Neue Pilzkrankheit entblättert Apfelbäume

Wädenswil, 20.09.2013 - Im Jahr 2010 wurde in der Ostschweiz bei einzelnen unbehandelten Apfelbäumen vor der Ernte ein starker Blattfall beobachtet. Forscher von Agroscope konnten nachweisen, dass die bei uns bisher nicht bekannte Pilzkrankheit Marssonina den Blattfall verursachte. Die Apfelkrankheit breitet sich seither aus. Viele unbehandelte Apfelbäume in Hausgärten und Wiesen zeigen in diesem Jahr bereits Mitte September einen starken Blattverlust.

«Gesunde Apfelbäume verlieren ihre Blätter erst im November. Befallene Bäume, die schon jetzt fast entlaubt sind, werden im nächsten Jahr nur schwach austreiben und die noch hängenden Früchte bleiben klein und werden nicht reif. Für den Hobbygärtner bedeutet dies eine Enttäuschung, für den Obstbauern aber einen schmerzlichen Einkommensverlust», erklärt Andreas Naef, Obstkrankheitsspezialist bei Agroscope in Wädenswil.

In den Apfelanbaugebieten Asiens ist Marssonina-Blattfall eine der wichtigsten Apfelkrankheiten. In Mitteleuropa ist die Krankheit seit 2010 auf dem Vormarsch. Befallene Bäume wurden auch aus Norditalien, Süddeutschland und Österreich gemeldet. In der Schweiz hat man den Pilz erstmals im September 2010 in einer unbehandelten Versuchsobstanlage am Zürichsee nachgewiesen. Im selben Jahr wurde er auch im Bodenseeraum auf Hochstammapfelbäumen und in einer Bio-Apfelanlage gefunden. Seither breitet sich der Pilz in verschiedenen Regionen der Deutschschweiz in Bio-Apfelanlagen, Hochstammbeständen und Hausgärten aus.

Bedeutung für die Schweizer Apfelproduktion

«Nicht alle Blätter fallen wegen Marssonina. Auch der Schorfpilz hat dieses Jahr stark zugeschlagen, auch schorfbefallene Blätter fallen teilweise vorzeitig ab. Letztere sehen aber anders aus, sie haben schwarze, matte Stellen und bleiben sonst grün. Marssonina-Befall führt zu grünen bis braunen Flecken mit kleinen schwarzen Punkten, den sogenannten Fruchtkörpern, und die Blattfläche zwischen den Flecken wird vor dem Abfallen gelb», erklärt Naef. In Hochstammobstgärten und Niederstammanlagen sieht es zur Zeit besser aus. Dies kommt daher, dass die Obstbauern ihre Apfelbäume gegen andere Pilzkrankheiten wie den Schorf und den Mehltau mit Fungiziden schützen. In einigen Bio-Anlagen kann man ein nestartiges Auftreten beobachten. Einzelne Bäume oder eine Gruppe von Bäumen weisen bereits starken Blattfall auf, während die Nachbarbäume noch kaum Symptome zeigen. Offensichtlich sind die in der Bio-Produktion zugelassenen Pflanzenschutzmittel weniger wirksam gegen den Marssonina-Pilz als die in der integrierten Produktion zugelassenen Mittel. Häufig sind gerade auch schorfresistente Sorten betroffen, bei denen der Fungizideinsatz im Sommer reduziert wurde. Der Marssonina-Pilz dürfte deshalb in der extensiven Produktion von Mostobst auf Hochstammbäumen ohne Sommerbehandlungen zu Problemen führen.

Wichtige Sorten sind anfällig

Erhebungen in der Schweiz und im Ausland zeigten Unterschiede in der Sortenanfälligkeit gegenüber Marssonina. Leider gehören Golden Delicious, Gala und einige schorfresistente Sorten wie Topaz und Rubinola zu den eher anfälligen Sorten. Resistenz gegenüber Marssonina hat man bei mehreren Wildapfelarten beobachtet. Diese Eigenschaft könnte in Züchtungsprogramme miteinbezogen werden. Allerdings dürfte die Züchtung einer resistenten Qualitätssorte mehrere Jahrzehnte beanspruchen. Die Schweizer Institute Agroscope und FiBL (Forschungsinstitut für Biologischen Landbau) erforschen nun Infektionszeitpunkt und Krankheitsentwicklung. Gemeinsam mit Kollegen an ausländischen Instituten suchen sie nach praxistauglichen Massnahmen, damit man auch diese Obst-Krankheit in den Griff bekommt.

Privatpersonen, welche die Krankheit auf einem Apfelbaum im Hausgarten bekämpfen möchten, erhalten bei Ihrem lokalen Gärtnermeister oder in einem grösseren Gartencenter Auskunft.

Biologie und Symptome

Wissenschaftlich heisst der Pilz Marssonina coronaria oder Diplocarpon mali. Aus Asien, wo der Pilz schon länger Schäden verursacht, gibt es Informationen über die Biologie des Pilzes. Der Pilz überwintert im Falllaub. Über Sporen entstehen die ersten Infektionen. Von befallenen Blättern kann sich der Pilz ebenfalls über Sporen auf Nachbarblätter ausbreiten. Für eine Infektion braucht er idealerweise mehrere Tage lang eine hohe Luftfeuchtigkeit und eine Temperatur über 20°C. Bereits im Juni können 1 bis 2 mm grosse, braun-violette bis schwarze Blattflecken auf der Blattoberseite auftreten. Aus den kleinen, dunklen Flecken auf der Blattoberseite entwickeln sich grössere, braune bis grauschwarze Blattflecken, die entweder zusammenlaufen oder sich in schwarzen Linien verästeln. Die Blattflächen zwischen den Flecken verfärben sich zunehmend gelb und die Blätter fallen vorzeitig ab. Die Äpfel bleiben meist am Baum hängen und zeigen nur selten Flecken.


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