Volksinitiative Grüne Wirtschaft: Bundesrat beschliesst indirekten Gegenvorschlag

Bern, 27.02.2013 - Der Bundesrat will die natürlichen Ressourcen schonen und gleichzeitig die Schweizer Wirtschaft stärken. Er hat deshalb an seiner Sitzung vom 27. Februar 2013 dem UVEK den Auftrag erteilt, entsprechende Anpassungen im Umweltschutzgesetz vorzubereiten. Diese Gesetzesänderungen sind ein indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)», welche der Bundesrat ablehnt.

Der Verbrauch von natürlichen Ressourcen ist nicht nachhaltig. Global gesehen verhält sich die Menschheit so, als hätte sie eineinhalb Planeten zur Verfügung. Würden weltweit alle Bewohner so wie die Schweizer Bevölkerung leben, wären sogar 2,8 Erden nötig. Diese Übernutzung der natürlichen Ressourcen führt u.a. zum Klimawandel, zum Verlust an Biodiversität und zu einer zunehmenden Verknappung des Bodens. Daher ist es unabdingbar, die natürlichen Ressourcen effizienter und schonender einzusetzen und ihren Verbrauch auf ein naturverträgliches Mass zu senken. Diese Absicht findet auf der nationalen und internationalen Ebene immer breitere Unterstützung. Der Bundesrat hat bereits 2010 erste Massnahmen für eine Grüne Wirtschaft beschlossen. Im Juni 2012 wurde die Grüne Wirtschaft (siehe Faktenblatt 1) an der UNO-Nachhaltigkeitskonferenz von Rio in der weltpolitischen Agenda verankert. Mit der Grünen Wirtschaft erschliessen sich der Schweizer Wirtschaft wichtige neue Absatzmärkte für ressourcenschonende Technologien und Produkte (siehe Kasten).

An seiner Sitzung vom 27. Februar 2013 hat der Bundesrat beschlossen, die Massnahmen für eine Ressourcen schonende Wirtschafts- und Konsumweise in der Schweiz zu erweitern und das Umweltschutzgesetz (USG) entsprechend anzupassen. Er hat das UVEK beauftragt, eine Botschaft zu erarbeiten. Kernpunkte der geplanten Revision des USG sind:

  • Verbesserung der Ressourceneffizienz von Konsum und Produktion, insbesondere Verbesserung der Information über den ökologischen Fussabdruck von Produkten; Förderung von Zielvereinbarungen und Dialog mit der Wirtschaft.
  • Schliessung von heute noch nicht geschlossenen Stoffkreisläufen (Rückgewinnung von z.B.Phosphor oder Kupfer).
  • Verstärkung des internationalen Engagements der Schweiz für die Grüne Wirtschaft und Verbesserung der Ressourceneffizienz im Rahmen von internationalen Umweltkonventionen und Organisationen sowie Stärkung der Schweizer Präsenz in internationalen Netzwerken.
  • Festlegung von Zielen zur effizienten Nutzung natürlicher Ressourcen, Messung des Ressourcenverbrauchs, Berichterstattung, Dialog mit Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft sowie Information und Sensibilisierung der Bevölkerung.

Stossrichtung der Volksinitiative „Grüne Wirtschaft" auf Gesetzesebene aufnehmen

Die vom Bundesrat geplante Revision des Umweltschutzgesetzes ist der indirekte Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft (Grüne Wirtschaft)» der Grünen Partei. Die am 6. September 2012 eingereichte Initiative will mit einem neuen Artikel in der Bundesverfassung eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft schaffen, geschlossene Stoffkreisläufe fördern und dafür sorgen, dass die wirtschaftlichen Tätigkeiten das Potenzial der natürlichen Ressourcen nicht beeinträchtigen. So verfolgt die Initiative das Ziel, dass die Wirtschaft und der Konsum in der Schweiz ab 2050 nachhaltig sind und nur noch so viel Ressourcen verbrauchen wie die Erde hergibt (dies entspräche einem ökologischen Fussabdruck 1). Der Bundesrat begrüsst zwar grundsätzlich die Stossrichtung der Initiative. Er geht aber davon aus, dass sie bis zum Jahr 2050 insbesondere wegen der Umweltbelastung, welche die Schweizer Bevölkerung im Ausland verursacht, nicht umsetzbar ist. Deshalb lehnt er die Initiative ab und stellt ihr mit den erwähnten Gesetzesänderungen einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber. Damit wird eine begrenzte Umsetzung der Anliegen der Initiative im Rahmen der bestehenden Verfassung angestrebt.

Das UVEK hat nun bis im Frühsommer 2013 Zeit, eine Vernehmlassungsvorlage zum indirekten Gegenvorschlag zu erarbeiten. Diese geht voraussichtlich im Sommer 2013 in die Vernehmlassung. Die Botschaft zur Initiative und zum indirekten Gegenvorschlag wird bis im Frühling 2014 an das Parlament überwiesen.


KASTEN
Stärkung der Wirtschaft

Mit ihrer hohen Innovationskraft kann die Schweiz nicht nur zur Verbesserung der Ressourceneffizienz beitragen, sondern gleichzeitig Arbeitsplätze, Einkommen und Wohlstand schaffen. Der Schweizer Wirtschaft erschliessen sich wichtige neue Absatzmärkte für ressourcenschonende Technologien und Produkte. Solche Technologien können zu deutlichen Einsparungen bei den Schweizer Unternehmen führen. Gegen die Hälfte der Kosten in der industriellen Produktion geht auf den Materialverbrauch zurück. Gemäss einer deutschen Studie können die Unternehmen bei Ausnutzung der Effizienzpotenziale ihre Materialkosten um bis zu 20% senken (Kristof 2010). Die Wirtschaft kann nur leistungsfähig bleiben, wenn sie über genügend natürliche Ressourcen wie Metalle oder Agrarrohstoffe verfügt. Es ist deshalb im Interesse der Wirtschaft, für die langfristige Verfügbarkeit der natürlichen Ressourcen zu sorgen und Versorgungsrisiken zu senken.

Beispiel Cleantech

Die wirtschaftliche Bedeutung ressourcenschonender Technologien (Cleantech) ist in einer Studie von Ernst Basler & Partner und Nowak (2009) erhoben worden. Gemäss dieser Studie waren 2008 in der Schweiz rund 160‘000 Personen im Cleantech-Bereich tätig. Mit einer jährlichen Bruttowertschöpfung von geschätzten 18 bis 20 Milliarden Franken leistet Cleantech einen Beitrag von rund 3 bis 3,5 Prozent an das Bruttoinlandprodukt.

Die Wachstumsperspektiven für Cleantech sind beachtlich. Zu diesem Schluss kommen verschiedene internationale Studien. Die Autoren des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD, 2010) schätzen in ihrer Studie „Vision 2050", dass die Wertschöpfung in Branchen mit starkem Umweltbezug wie Energie, Landwirtschaft, Wasser etc. bis im Jahr 2050 global um rund 4‘100 Milliarden US-Dollar zunimmt.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen auch Roland Berger Strategy Consultants, zitiert im Umwelttechnologie-Atlas für Deutschland (BMU, 2012). Sie schätzen das aktuelle Marktvolumen für den Cleantech-Bereich auf insgesamt 2‘044 Milliarden Euro und erwarten jährliche Wachstumsraten bis 2025 von 3 bis 9 Prozent (siehe Abbildung im Faktenblatt 2).

Am meisten Exporte erzielten Schweizer Unternehmen im Zeitraum von 2000-2007 im Bereich Abfallwirtschaft und Ressourceneffizienz, sie machten knapp 40 Prozent aller Cleantech-Exporte aus (Fraunhofer ISI 2011). In diesen Bereichen besteht weiteres Wertschöpfungspotenzial nämlich im Recycling von Rohstoffen oder bei der Materialeffizienz in der Bauwirtschaft (siehe Faktenblatt 2).


Adresse für Rückfragen

Thomas Stadler, Chef Abteilung Ökonomie und Umweltbeobachtung BAFU, +41 31 322 93 30



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Der Bundesrat
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