Handelsabkommen EU-USA (TTIP): Mögliche Auswirkungen auf die Schweiz

Bern, 10.07.2014 - Zwei im Auftrag des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO erstellte Berichte untersuchen die möglichen Auswirkungen eines Handelsabkommens zwischen der EU und den USA auf die Schweizer Wirtschaft. Seit Juli 2013 verhandeln die EU und die USA über eine umfassende transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (Transatlantic Trade and Investment Partnership, TTIP). Ziel ist neben dem Zollabbau für Industrie- und Agrarprodukte insbesondere die Beseitigung von nichttarifären Handelshemmnissen. Die EU und die USA sind die beiden wichtigsten Handelspartner der Schweiz. Das Abkommen könnte für die Schweizer Wirtschaft spürbare Folgen haben.

Mehr als zwei Drittel aller Schweizer Exporte gehen in die EU (56%) und die USA (11%). Kommt ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA zustande, mit dem sich die beiden Seiten auf dem jeweils anderen Markt günstigere Rahmenbedingungen einräumen, kann es je nach Verhandlungsergebnis zu Benachteiligungen der Schweizer Wirtschaft kommen. Eine solche Benachteiligung ist vor allem auf dem US-Markt wahrscheinlich, weil zwischen den USA und der Schweiz kein Freihandelsabkommen besteht. Gleichzeitig besteht auch die Möglichkeit, dass die Schweiz - und andere Drittstaaten - vom TTIP profitieren, soweit dieses im Bereich nicht-tarifärer Hemmnisse neue, nichtdiskriminierende Regulierungen schafft. Da zurzeit die konkreten Verhandlungsresultate der TTIP noch weitgehend unbekannt sind, basieren beide Studien auf Annahmen und arbeiten mit Szenarien. Dies erlaubt erste Einschätzungen zur möglichen Bandbreite der Auswirkungen auf die Schweiz und Überlegungen zu wirtschaftspolitischen Handlungsoptionen.

Spürbare gesamtwirtschaftliche Auswirkungen
Der Studienbericht des World Trade Institute (WTI) der Universität Bern gibt Anhaltspunkte zu den gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen auf der Basis eines berechenbaren allgemeinen Gleichgewichtsmodells. Die Studie untersucht drei Szenarien unterschiedlicher Integrationsdichte. In allen Szenarien wird auch die Möglichkeit handelspolitischer Massnahmen der Schweiz analysiert, nämlich in Form eines parallelen Abkommens zwischen der EFTA und den USA. Je nach Ausgestaltung des TTIP-Abkommens, aber auch der handelspolitischen Massnahmen der Schweiz als Reaktion auf dieses Abkommen, reichen die Auswirkungen von möglichen langfristigen Einbussen von 0.5% des BIP-Niveaus (bei einem TTIP Abkommen, das sich im Wesentlichen auf Zollabbau beschränkt und ohne Freihandelsabkommen der EFTA-Staaten mit den USA)  bis hin zu einer Niveauerhöhung von geschätzten 2.9% des BIP (bei einem umfassenden Abkommen und mit einem Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und den USA).  Die quantitativen Resultate sind jedoch insgesamt mit Vorsicht zu interpretieren. Sie geben lediglich Hinweise auf die mögliche Grössenordnung von Auswirkungen der TTIP auf die Schweizer Wirtschaft und einzelne Sektoren.

Auswirkungen auf Dienstleistungen und öffentliche Beschaffung
Der Dienstleistungssektor wird vermutlich weniger stark von der TTIP betroffen sein als der Warenhandel. Aufgrund bisheriger Liberalisierungsschritte in vergleichbaren Freihandelsabkommen der EU und der USA ist nicht zu erwarten, dass es zu weitreichenden Liberalisierungen im Dienstleistungshandel zwischen der EU und den USA kommen wird. Falls die TTIP eine Liberalisierung des öffentlichen Beschaffungswesens der US-Gliedstaaten beinhaltet, würde dies EU-Anbietern wesentliche neue Absatzmärkte eröffnen, zu denen Schweizer Unternehmen unter Umständen keinen Zugang hätten.

Bedeutung der Ursprungsregeln
Die zweite vom SECO in Auftrag gegebene Studie untersucht für einige wichtige Exportsektoren die möglichen Auswirkungen allfälliger restriktiver TTIP-Ursprungsregeln auf Schweizer Produzenten. Gemäss Studienbericht wären Schweizer Automobilzulieferer und Präzisionsinstrumente potenziell am stärksten betroffen. EU-Produzenten könnten möglicherweise Zwischenprodukte von Schweizer Herstellern durch solche aus der EU oder den USA ersetzen. Unternehmen in den USA würden laut der Studie voraussichtlich für die Ausfuhr von Fertigerzeugnissen in die EU Schweizer Vorleistungen nur in einem geringen Ausmass durch solche aus der EU oder den USA ersetzen.

Weiteres Vorgehen
Von der EU und den USA wird offiziell ein Abschluss der Verhandlungen bis Ende 2015 angestrebt. Es ist davon auszugehen, dass je nach Sektor und Produkten unterschiedlich weit gehende Öffnungsschritte vereinbart werden. Wenn das konkrete Verhandlungsergebnis vorliegt, werden voraussichtlich in den relevanten Bereichen weitere Analysen notwendig sein.


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