Unterkunft Eigenthal/LU: Bund reagiert auf Fehler bei der Betreuung von Asylsuchenden

Bern-Wabern, 20.11.2012 - Die im September 2012 erhobenen Vorwürfe, wonach Asylsuchende in der Bundesunterkunft Eigenthal (LU) unkorrekt betreut worden seien, haben sich zum Teil bestätigt. Zu diesem Ergebnis kommt die Schweizerische Flüchtlingshilfe, welche die Vorfälle im Auftrag der ORS abklärte. Die Firma ORS, die für die Betreuung der Asylsuchenden verantwortlich ist, hat gegen einzelne Auflagen des Bundesamts für Migration (BFM) verstossen. Die Abklärungen ergaben weiter, dass das BFM die Arbeit der ORS im Zentrum Eigenthal zu wenig systematisch kontrollierte. Das BFM hat bereits sein Controlling intensiviert, die ORS hat notwendige Sofortmassnahmen ergriffen: Der kritisierte Leiter der Unterkunft ist inzwischen ersetzt und es wurden Verbesserungen punkto Betreuung und Versorgung eingeleitet.

Die Asylsuchenden in der temporär genutzten Bundesunterkunft Eigenthal (LU) wurden nicht angemessen betreut. So lautet das Ergebnis einer Untersuchung, die die Schweizerische Flüchtlingshilfe im Auftrag der ORS durchgeführt hat. Im September hatten verschiedene Mitglieder von Organisationen der Zivilgesellschaft die Betreuungssituation in der Unterkunft Eigenthal kritisiert und Anschuldigungen gegen die Zentrumsleitung erhoben.

Aufgrund der Vorwürfe hat sich am 25. September 2012 eine Vertreterin von Amnesty International (ai) in die Unterkunft begeben, um sich vor Ort ein Bild über die Situation zu machen. Sie stellte wohl gewisse Mängel fest, konnte aber während ihres Besuchs nicht alle Anschuldigungen überprüfen. Über ihre Erkenntnisse verfasste die ai-Vertreterin einen Bericht, der am 7. November beim Bundesamt für Migration eintraf. Die erwähnten Unzulänglichkeiten wurden vor allem der Betreuungs-Firma ORS angelastet. Diese hatte schon im Oktober entschieden, die Kritikpunkte durch eine unabhängige Organisation - die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) - abklären zu lassen.

Untersuchung einzelner Kritikpunkte
Die SFH unternahm zwischen dem 1. und dem 13. November insgesamt drei Abklärungsreisen ins Zentrum Eigenthal und führte zahlreiche Gespräche mit ORS-Mitarbeitern, mit Asylsuchenden und weiteren involvierten Personen. Die SFH beschränkte sich auf die Abklärung der Anschuldigungen gegen die Firma ORS, so wie es das Mandat vorsah; sie übt aber auch Kritik an den Rahmenbedingungen

Der SFH-Bericht bestätigt gewisse Vorwürfe und stellt Sachverhalte fest, die nicht tolerierbar sind. In andern Punkten entlastet er die Zuständigen. Im Einzelnen sind darin folgende Beanstandungen aufgeführt:

  • Es gibt zahlreiche Zeugnisse über unangemessenes Verhalten des mit der Leitung des Zentrums beauftragten ORS-Mitarbeiters.
  • Die ärztliche und medizinische Versorgung war teilweise unzureichend.
  • Die Ernährung hätte besser auf die Bedürfnisse von Kleinkindern abgestimmt sein müssen.
  • Die angemessene Grundversorgung mit Bekleidung war nicht immer gewährleistet.
  • Für die Betreuung und Animation der anwesenden Kinder wurden zu wenig Ressourcen eingesetzt. Ebenso erachtet die SFH die Betreuung der erwachsenen Asylsuchenden als unzureichend.
  • Das Betreuungsteam war weitgehend auf sich alleine gestellt.

Die Stellungahme der ORS zu den Vorkommnissen liegt dem BFM vor. Die Firma hat inzwischen den damaligen Zentrumsleiter beurlaubt. Ebenso hat die ORS Verbesserungen im Bereich der Bekleidung und der Verpflegung veranlasst, zudem wird die Unterkunft besser beheizt.

Von der ursprünglichen Kritik waren auch die Angestellten der Sicherheitsfirma Securitas betroffen. Die Vorwürfe gegen die Securitas waren aber nicht Gegenstand der Abklärungen durch die SFH. Dem BFM liegt eine Stellungnahme der Firma Securitas vor. Zusätzlich wird das BFM diese Anschuldigungen ebenfalls von einer externen Organisation abklären lassen.

Nebst diesen Firmen steht aber auch das Bundesamt für Migration in der Kritik, weil es zu wenig unternahm, um seine Leistungserbringer systematisch in der Bundesunterkunft Eigenthal  zu kontrollieren; die SFH moniert mangelhafte Aufsicht und Qualitätssicherung.

Das Fazit der Abklärungen der SFH liegt dem Bundesamt für Migration seit dem 14. November 2012 vor. Vorherige Äusserungen des Bundes basierten auf den damals vorliegenden Stellungnahmen der Leistungserbringer. Das Bundesamt für Migration bedauert die Vorfälle im Zentrum Eigenthal und hält fest, dass der Bund für einen fairen und respektvollen Umgang mit den Asylsuchenden unter seiner Obhut einsteht. 

Besseres Controlling
Das BFM wird das Controlling über die vertraglichen Abmachungen überprüfen und intensivieren. Das neue Controlling-Konzept sieht zusätzliche regelmässige Besuche vom zuständigen BFM-Mitarbeiter im Zentrum vor und orientiert sich ansonsten am Controlling, das für die bundeseigenen Empfangs- und Verfahrenszentren gilt. Gleichzeitig nimmt das BFM befriedigt zur Kenntnis, dass die ORS rasch wirkungsvolle Massnahmen getroffen hat, die die Situation im Zentrum Eigenthal verbessern.  

Betreuungskonzept für Kinder
Anzupassen ist darüber hinaus das Konzept der sozialen Betreuung in temporär genutzten Unterkünften: Kinder und Jugendliche sollen adäquat betreut werden und erwachsene Asylbewerber sollen wenn immer möglich an Beschäftigungs-programmen teilnehmen können. Das BFM prüft im Rahmen künftiger Ausschreibungsverfahren für die Betreuung von Asylsuchenden, ob die vertraglich zu leistenden Beschäftigungsmassnahmen erhöht werden müssen.

Mit diesen Vorkehrungen sollten sich künftig Vorkommnisse wie im Zentrum Eigenthal weitgehend verhindern lassen. Das BFM dankt den beteiligten Organisationen für ihr Engagement, das mit zur Erkennung der Probleme und zur Verbesserung der Situation geführt hat.


Adresse für Rückfragen

Gaby Szöllösy, Bundesamt für Migration Tel. + 41 31 325 98 80,
Michael Glauser, Bundesamt für Migration Tel. +41 31 325 93 50,


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