Von-Wattenwyl-Gespräche vom 13. November 2015

Bern, 13.11.2015 - Die Parteipräsidenten und Fraktionsspitzen von FDP, BDP, CVP, SP und SVP haben sich heute Freitag mit einer Delegation der Landesregierung zu den letzten Von-Wattenwyl-Gesprächen des Jahres getroffen. Diskutiert wurde unter anderem die aktuelle Flüchtlingssituation in Europa und der Schweiz. Ebenso standen die anhaltende Frankenstärke und der Service Public im Medienbereich auf der Traktandenliste. Im Weiteren orientierte der Bundesrat über den Stand der Umsetzung der neuen Zuwanderungsbestimmungen und das Europa-Dossier.

Ein grosser Teil der Gespräche war dem Austausch über die aktuelle Lage im Asylbereich gewidmet. Die Bewältigung der zunehmenden Asylgesuche stellt Bund, Kantone und Gemeinden vor grosse Herausforderungen. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga lobte die Zusammenarbeit mit den Kantonen und dem VBS bei der Schaffung von Unterbringungskapazitäten. Zur Zusammenarbeit gehört auch der „Stab Lage Asyl 2015", in dem die zuständigen Behörden von Bund und Kantonen sowie weitere Institutionen die verschiedenen Massnahmen koordinieren. Weiter orientierte die Bundespräsidentin über die Entwicklung der europäischen Migrationspolitik und die Bemühungen der EU-Staaten in dieser Frage. Der Bundesrat erwartet, dass die Dublin-Regeln angewendet, alle Asylsuchenden registriert und abgewiesene Asylbewerber zurückgeführt werden. Die Rückführung von abgewiesenen Asylbewerbern ist Teil einer konsequenten Asylpolitik.  

Im Austausch über die Entwicklung der Flüchtlingsbewegungen kamen die Repräsentanten der Bundesratsparteien zu unterschiedlichen Beurteilungen bezüglich der Massnahmen, die getroffen werden sollten. Die Parteien waren sich einig, dass eine gute Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure von entscheidender Bedeutung ist. Ausserdem nahmen die Parteien den globalen Kontext der Flüchtlingsfrage zur Kenntnis. Es wurde daran erinnert, dass 80 Prozent der Flüchtlingsbewegungen innerhalb des afrikanischen Kontinents erfolgen.  

Umsetzung des Zuwanderungsartikels
Bundespräsidentin Sommaruga orientierte die Parteispitzen zudem über den Stand der Umsetzung des Zuwanderungsartikels in der Bundesverfassung (Art. 121a BV). Dazu strebt der Bundesrat ein Gesamtergebnis bei den Verhandlungen an, namentlich für die Personenfreizügigkeit, die institutionellen Fragen und weitere Abkommen, unter anderem zum Marktzugang. Der Bundesrat wird demnächst vom Stand der Konsultationen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union über das Freizügigkeitsabkommen sowie von den Resultaten der Vernehmlassung zum revidierten Ausländergesetz Kenntnis nehmen und die weiteren Schritte beschliessen. Die Botschaft ans Parlament soll vom Bundesrat voraussichtlich im ersten Quartal 2016 verabschiedet werden.

Die Parteien kamen zum Schluss, dass die politische Diskussion auf der Basis der demnächst erwarteten Eckwerte des Bundesrates geführt werden könne. Kontrovers beurteilten sie die Notwendigkeit zusätzlicher flankierender Massnahmen.

Frankenstärke
Der Vizepräsident des Bundesrates Johann N. Schneider-Ammann präsentierte die wirtschaftliche Lagebeurteilung des Bundesrates. Gegenläufige Tendenzen prägten demnach die Weltwirtschaft im 2015. In den USA hat sich die wirtschaftliche Entwicklung beschleunigt; die Erholung im Euro-Raum setzte sich fort. In vielen Schwellenländern kühlte sich die Konjunktur hingegen weiter ab. Brasilien und Russland leiden unter unsicheren politischen Bedingungen und fallenden Rohwarenerlösen.

Die Schweizer Konjunktur hat sich 2015 deutlich abgekühlt. Der Währungsschock ist noch nicht verdaut und hinterlässt Spuren bei den Unternehmen und auf dem Arbeitsmarkt. Besonders betroffen sind von der Frankenstärke direkt erfasste Branchen, allen voran die exportorientierte Industrie und ihre Zulieferer, der Tourismussektor und der Detailhandel. Ihre Wettbewerbsfähigkeit leidet und erfordert hohe Anpassungsfähigkeit. Die Entwicklung der Beschäftigungszahlen widerspiegelt die schwierige Lage in diesen Branchen. Zulegen konnten dagegen allen voran staatsnahe Dienstleistungssektoren wie Gesundheitswesen und Bildung. Die Situation wird angespannt bleiben.

Die Schweizerische Nationalbank hat bekräftigt, dem Wechselkurs weiterhin Rechnung zu tragen und bei Bedarf am Devisenmarkt aktiv zu bleiben. Insgesamt ist mit einem BIP-Wachstum von 0.9% im laufenden Jahr und von 1.5% im 2016 zu rechnen. Die erwartete Arbeitslosenquote liegt für 2015 bei 3.3% und für 2016 bei 3.6%.

Die Parteien nahmen das Bemühen um administrative Entlastungen von Unternehmen zur Kenntnis. Auf allgemeine Unterstützung stiessen die verstärkten Massnahmen für die Innovationsförderung bei exportorientierten KMU.

Service Public im Medienbereich
Bundesrätin Doris Leuthard nutzte die Gelegenheit, um die Parteispitzen über die Vorbereitungsarbeiten zum Bericht über den Service Public im Medienbereich zu informieren. Der Bundesrat wird den Bericht bis Mitte 2016 dem Parlament unterbreiten. Auf dieser Basis soll sodann eine ergebnisoffene Diskussion geführt werden, die weit über einzelne Sendungen hinausgeht. Es sind angesichts des Strukturwandels der Medienbranche zukunftsträchtige Lösungen betreffend die Rolle der Medien im Staat und deren für die Demokratie relevanten Aufgaben zu finden. Die Parteien waren sich einig, dass es nicht um eine Diskussion zu einzelnen Sendegefässen gehen könne, sondern um eine umfassende Service Public-Debatte im Medienbereich.

Seitens der Landesregierung nahm neben den erwähnten Magistratspersonen Bundeskanzlerin Corina Casanova an den Von-Wattenwyl-Gesprächen teil.


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