Rückkehr zur privilegierten Besteuerung von Baulandreserven der Landwirtschaft

Bern, 11.03.2016 - Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung die Botschaft zum Bundesgesetz über die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke verabschiedet. Er setzt damit eine vom Parlament überwiesene Motion um. Alle Grundstücke des Anlagevermögens eines Land- oder Forstwirtschaftsbetriebs sollen von einer privilegierten Besteuerung profitieren, wie sie bis 2011 galt.

Gewinne aus dem Verkauf land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke waren bis zu einem Grundsatzentscheid des Bundesgerichts im Jahr 2011 von der direkten Bundessteuer befreit (BGE 138 II 32). Im Jahr 2011 begrenzte das Bundesgericht dieses Privileg auf Grundstücke, die dem Bundesgesetz über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) unterstellt sind. Die Gewinne aus dem Verkauf von Baulandreserven des Anlagevermögens land- und forstwirtschaftlicher Betriebe sind seither vollumfänglich steuerbar.

In Erfüllung einer Motion von Nationalrat Leo Müller (12.3172) sieht die heute verabschiedete Botschaft die Rückkehr zur privilegierten Besteuerung für Gewinne sämtlicher Grundstücke eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs vor. Damit würde der Wertzuwachsgewinn bei der direkten Bundessteuer steuerbefreit. In den Kantonen soll der Gewinn der Grundstückgewinnsteuer unterliegen.

Kontroverse Vernehmlassung

In der Vernehmlassung war das Projekt umstritten. Aus Sicht der Befürworter haben der Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2011 und die damit verbundene Änderung der Steuerpraxis die finanzielle Belastung auf Grundstückgewinnen von Landwirten um ein Mehrfaches erhöht. Gemäss den Befürwortern ist diese Belastung zum Teil untragbar geworden. Die Gegner der Vorlage argumentieren teilweise mit verfassungsrechtlichen Aspekten. Insbesondere werden die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und die rechtsgleiche Behandlung gegenüber anderen selbständig Erwerbenden in Frage gestellt. Weiter werden die finanziellen Auswirkungen der Vorlage, insbesondere die Mindereinnahmen beim Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer, als problematisch eingeschätzt.

Der Bundesrat verzichtet aus finanzpolitischen und verfassungsrechtlichen Gründen auf einen Antrag auf Zustimmung zur Vorlage. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung würde zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung führen und dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widersprechen. Vor dem Hintergrund der überwiesenen Motion hat er aber entschieden, eine Botschaft an das Parlament zu verabschieden. Die Bundesversammlung wird darüber entscheiden, ob sie das Gesetzesprojekt umsetzt.

Finanzielle Folgen

Die finanziellen Folgen sind aufgrund verschiedener Faktoren mit Unsicherheiten behaftet. Der vorliegende Gesetzesvorschlag kann bei der direkten Bundessteuer mittel- bis längerfristig zu geschätzten Mindereinnahmen von rund 200 Millionen Franken pro Jahr führen. Einen Teil der Mindereinnahmen tragen die Kantone via Kantonsanteil an der direkten Bundessteuer. Bei den Kantons- und Gemeindesteuern sind die finanziellen Auswirkungen insbesondere von der Besteuerungsweise der Grundstückgewinne abhängig. Gesamtschweizerisch betrachtet ist auch für die Kantons- und Gemeindesteuern mit Mindereinnahmen zu rechnen. Die Ausfälle an AHV-, IV- und EO-Beiträgen können sich mittel- bis langfristig auf schätzungsweise ebenfalls rund 200 Millionen Franken pro Jahr belaufen. Obwohl der Legislaturfinanzplan 2017-2019 des Bundes auf der Grundlage der Situation vor der Praxisänderung erstellt wurde, erachtet der Bundesrat die finanziellen Auswirkungen dieses Gesetzesprojektes als beträchtlich. Angesichts der angespannten Finanzlage hat der Bundesrat am 17. Februar 2016 festgehalten, dass Mehrbelastungen, welche beispielsweise durch die Mindereinnahmen bei Annahme des vorliegenden Entwurfs entstehen würden, zu verhindern sind.


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