Risikobär M13 erlegt

Bern, 20.02.2013 - Am Morgen des 19. Februar 2013 wurde im Puschlav der Bär M13 erlegt. Der junge Wildbär war zum Sicherheitsrisiko für Menschen geworden, weil er systematisch in Siedlungen nach Nahrung suchte, Menschen am Tag folgte und trotz wiederholten Vertreibungsaktionen auch nach dem Winterschlaf keine Scheu zeigte. Der Abschuss erfolgte gestützt auf das Konzept Bär Schweiz.

Der Bär M13 streifte seit dem Frühling 2012 im Kanton Graubünden, vor allem im Puschlav, umher. Er kam immer wieder in Dörfer und Siedlungen und zeigte keinerlei Scheu mehr gegenüber Personen. Nachdem er auf der Suche nach Nahrung ab anfangs Oktober vermehrt in geschlossene Wohngebiete im Puschlav eingedrungen war und Schäden in direkter Nähe von bewohnten Häusern beziehungsweise bei einem Schulhaus gemacht hatte, wurde er im November 2012 als Problembär eingestuft und noch intensiver beobachtet. Am 12. und 13. November drang M13 zwei Nächte nacheinander in den Nebenraum eines bewohnten Weilers ein, um dort die Vorräte zu fressen. Kurz darauf verschwand der männliche Jungbär und machte oberhalb von Poschiavo Winterschlaf. Nach dem Aufwachen kam er erneut in die Nähe von Menschen, nun sogar bei Tag, und er reagierte kaum noch auf die Vergrämungen der Wildhut.

Der Bär verhielt sich zwar nie aggressiv gegenüber Menschen. Jedoch wurde das Risiko eines Unfalls, bei dem ein Mensch ernstlich verletzt oder gar getötet wird, unverantwortbar gross. Die zuständigen Stellen bei Bund und Kanton sahen keine Möglichkeit mehr, das Verhalten des Bären noch beeinflussen zu können. Damit wurde M13 gemäss Konzept Bär Schweiz zum «Risikobär», der erlegt werden musste. Das Konzept sieht vor, dass ein Bär entfernt werden soll, wenn er die Scheu vor Menschen verloren hat, sich wiederholt in geschlossenes Siedlungsgebiet begibt und trotz wiederholter Vergrämungen sein Meidungsverhalten offensichtlich nicht vergrössert.

M13 wurde am Morgen des 19. Februar 2013 im Puschlav abgeschossen. Der Kadaver wird nun im Kanton Graubünden untersucht.

Vergrämungen zeigten keine Wirkung

Die verantwortlichen Behörden hatten immer wieder versucht, dem Bären mehr Scheu einzuflössen. Sie beschossen ihn systematisch in so genannten Vergrämungsaktionen etliche Male mit Gummischrot und Knallpetarden und versuchten, ihn mit allen Mitteln aus den Dörfern, Siedlungen und Weilern zu vertreiben (siehe Erwägungsbericht). Ziel der Vergrämungen war, das Verhalten von M13 so zu ändern, dass er wieder scheuer würde und den Menschen und Siedlungen zu meiden lernte.

Die verantwortlichen Behörden gehen davon aus, dass M13 das problematische Verhalten bereits im Trentino angenommen hat, als er, statt den Winterschlaf zu machen, in den Siedlungen Nahrung suchte und fand. Da er von Anfang an wenig Scheu zeigte und ein neugieriger Bär war, wurde er bereits im Oktober 2011 im Trentino und danach im Juni 2012 nach einem Zusammenstoss mit einem Zug der Rhätischen Bahn in der Nähe von Scuol mit einem neuen Senderhalsband versehen. So konnten seine Wanderungen überwacht und die Vergrämungsaktionen besser geplant werden.

Vor dem Entscheid zum Entfernen des Bären haben Gespräche mit den italienischen Behörden stattgefunden. Die italienischen Vertreter zeigten Verständnis für die Situation der Schweiz. Die verantwortlichen Behörden beider Länder kamen zum Schluss, dass der Einfang und die Haltung von M13 in einem Gehege keine Optionen sind. Aus tierethischer Sicht ist es fragwürdig, einen wilden Bären in einem Gehege einzusperren. Konsequenterweise sieht deshalb das Konzept Bär Schweiz für einen Risikobären den Abschuss vor.

Weitere Bären werden einwandern

Im Kanton Graubünden sind seit 2005 immer wieder Bären unterwegs. Sie stammen aus der Bären-Population im Trentino, die zurzeit aus rund 40 Individuen besteht. Es ist absehbar, dass weitere Bären in die Schweiz einwandern werden, da sie hier durchaus Lebensraum finden können. Allerdings müssen in Regionen mit dauernder Bärenpräsenz Präventionsmassnahmen getroffen werden. So müssen etwa bei Nutztieren Herdenschutzmassnahmen ergriffen werden, und Bienenhäuser müssen elektrisch eingezäunt werden. Die Gemeinden haben sodann Abfallcontainer zu sichern, und die Bevölkerung muss ihren Umgang mit organischem Müll anpassen. Im Münstertal wurden solche Massnahmen erfolgreich umgesetzt, indem dadurch Bären von Siedlungen ferngehalten werden konnten.

Im Umgang mit den einwandernden Bären stehen die Behörden in einem Zielkonflikt zwischen Bären-Individuum und Bären-Population. Um der ganzen Population die Chance zu bieten, allenfalls in der Schweiz Lebensraum zu finden, muss unter Umständen ein Individuum, das zum Risiko wird, leider entfernt werden.


KASTEN
Verfahren zum Entscheid über den Abschuss des Bären

Die zuständige Interkantonale Kommission der betroffenen Region (IKK) beurteilt die Situation fachlich aufgrund des Konzepts Bär Schweiz. Im aktuellen Fall besteht die IKK aus dem Leiter des Amtes für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden sowie dem Sektionschef Jagd, Fischerei, Waldbiodiversität des Bundesamts für Umwelt BAFU. Die IKK gibt gegenüber dem zuständigen Regierungsrat des betroffenen Kantons eine Empfehlung ab. Dieser entscheidet dann gestützt auf die massgebliche Gesetzgebung von Bund und Kanton abschliessend darüber, ob eine Abschussbewilligung ausgestellt wird oder nicht.


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