläge, bei der schweren Körperverletzung die Mindeststrafe auf mehr als zwei Jahre zu erhöhen und bei der Gefährdung des Lebens (Art. 129) eine Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe einzuführen.

Eine knappe Mehrheit begrüsste die Erhöhung der Mindeststrafe für Raub (Art. 140) auf ein Jahr Freiheitsstrafe. Eine deutliche Mehrheit sprach sich ferner für den Vorschlag aus, dass bei sexuellen Handlungen mit Kindern und weiteren Sexualstraftaten (Art. 188, 189, 191, 192, 193 und 195) aus kriminalpolitischen und präventiven Gründen keine Geldstrafen, sondern nur noch Freiheitsstrafen ausgesprochen werden sollen.

Aufhebung des Inzestverbots mehrheitlich abgelehnt

Mehrheitlich abgelehnt wurde die vorgeschlagene Aufhebung verschiedener Strafbestimmungen. Dies gilt namentlich für die Aufhebung des Inzestverbotes. Das Argument, dass verschiedene Strafbestimmungen (Art. 187, 188, 189, 190 und 191) genügten, um den sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch ihre Eltern zu erfassen und die Täter angemessen zu bestrafen, vermochte nur eine Minderheit zu überzeugen. Die Strafnorm müsse zum Schutz der Familie beibehalten werden, betonten verschiedene Vernehmlassungsteilnehmer. Zudem wurden ethische und erbbiologische Einwände erhoben. Ferner wurde geltend gemacht, dass die wenigen Verurteilungen die Streichung der Strafnorm nicht rechtfertigen würden. Die geringe Zahl könnte auf eine hohe Dunkelziffer oder auf eine breite Akzeptanz des Inzestverbots in der Bevölkerung zurückgeführt werden. Die vorgeschlagene Streichung könnte dieses Bewusstsein schwächen und ein falsches Signal setzen.


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