Hohe Lasten in urbanen Zentren der grossen und mittleren Agglomerationen

Ittigen, 02.10.2013 - Die urbanen Zentren der Schweiz haben im Schnitt deutlich höhere finanzielle Lasten zu tragen als die übrigen Gemeinden ihres Kantons. Häufig gleichen die Zentren diese Lasten mit höheren Steuern aus. Bei Gemeinden, die an die Zentren angrenzen, ist das Bild weniger klar. Dies zeigt eine Grundlagenstudie, die das Bundesamt für Raumentwicklung ARE in Auftrag gegeben hat.

Agglomerationszentren tragen meist höhere finanzielle Lasten als ländliche Gemeinden. Aus staatspolitischen Gründen ist ein Ausgleich dieser Lasten nach fairen Mechanismen anzustreben. Die Finanzierung und der Ausgleich von Zentrums- und Sonderlasten (siehe Kasten) ist deshalb ein Schwerpunkt der Agglomerationspolitik von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden. Die heute veröffentlichte Studie im Rahmen des Monitorings urbaner Raum Schweiz, die das Bundesamt für Raumentwicklung ARE in Auftrag gab, liefert dazu Berechnungen.

  

Höhere Belastungen, höhere Erträge und manchenorts höhere Steuern

Bei grossen Agglomerationszentren sind die Belastungen um 73 Prozent höher als bei den übrigen Gemeinden ihres Kantons; bei den mittleren und kleinen Agglomerationszentren sind die Belastungen um 33 Prozent beziehungsweise 9 Prozent höher (siehe Grafik). Ins Gewicht fallen in den Zentren vor allem die Aufwendungen für soziale Sicherheit, öffentliche Ordnung, Sicherheit und Verteidigung sowie Kultur, Sport, Freizeit und Kirche. In absoluten Zahlen betrachtet sind diese Zentrums- und Sonderlasten vor allem in den grossen, aber auch in vielen mittleren Zentren hoch. Sie bedeuten im Vergleich zu den angrenzenden Gemeinden oft 1000 bis 2000 Franken Mehrbelastung pro Kopf – im Fall von Zürich sogar rund 3600 Franken. 

Die Agglomerationszentren weisen jedoch nicht nur höhere Aufwände, sondern auch höhere Erträge als die übrigen Gemeinden aus. Dies liegt an der höheren Steuerkraft der natürlichen und vor allem der juristischen Personen, teilweise auch an innerkantonalen Ausgleichssystemen. Allerdings reicht dies nicht immer aus, um den Mehraufwand zu decken, was manchenorts höhere Steuern zur Folge hat: In den Zentren der grossen Agglomerationen liegen die Steuersätze um 2 bis 4 Prozent und in den Zentren der kleinen Agglomerationen um 10 bis 13 Prozent über dem Durchschnitt der übrigen Gemeinden ihres Kantons. In den mittleren Agglomerationen sind die Steuern praktisch gleich hoch wie in den übrigen Gemeinden ihres Kantons. 

Die Belastung der so genannten Umlandgemeinden, welche an die Agglomerationszentren grenzen, liegt im Durchschnitt meist nahe beim Rest des Kantons. Die Resultate zeigen allerdings, dass auch einzelne zentrumsnahe Umlandgemeinden mit hohem Urbanisierungsgrad von der sogenannten A-Stadt-Problematik (Alte, Arbeitslose, Arme etc.) finanziell betroffen sein können: In den Agglomerationen Zürich und Lausanne haben einzelne Umlandgemeinden bei der sozialen Sicherheit ähnlich hohe Ausgaben wie ihre Zentren.

  

Kein Trendwechsel erkennbar

Durch die Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) im Jahr 2008 haben sich die Finanzierungsströme und die Zuständigkeiten teilweise geändert. Dies nicht nur zwischen Bund und Kantonen, sondern auch zwischen vielen Kantonen und ihren Gemeinden. Deshalb stellt sich die Frage, ob sich die Zentrums- und Sonderlasten seither verändert haben. Der Vergleich der aktuellen Daten mit denjenigen aus der Vorgängerstudie von 2005 ist aufgrund der veränderten Finanzstatistik, neuer Datengrundlagen und einer angepassten Methodik nur eingeschränkt möglich. Insgesamt lässt sich kein klarer Trendwechsel erkennen. Die relativen Mehrausgaben der Zentren sind gegenüber 2002 etwas gestiegen, besonders bei der sozialen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Hingegen hat die steuerliche Mehrbelastung tendenziell abgenommen.

 

Zentrums- und Sonderlasten
Für Mehrbelastungen der Zentren, die zu Mehrausgaben führen, gibt es zwei Gründe.

Zentrumslasten
sind Leistungen des Zentrums, von denen ausserkommunale Nutzerinnen und Nutzer profitieren, ohne diese voll abzugelten (zum Beispiel Kultur- und Freizeitangebote, öffentlicher Verkehr, Sicherheitsaufgaben). Diese so genannte Spillover-Problematik tritt nicht nur, aber meist besonders ausgeprägt zwischen Agglomerationszentren und daran angrenzenden Gemeinden auf (inner- und interkantonal). So finanzieren die Zentren häufig bedeutende Kulturinstitutionen, die in hohem Mass auch die Bevölkerung anderer Gemeinden nutzt.

Sonderlasten der Zentren sind überdurchschnittlich hohe Lasten zu Gunsten der eigenen Bevölkerung, die den Zentren insbesondere als Folge ihrer Zentrumsfunktion und Bevölkerungsstruktur entstehen. Sonderlasten können so einerseits auf die sogenannte A-Stadt-Problematik zurückgeführt werden. Diese besagt, dass die Kernstädte die finanziellen Folgen eines überdurchschnittlich hohen Anteils an Arbeitslosen, Armen, Alleinstehenden, Auszubildenden, Ausgesteuerten, Alten und ausländischer Wohnbevölkerung zu tragen haben. Andererseits entstehen weitere Sonderlasten, die mit der Zentrumsfunktion zusammenhängen, beispielsweise höhere Ausgaben für den privaten und öffentlichen Verkehr sowie für die Sicherheit.

Publikation

Bundesamt für Raumentwicklung ARE (2013): Zentrums- und Sonderlasten in Agglomerationen. Grundlagenstudie im Rahmen des Monitorings urbaner Raum Schweiz. Bern. Die Studie kann unter folgendem Link heruntergeladen werden:


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