Zeitbudgeterhebung in der Landwirtschaft: Starker Rückgang der Haushaltarbeit

Zürich, 03.09.2013 - Ein Arbeitstag von Bäuerinnen ist seit 1974 zwar kürzer, aber zum Teil intensiver, anspruchsvoller und vielfältiger geworden. Tätigkeiten im Haushalt und auf dem Betrieb werden heute rascher als früher erledigt, während für Erziehung und ausserbetriebliche Erwerbsarbeit mehr Zeit eingesetzt wird. Besonders gefordert sind Betriebsleiterinnen: Im Haushalt erhalten sie von ihren Partnern in der Regel wenig Unterstützung. Dies zeigt eine Erhebung von Agroscope auf 223 bäuerlichen Familienbetrieben der ganzen Schweiz.

„Mit der Erhebung der Zeitbudgets zeigen wir einerseits die Arbeitsbeanspruchung der Frauen auf bäuerlichen Familienbetrieben auf. Anderseits konnten wir damit die Arbeitsteilung der Geschlechter und Generationen in der Landwirtschaft ermitteln“, erklärt Ruth Rossier, Projektleiterin der Forschungsgruppe Sozioökonomie von Agroscope. Die 2011 in der Landwirtschaft durchgeführte Erhebung erfasst den Zeitaufwand von Frauen und Männern für verschiedene Tätigkeiten in Betrieb, Haushalt und Familie sowie für die ausserbetriebliche Erwerbstätigkeit. Die Arbeiten auf den bäuerlichen Familienbetrieben sind seit der letzten Zeitbudgeterhebung von 1974 intensiver, anspruchsvoller und vielfältiger geworden. Auch neue landwirtschaftsnahe Tätigkeiten wie zum Beispiel Agrotourismus oder Gästebewirtung haben an Bedeutung gewonnen.

Vielfältiger Arbeitsalltag

Ein Vergleich mit der Erhebung von 1974 zeigt, dass in erster Linie die Haushaltarbeit inklusive Garten- und Umgebungsarbeiten stark zurückging, nämlich von 7.8 auf 4.3 Stunden an Werktagen. Der Rückgang des Zeitaufwands im Haushalt ist unter anderem dem technischen Fortschritt sowie den kleineren landwirtschaftlichen Haushalten zuzuschreiben, die einen Rückgang von 6.4 auf 4.2 Personen verzeichnen. Auf den bäuerlichen Familienbetrieben ist der Haushalt nach wie vor die Domäne der Frauen. Obwohl bei der Erziehungsarbeit Partner sowie Mütter und Schwiegermütter eine wichtige Rolle spielen, liegt die Hauptverantwortung dafür bei den Bäuerinnen und Betriebsleiterinnen.

Der Zeitaufwand der Bäuerinnen für Tätigkeiten auf dem Betrieb ist leicht rückläufig (von 3.3 auf 2.7 Stunden), die ausserbetriebliche Erwerbsarbeit hingegen hat um eine Stunde zugenommen (von 0.4 auf 1.4 Stunden an Werktagen). Den geringsten Zeitaufwand für eine ausserbetriebliche Erwerbstätigkeit weisen Betriebsleiterinnen auf, den höchsten die Partner von Betriebsleiterinnen. Die Tätigkeiten für die landwirtschaftliche Betriebsarbeit stehen im Arbeitsalltag der Bäuerinnen immer noch an zweiter Stelle nach dem Haushalt. Der Zeitaufwand für die Administration hat in der Landwirtschaft seit 1974 unbestritten zugenommen. Dies zeigt auch die Zeitbudgeterhebung von 2011. Die Verwaltungsarbeit erhöht haben unter anderem sicher die allgemeine Buchhaltungspflicht, die Direktzahlungen und andere Programme. Die Frauen investieren für die Administration von Betrieb und Haushalt mehr Zeit als die Männer.

Traditionelle Rollenverteilung

Die Arbeitstage von Bäuerinnen und ihren Partnern sind im Vergleich zu 1974 durchschnittlich rund zwei Stunden kürzer geworden und dauern an Werktagen zehn Stunden. Auf vielen Bauernhöfen fällt durch die Tierhaltung auch an Sonn- und Feiertagen Arbeit an: Der Arbeitszeitaufwand für Bäuerinnen und Bauern beträgt dann je rund sechs Stunden. Die Arbeitsteilung in Haushalt und Betrieb wird auch an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich beibehalten, obwohl es gerade dann zeitlichen Spielraum für Veränderungen gäbe.

Die Zeitbudgets wurden mittels Arbeitsrapporten an jedem achten Tag während eines Jahres erhoben. Die Daten von Bäuerinnen und Betriebsleiterinnen wurden separat ausgewertet. Nicht erfasst wurde der Zeitaufwand für Freizeit und unbezahlte Freiwilligenarbeit. Bei den erhobenen Zeiten handelt es sich um Durchschnittszeiten. Im Einzelfall kann deshalb der Zeitaufwand beträchtlich von diesem Mittel abweichen, zumal wenn eine Tätigkeit nur von wenigen Teilnehmerinnen der Studie ausgeübt wurde. Dies ist zum Beispiel im Bereich Pflege oder landwirtschaftsnahe Produktion, der so genannten Paralandwirtschaft, der Fall.

 

36. Informationstagung Agrarökonomie am 5. September in Tänikon

Bei Agroscope in Tänikon werden ökonomische Entscheidungsgrundlagen für landwirtschaftliche Betriebe erarbeitet. In den letzten Jahren kamen zunehmend Aufgaben der Politikevaluation hinzu. Seit vergangenem Jahr werden an der Informationstagung Agrarökonomie auch die durchschnittlichen landwirtschaftlichen Einkommen des Vorjahres bekannt gegeben. Dieses Jahr widmet sich ein Schwerpunkt der Tagung unterschiedlichen Facetten der agrarstrukturellen Entwicklung. Während der landwirtschaftliche Strukturwandel in den letzten zehn Jahren insgesamt geringer geworden ist, gibt es in ausgewählten Bereichen interessante Entwicklungen, etwa im Biolandbau oder auf der Alp. Im Rahmen der Tagung wird auch die Zeitbudgeterhebung zur Arbeitsleistung der Frauen von bäuerlichen Familienbetrieben vorgestellt. Die Tagung richtet sich an die landwirtschaftliche Beratung, an Vertreterinnen und Vertreter landwirtschaftlicher Verbände und Behörden, an Personen aus der landwirtschaftlichen Forschung und Lehre sowie an interessierte Bäuerinnen und Bauern. Die Informationstagung Agrarökonomie findet am 5. September 2013 bei Agroscope in Tänikon statt.


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Ruth Rossier, Projektleiterin Forschungsgruppe Sozioökonomie
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