Experimentelle Behandlungen: Bestehende Vorgaben besser umsetzen

Bern, 11.12.2015 - Ärztinnen und Ärzte können unter bestimmten Bedingungen unerprobte Therapien anwenden, wenn die etablierten Heilverfahren nicht erfolgreich sind. Der Schutz der Patientinnen und Patienten sowie der Zugang zu experimentellen Behandlungen kann jedoch noch verbessert werden. Dies zeigt der Bundesrat in einem Bericht auf und nennt mögliche Massnahmen für Bund, Kantone, medizinische Fachverbände und Patientenorganisationen.

Das Vorgehen bei experimentellen medizinischen Behandlungen ist rechtlich ausreichend geregelt, und die Patientenrechte sowie die ärztlichen Sorgfaltspflichten sind grundsätzlich unstrittig. Dies hält der Bundesrat in seinem Bericht über Heilversuche fest. So müssen Patientinnen und Patienten etwa über die besonderen Risiken, die unklaren Erfolgsaussichten und über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt werden. Auch müssen Ärztinnen und Ärzte darlegen, inwiefern aus medizinischer Sicht der Nutzen gegenüber dem Risiko überwiegt. Zudem hat die Schweizeri¬sche Akademie der Medizinischen Wissenschaften (SAMW) die Pflichten bei Heilver¬suchen in ihren neuen Richtlinien „Abgrenzung von Standardtherapie und experimenteller Therapie" ausgeführt. Sie verlangt unter anderem, dass Entscheide zu experimentellen Therapien in der Regel nicht von einer Fachperson allein getroffen werden.

Der Bundesrat sieht allerdings Verbesserungsbedarf in der Umsetzung dieser verschiedenen Regelungen, insbesondere bei der Aufklärung der Patientinnen und Patienten, bei der Transparenz, dem Erfahrungsaustausch unter den Fachpersonen und dem Zugang zu neuen Behandlungen. Insofern sind die Kantone angesprochen, die in ihrer Kompetenz liegende Aufsichtstätigkeit im Hinblick auf die Einhaltung von Sorgfaltspflichten zu prüfen. Die medizi-nischen Fachkreise sind gefordert, den Wissensaustausch zu verbessern, insbesondere auch über negative Erfahrungen. Häufig sind beispielsweise vielversprechende neuartige Behandlungsmethoden nicht bekannt oder die für einen Entscheid notwendigen Informationen unzugänglich.

Auf Bundesebene soll mit der laufenden Revision des Heil¬mittelgesetzes unter anderem die Anwendung von Medikamenten, die in der Schweiz noch nicht zugelassen sind, präziser geregelt werden. Dadurch soll ein rascher und unbürokratischer Zugang zu erfolgversprechenden Substanzen gewährleistet werden, ohne dabei den Schutz der Patientinnen und Patienten zu vernachlässigen. Für die Qualität experimenteller Behandlungen ist zudem die nationale Strategie Seltene Krankheiten wichtig, die der Bundesrat 2014 im Rahmen der Strategie Gesundheit2020 genehmigt hat und die derzeit umgesetzt wird.

Experimentelle Behandlungen sind ein wichtiges Element der Gesundheits¬versorgung. Ärztinnen und Ärzte dürfen nicht vollständig geprüfte Heilmittel oder Heilverfahren anwenden, wenn etablierte Therapien nicht erfolgreich oder verfügbar sind. Diese „Heilversuche" entsprechen einem Versuch zur Therapie einer Einzelperson. Werden sie wiederholt angewendet, sollen sie als Forschungsprojekt nach den Vorschriften des Humanforschungsgesetzes durchgeführt werden. Angewendet werden experimentelle Behandlungen insbesondere in Bereichen, in denen es oft an etablierten Therapien fehlt, so etwa bei Kindern, älteren Personen sowie Patientinnen und Patienten mit einem Krebsleiden oder einer seltenen Erkrankung.

Mit dem Bericht erfüllt der Bundesrat eine Motion der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrats vom Januar 2011 (11.3001).


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