Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrten Damen und Herren
Liebe freisinnig-liberalen Freunde

Zuerst möchte ich mich für den herzlichen Empfang hier in St. Margrethen bedanken. Ich bin der Einladung der FDP. Die Liberalen St. Gallen sehr gerne gefolgt.
Nicht nur wegen der wunderschönen Landschaft und der wichtigen Rolle des Kantons in der Schweizer Wirtschaftsgeschichte. Nicht nur, weil Ihr Kanton eidgenössische Tugenden wie Fleiss, Präzision, Weltoffenheit und Hartnäckigkeit verkörpert.
Nein, was mir an St. Gallen ebenso gefällt, ist die Mischung aus scheinbarer Ruhe und untergründigem, schnellem Wandel. Das lässt sich den Schlagzeilen der jüngeren Vergangenheit entnehmen. Plötzlich steht die St. Galler Textilindustrie wieder im globalen Rampenlicht: Michelle Obama trägt St. Galler Spitze bei der Vereidigung ihres Mannes zum Präsidenten der USA!

Eine Prada-Kollektion führt dazu, dass die Lastwagen mit Textilien von St. Gallen nach Mailand rollen – wie sie im 19. Jahrhundert im Zug von St. Gallen nach Paris gebracht wurde, direkt, ohne Zwischenhalt in Zürich…Noch beeindruckter bin ich als Fussball-Fan natürlich vom unglaublichen zweiten Aufstieg des FC Brühl innerhalb von zwei Jahren, von der 2. Liga Interregional bis in die Challenge League!
Aber auch wenn der schnelle Wandel hart war, hat sich St. Gallen immer den Realitäten gestellt, zum Beispiel in der Textil-Krise nach dem Ersten Weltkrieg, als die Liberalen – wer sonst? – sich trotz der Krise gegen staatliche Hilfe gestemmt haben. Das war zweifellos ein historisches Verdienst.
Was St. Gallen geprägt hat, ist auch wichtig für die heutige Schweiz: Die gelebte Erkenntnis, dass sich die Zukunft nie als blosse Verlängerung der Gegenwart vorstellen lässt. 

Heute geht es der Schweiz sehr gut. Unser Land nimmt in sämtlichen wichtigen Rankings eine Spitzenposition ein. Im Global Competitiveness Report des World Economic Forum ging die Schweiz in den letzten Jahren gar wiederholt als Siegerin hervor.
Die Schweizerinnen und Schweizer haben sich daran gewöhnt, dass das Pro-Kopf-Einkommen eines der global höchsten ist, dass die Arbeitslosenquote sich auf einem so tiefen Niveau bewegt, dass andere Länder, auch im reichen West-Europa, mit Neid auf diese Zahlen blicken. Und nicht einmal die Finanzkrise – in der doch die Schweiz mit ihrer prominenten Finanzindustrie als Opfer prädestiniert schien – hat das Land nachhaltig getroffen.
Tatsächlich ist die Schweiz neben Schweden das einzige Land Europas, das seine Verschuldung trotz der Krise reduzieren konnte – seit 2005 von 53 auf 40 Prozent des Bruttoinlandproduktes (BIP). Demgegenüber wuchs die Verschuldung der USA im gleichen Zeitraum von 62 auf 93 Prozent, diejenige Deutschlands von 68 auf 77 und diejenige Irlands gar von 28 auf 79 Prozent.

Wenn es wirtschaftlich so gut läuft wie derzeit in unserem Land, vergessen manche, dass der wirtschaftliche Erfolg politische Voraussetzungen hat. Und dass diese Voraussetzungen des Erfolgs immer wieder aufs Neue erkämpft werden müssen.
So lesen wir tagtäglich in den Zeitungen, dass sich viele Schweizerinnen und Schweizer Fragen stellen und Zweifel haben. Die aktuellen Diskussionen über die Bilateralen Abkommen und die damit verbundene Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften zeigen dies deutlich.
Die Schweiz hat eine übermässige Neigung, an ihren Qualitäten zu zweifeln, ihren eigenen Erfolgen zu misstrauen und vor ihrem eigenen Mut zu erschrecken. Diese Defensivhaltung taugt aber nicht in einer Welt, die von gewaltigen Umwälzungen geprägt ist – nicht nur geopolitisch, vom Aufstieg Chinas bis zum arabischen Frühling, sondern auch wirtschaftlich: Hinter den „alten“ Emerging Markets drängen bereits „neue“ Emerging Markets mit ihren zunehmend kompetitiven Produkten auf den Weltmarkt.

Eine Portion Skepsis ist gesund, die helvetischen Selbstzweifel dürfen aber ein gewisses Mass nicht übersteigen. Man hüte sich vor jenen, die unablässig auf den Risiken oder Problemen herumreiten, sei es, um daraus politisch Kapital zu schlagen, sei es, um ihre Auflagen zu steigern.
Man hüte sich, denn wie im Fussball geht ein Team, das an der Tabellenspitze liegt, aber an sich selbst zu zweifeln beginnt und deshalb nur auf die Defensive setzt, das Risiko ein, sich durch übermässige Vorsicht selbst zu schaden.
Genau das täte die Schweiz, würde sie die Bilateralen Abkommen über Bord werfen, wie das gewisse Kreise fordern. Diese Abkommen bilden seit 10 Jahren die Grundlage des wiedergefundenen Wachstums und der Prosperität der Schweiz. Sie betreffen nicht nur die Industrie und die Dienstleistungen, sondern sie sind auch für unsere Universitäten und für die Landwirtschaft zentral. Nicht zuletzt stärken sie substanziell die Finanzierung unseres Sozialsystems. Das Risiko einer Kündigung einzugehen, käme der Reaktion eines starken Teams gleich, das Angst hat vor dem eigenen Erfolg.
Wir müssen das Gegenteil tun: Kühlen Kopf bewahren und in der Offensive bleiben.
Die Schweiz muss sich daran erinnern, dass die Gesetze der wirtschaftlichen und demographischen Schwerkraft auch hierzulande gelten, auch wenn die Gegenwart sich darin gefällt, unser Land als den Normalzuständen weit enthoben zu preisen, als Insel der Glückseligen sozusagen. Vielleicht hilft uns beim Blick in die Zukunft der Blick in die Vergangenheit.
Blenden wir in die neunziger Jahre zurück, so stellen wir Erfolgsverwöhnten verblüfft fest, dass damals – also vor relativ kurzer Zeit – die Schweiz von einem tiefgreifenden Krisen-Gefühl geprägt war. Die Schweiz wurde als wachstumsschwach gegeisselt, als reformunfähig. Das Gespenst eines allmählichen Niedergangs ging um. Die Schweiz bildete beim Wachstum das Schlusslicht der OECD, die Steuern und die Zwangsabgaben wuchsen gleichzeitig stärker als in jedem anderen OECD-Land. Die Grundstimmung war düster, selbstquälerisch, ratlos.

Blicken wir in die Zukunft, sehen wir Herausforderungen, die noch grösser sind als jene der 90er-Jahre. Dass der demographische Wandel unsere Sozialversicherungssysteme bedroht, ist keine Frage der Ideologie, sondern eine Frage der Arithmetik und der Fakten. Man kann die Situation der Sozialversicherungen verschieden bewerten, aber man kann nicht leugnen, dass der demographische Wandel unser Sozialsystem auf die Probe stellt. Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht das Recht auf eigene Fakten!
Wir müssen die Kraft aufbringen, unsere Sozialversicherungssysteme zu reformieren, obwohl es der Schweiz so gut geht. Einfach ist das nicht: Die Ökonomik der Reform basiert typischerweise auf einem virulenten Bewusstsein, dass gehandelt werden muss. Im direktdemokratischen System der Schweiz ist dieser Sinn für Dringlichkeit noch wichtiger als in anderen politischen Systemen. Denn das schweizerische System erfordert viel Überzeugungsarbeit und den Einbezug mehrerer Parteien und der Sozialpartner.

Meine Damen und Herren
Der Bundesrat hat kürzlich darauf hingewiesen, dass die AHV heute besser dasteht als bislang angenommen; dies dank der Immigration im Rahmen der Freizügigkeit und der sich verändernden Lohnstruktur in unserem Land: Zahlreiche Zuwanderer arbeiten als Fachkräfte in Positionen mit hoher Wertschöpfung. Dank der Zuwanderung ist die Rechnung der AHV seit 10 Jahren im Lot. Ohne Zuwanderung wäre sie seit 20 Jahren in den roten Zahlen. Die Differenz betrug im vergangenen Jahr über 3 Milliarden!
Aufgrund der demografischen Entwicklung in den westlichen Ländern wird die AHV jedoch zunehmend unter Druck geraten und ab ca. 2020 dürfte das AHV-Vermögen rasch dahinschmelzen. Es bleibt also etwas mehr Zeit als bisher angenommen, um tiefgreifende und nachhaltig wirkende Reformen vorzubereiten. Dies ist eine Chance, die es mit Mut und Verantwortung zu ergreifen gilt.

Der Bundesrat will die Dinge entschlossen an die Hand nehmen und die verfügbare Zeit umsichtig nutzen. Die kommende Legislatur wird diesbezüglich entscheidend sein, denn wenn die politischen und gesellschaftlichen Kräfte auf eine Blockade statt auf die Lösungssuche hinsteuern, wird es schwierig werden, bei diesem – für die Schweiz zentralen Dossier – Fortschritte zu erzielen!
Damit eine AHV-Revision Aussicht auf Erfolg hat, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Bevölkerung muss von der zwingenden Notwendigkeit der Reform überzeugt sein, d.h. es darf keine tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten in der Diagnose geben.
- Die Revision muss von einer breiten Koalition getragen werden − in den vergangenen Jahren sind nicht alle dem löblichen Beispiel der FDP. Die Liberalen gefolgt, die ihre Regierungsverantwortung mit Nachdruck wahrnimmt.

Der Bundesrat will deshalb in den kommenden Jahren einen partizipativen Ansatz verfolgen und die Sozialpartner und die Parteien einbinden.
Es ist noch zu früh, um sagen zu können, welche Form die Revision der AHV annehmen wird. Natürlich werden bereits konkrete Massnahmen diskutiert. Die FDP hat entsprechende Vorschläge gemacht und der Bundesrat hatte im Rahmen der 11. AHV-Revision selbst welche unterbreitet.
Obschon noch offen ist, wie die Reform genau aussehen wird, kann ich schon etwas zum Grundsatz sagen, der das Kernstück der Strategie für die AHV bilden soll. Der Grundsatz ist klar und einfach: der Arbeit ihren vollen Wert wiedergeben.

Wir setzen uns deshalb vertieft mit Instrumenten auseinander, die einen längeren Verbleib im Erwerbsleben fördern. Wir prüfen also:- Mechanismen , die Anreize gegen die vorzeitige Pensionierung und für eine längere Erwerbsbeteiligung schaffen,
- den Wechsel von einem starren gesetzlichen Rentenalter zu einem Zeitraum, innerhalb dem der Altersrücktritt erfolgt,
- eine soziale Abfederung für die am stärksten benachteiligten Gruppen,
- und Modelle von selbstregulierenden Mechanismen, welche die langfristige Finanzierung des Systems gewährleisten, indem sie auf objektive Kriterien und nicht auf Prognosen abstützen. Solche Mechanismen könnten allenfalls bereits vor der eigentlichen Revision in Kraft gesetzt werden.
Das Parlament hat heute die Vorlage zur Verbesserung der Durchführung der AHV angenommen. Diese technische Gesetzesänderung bringt konkrete Verbesserungen bei der Durchführung der AHV, die stets unbestritten waren, aber seit Jahren hängig geblieben sind, weil sie mit materiellen Reformen der AHV verknüpft waren. Ende 2010 hat der Bundesrat entschieden, diese Verbesserungsmassnahmen dem Parlament mit einer separaten Vorlage zu unterbreiten. Dass das Parlament eine solche Revision trotz Wahljahr ohne Änderungen und in so kurzer Zeit angenommen hat, ist ein gutes Zeichen für die künftige Zusammenarbeit.

Diese Revision soll bereits anfangs 2012 in Kraft treten. In Zukunft wird der Bundesrat die technischen Revisionen der AHV dem Parlament gleichzeitig mit den materiellen Revisionen unterbreiten, aber jeweils in einer separaten Vorlage.
Soviel zum Kernstück dieser Arbeiten und ich nehme Ihre Inputs hierzu gerne entgegen, denn die FDP ist bei diesem Thema sehr präsent, was mich besonders freut.
Nach der AHV möchte ich kurz auf zwei weitere Kerngeschäfte im Sozialbereich zu sprechen kommen: das BVG und die IV.
Zunächst zur 2. Säule. Im Anschluss an die Volksabstimmung vom 7. März 2010 hat der Bundesrat angekündigt, dass der 2011 fällige Bericht über den Umwandlungssatz erweitert werden soll.

Der Umwandlungssatz wird selbstverständlich ein Kernthema bleiben, das verlangt das Gesetz. Ein Umwandlungssatz von 6.8% ist aufgrund der demografischen Entwicklung und der zu erwartenden Renditen zu hoch und droht, die finanzielle Stabilität des Systems zu beeinträchtigen. Diese Gefahr ist bekannt, sie wurde jedoch in der letztjährigen Volksabstimmung von der Angst vor einer Rentenkürzung, einem Misstrauen gegenüber den Versicherern und einer gewissen Undurchsichtigkeit bei den Verwaltungsgebühren überlagert.
Der Bundesrat nimmt diese Befürchtungen ernst: Er will, dass sich die Lage verbessert, bevor ein neues Projekt vorgelegt wird, insbesondere dank der letztes Jahr verabschiedeten Strukturreform, welche die Transparenz erhöhen und die Governance stärken soll. Der Bundesrat hat letzte Woche die Verordnungen zur Umsetzung dieser Reform verabschiedet und bekanntlich Pierre Triponez als Präsidenten der neuen Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge eingesetzt, einen hervorragenden Kenner unserer Sozialversicherungen und der Sozialpartnerschaft, was in der 2. Säule von zentraler Bedeutung ist.

Auf dieser Grundlage kann ein Anstoss der Diskussion über eine Anpassung des Umwandlungssatzes mit sozialem Ausgleich ins Auge gefasst werden. Dadurch sollen Rentenkürzungen − zumindest für Personen mit tiefem Einkommen − vermieden und die Vorsorgeeinrichtungen gleichzeitig in die Lage versetzt werden, ihre Leistungen anhand realistischer Parameter zu kalkulieren. Entscheidend ist, dass man in der 2. Säule tatsächlich bei einem Kapitaldeckungsprinzip bleibt und nicht auf einen Finanzierungsanteil seitens der erwerbstätigen Generationen zählt.
Im Bereich der Verwaltungskosten haben wir entsprechende Forschungsprojekte lanciert, um die Transparenz zu verbessern. Schliesslich wird der BVG-Bericht 2011 eine Reihe von weiteren Fragen aufgreifen
- wie z.B. die Beteiligung der Rentnerinnen und Rentner an der Sanierung der Kassen,
- die Möglichkeiten, das eigene Altersguthaben als Kapitalleistung zu beziehen,
- die Anlagebestimmungen,
- den Mindestzinssatz
- sowie weitere Themen im Bereich finanzielle Stabilität, Governance und Struktur der Kassen.
Dieser Bericht stellt einen wichtigen Meilenstein im Hinblick auf die künftigen BVG-Reformen dar. Wir werden im Herbst ein Hearing veranstalten. Auch da freut es mich zu hören, dass die FDP. Die Liberalen Schweiz eigene Vorschläge hierzu unterbreiten will: Dies wird den Bericht bereichern, der Anfang 2012 vom Bundesrat genehmigt werden soll, und der nachfolgenden Debatte im Parlament wichtige Impulse verleihen.

Meine Damen und Herren
Zum Schluss dieser Ausführungen zu den Sozialversicherungen möchte ich doch auch noch auf die IV zu sprechen kommen. Auch hier sind wichtige Reformen im Gange. In der Invalidenversicherung, werden Rolle und Bedeutung der Arbeit neu definiert und werden neue Anreize und Akzente nach dem Prinzip „Arbeit vor Rente“ gesetzt.
 
Wir wollen den Betroffenen zu einer sinnstiftenden Existenz und zu neuen Perspektiven verhelfen, sie in eine Situation versetzen, die dem Alltag der Bevölkerungsmehrheit so nahe wie möglich kommt und so ihr Selbstwertgefühl stärken.
Gleichzeitig hat sich auch die finanzielle Situation verbessert. Das Defizit hat sich stabilisiert und die temporäre Finanzierung über die Mehrwertsteuer verhindert, dass der Schuldenberg in den nächsten Jahren weiter anwächst. Zur Stabilisierung beigetragen hat der markante Rückgang der neuen IV-Renten. Seit 2003 sind 47 Prozent weniger neue Renten gesprochen worden. In Zahlen bedeutet das: ein Rückgang von 28`200 auf 14`900 neue Renten. Stark zugenommen hat dafür die Zahl der Wiedereingliederungen. Sie stieg seit 2007 von 16`000 auf über 26`000, was einer Zunahme um mehr als 60 Prozent entspricht.

Zusätzliche Massnahmen sind aber weiterhin nötig, um die IV auch langfristig zu sanieren. Der Schuldenberg ist auf 15 Milliarden Franken angewachsen - zulasten der AHV. Das Parlament hat ein erstes Massnahmenpaket, die IV-Revision 6a, in der Frühjahrssession gutgeheissen.
Die Reformen können, so hoffe ich, auf den 1. Januar 2012 in Kraft treten. Gegen diese Revision scheint niemand das Referendum zu ergreifen - das wissen wir genau in einem Monat. Dies wäre an und für sich bereits ein Erfolg, denn in den letzten Jahren wurden alle IV-Revisionen auf dem Referendumsweg bekämpft. Es ist wichtig, dass die Massnahmen so rasch wie möglich greifen.
Kommen wir zum zweiten Massnahmenpaket, der IV-Revision 6b. Der Bundesrat schickte sie letztes Jahr in die Vernehmlassung. Mit dem weiteren Vorgehen beschloss er, bis im Mai 2011 zuzuwarten.

Damit wollte er sicherstellen, dass er
- erstens alle Beschlüsse des Parlamentes in der Revision 6a mit einbeziehen kann, und dass er
- zweitens für die Analyse der IV-Finanzen über die definitiven Zahlen 2010 verfügt.
Der Bundesrat hat die Revision 6b vor rund einem Monat dem Parlament zugeleitet. Er erfüllt damit den Auftrag der Räte, die IV insbesondere mit Einsparungen zu sanieren.
Das Massnahmenpaket stellt sicher, dass die IV ab Ende der befristeten Mehrwertsteuererhöhung, also ab 2018, finanziell auf eigenen Beinen steht. Die Revision 6b zielt überdies darauf ab, bis 2025 die Schulden der IV beim AHV-Fonds vollständig zurück zu zahlen, also bis zu einer Phase, in welcher die AHV auf genügend Liquidität angewiesen sein wird.
Die Inkraftsetzung ist für 2015 vorgesehen. Diese Revision ergänzt die früheren, sie ist das letzte Element des Massnahmenplans zur vollständigen Sanierung der IV.
- Dank der 4. und 5. IV-Revision wurde die Anzahl der neuen IV-Renten um die Hälfte gesenkt und das Defizit der Versicherung wurde stabilisiert.

- Von 2011 bis Ende 2017 verschafft die Zusatzfinanzierung der IV Einnahmen von mehr als 14 Milliarden Franken, welche das Defizit vorübergehend beseitigen und es erlauben, die Massnahmen der 6. IV-Revision sozial vertretbar umzusetzen.
- Die 6. IV-Revision schliesslich hat die nachhaltige Sanierung der Invalidenversicherung insbesondere durch eine Senkung der Ausgaben zum Ziel. Die vorgesehenen Massnahmen intensivieren die Prävention und Eingliederung, sie stellen somit die Wiedereingliederung in die Arbeitswelt in den Mittelpunkt der Vorkehrungen.

Liebe Freunde
Sie sehen: die Baustellen sind zahlreich, die Reformen sind notwendig und unser Land benötigt politische Partner, die − wie Sie es tun − bereit sind, sich mit Kraft, Mut und Überzeugung zu engagieren. Die zentralen Herausforderungen der Schweiz können angegangen werden, wenn diese Partner bereit sind, Ihrem guten Beispiel zu folgen und das wahrzunehmen, was ich gerne «die Freude an der Verantwortung» nenne. Zum Wohle des Landes; zum Wohle aller seiner Generationen!
Ist das die viel gescholtene, diffuse Mitte-Position? Nein, im Gegenteil: Der genaue Blick auf die realen Verhältnisse ist radikal im besten Sinne des Wortes. Und er ist, um mit Max Weber zu reden, Ausdruck von Verantwortungsethik statt von Gesinnungsethik. Dazu muss sich der Wille paaren, von anderen zu lernen – nicht zuletzt im Bereich der Sozialstaatsreform, wo sich beispielsweise die skandinavischen Länder dynamischer auf die neuen Realitäten einstellen als die Schweiz. Die Globalisierung der guten Ideen ist ebenso real wie jene der Gütermärkte und der Information – wir müssen auch ihre Kraft für uns nutzen!
Der grosse Schlagabtausch zwischen den Ideologien scheint zwar unser Land zu dominieren, aber in den Tiefenstrukturen sieht es eigentlich anders aus. Eines der bestgehüteten öffentlichen Geheimnisse lautet: Es existiert ein heimlicher Konsens, was die Rahmenbedingungen für einen Standort angeht, von Steuern über Sozialstaat bis zum Arbeitsrecht und zur Bildung. Die Rezepte gleichen sich weltweit. Auch wenn das parteipolitische Getöse in vielen Ländern gross ist, gelegentlich auch in der Schweiz.

Meine Damen und Herren
Die FDP.Die Liberalen ist die Partei des Fortschritts, der Verantwortung. Sie ist die Partei, die zuerst analysiert und dann handelt. Deshalb bin ich stolz darauf, ihr anzugehören.
Der erwähnte heimliche Konsens darüber, was einen Standort im globalen Wettbewerb stark macht, stellt für die FDP eine grosse Chance dar. Gerade in diesen politisch volatilen Zeiten braucht es eine Stimme der Vernunft. Eine Kraft der Konsistenz, der sachgerechten Argumentation, des strategischen Weitblicks.
Es gilt in der heutigen Schweiz, den Kern der politischen Kultur zu schützen und weiterzuentwickeln und politische Verantwortung zu übernehmen. Dafür steht die FDP.Die Liberalen.
Die wichtigste Konfliktlinie der Gegenwart trennt jene, die sich dem globalen Wettbewerb stellen und jene, die sich in eine zeitentrückte Idylle wünschen und eigentlich kaum Sympathien für freies Unternehmertum oder eine offene Gesellschaft haben.

Der worst-case wäre eine Schweiz, die Wirtschafts-skeptischer würde und in offenen Märkten nur noch Gefahren, keine Chancen mehr sähe. Dann müsste man mit regulatorischen Eingriffen und Abschottungsbewegungen rechnen, die den Standort ernsthaft gefährden könnten.
In Gefahr wäre dann die historische Formel der Schweiz: durch und durch demokratisch, wirtschaftspolitisch und gesellschaftlich stabil, pragmatisch und offen, mit einem gut entwickelten Sinn für sozialen Zusammenhalt, aber trotzdem mit einer hohen Wertschätzung für Leistungsträger. Die Schweiz, die Erfolg hat. Die Schweiz, die die FDP gebaut hat.
Ich bin überzeugt, dass die grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer sich auch heute den Realitäten stellen wollen, wie sie das in der Geschichte ihres Kleinstaates stets getan haben.
Die Geschichte zeigt, dass sich unser Land im internationalen Wettbewerb behaupten und Fortschritte erzielen kann. Es hat das vor allem dank der konstruktiven und zukunftsgerichteten Arbeit der liberalen Kräfte und namentlich der FDP.Die Liberalen erreicht.

Die Zutaten der schweizerischen Erfolgsgeschichte sind bekannt: Die freiheitliche Wirtschaftsordnung, die exzellente Infrastruktur, der flexible Arbeitsmarkt, die kulturelle Offenheit. Nicht weniger wichtig sind: Eine vergleichsweise niedrige Staatsquote, das in unserem kleinen Exportland kumulierte Weltwissen, die konstant hohe Qualität von Forschung und Innovation, und zwar sowohl in den Unternehmen wie auch in den staatlichen Forschungsinstitutionen. In beidem liegt die Schweiz weit vorne, wie eine unlängst vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) durchgeführte Studie ergeben hat.
Kein Wunder, dass man hier in der Schweiz und in St-Gallen solche Unternehmen findet, wie dasjenige, welches in wenigen Minuten den FDP-KMU_Preis bekommen wird. Ich gratuliere dieser KMU herzlich zu dieser Auszeichnung.
Nun gilt es, diese Anstrengungen auf allen Ebenen fortzusetzen und für eine erfolgreiche, lebenswerte, liberale und weltoffene Schweiz einzustehen und zu kämpfen. Ich bin überzeugt, dass sich dieser Kampf lohnt und von der Bevölkerung belohnt wird. Der FDP. Die Liberalen St. Gallen wünsche ich für ihre Arbeit und  für das wichtige Jahr 2011  viel Erfolg.

Ich danke Ihnen für die Einladung und Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen einen schönen Abend.

Generalversammlung der FDP. Die Liberalen St. Gallen - „Sozialwerke langfristig sichern – aus Liebe zur Schweiz“