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MedienmitteilungVeröffentlicht am 15. Oktober 2025

Der Bundesrat hält die Einführung von gemeinsamen Gutachten in der Invalidenversicherung für unangemessen

Bern, 15.10.2025 — Medizinische Gutachten sind ein zentrales Element der Invalidenversicherung (IV). Sie sind eines der Instrumente, die fundierte Entscheide für oder gegen die Ausrichtung einer Rente ermöglichen. Der Bundesrat hat sich an seiner Sitzung vom 15. Oktober 2025 gegen einen Gesetzesentwurf der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) ausgesprochen. Bei monodisziplinären Gutachten sah die Vorlage der SGK-N ein gemeinsames Gutachten vor, das die von der IV bezeichnete sachverständige Person und die von der versicherten Person ausgewählte sachverständige Person erstellen, wenn vorgängig keine Einigung über die Wahl der Sachverständigen zustande kommt. Der Bundesrat erachtet die von der SGK-N vorgebrachten Anliegen als legitim, ist aber der Ansicht, dass das angestrebte Ziel auch mit dem aktuellen Verfahren erreicht werden kann. Die Vorlage der SGK-N würde im Übrigen die Abläufe erschweren, ohne eine bessere Akzeptanz der Ergebnisse der Gutachten bei den Versicherten zu erzielen.

Braucht es ein monodisziplinäres medizinisches Gutachten, um über die Ausrichtung einer Rente zu entscheiden, bezeichnet die IV-Stelle eine sachverständige Person. So sieht es das geltende Gesetz vor. Ist die versicherte Person mit dieser Wahl nicht einverstanden, kann sie eine andere sachverständige Person vorschlagen. In fast allen Fällen einigen sich die IV-Stelle und die versicherte Person. Lediglich in 12 von insgesamt 3802 monodisziplinären Gutachtenaufträgen kam 2024 keine Einigung über die Wahl der sachverständigen Person zustande.

Die SGK-N spricht sich jedoch dafür aus, dass ab Beginn des Verfahrens ein echter Konsens gefördert wird. Um die parlamentarische Initiative 21.498 «Umsetzung des Berichtes zur Evaluation der medizinischen Begutachtung in der IV» zu konkretisieren, hat sie einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der die Einführung eines gemeinsamen Gutachtens vorsieht, wenn keine Einigung über die Wahl der sachverständigen Person erzielt wird. Nach Ansicht der SGK-N müsste das Gutachten in solchen Fällen durch zwei Sachverständige erstellt werden, und zwar durch die von den beiden Seiten je ernannte sachverständige Person.

Für den Bundesrat sind die von der SGK-N vorgebrachten Anliegen legitim, die angestrebten Ziele können jedoch schon heute mit den bestehenden Instrumenten erfüllt werden. Die Empfehlungen aus dem Bericht zur Evaluation der medizinischen Begutachtung in der IV, auf die sich der Entwurf der SGK-N stützt, wurden in der letzten IV-Revision (Weiterentwicklung der IV) bereits berücksichtigt oder in den Weisungen IV übernommen. Vor diesem Hintergrund würde eine Gesetzesanpassung nicht die gewünschten Verbesserungen bringen. Das von der SGK-N vorgeschlagene Verfahren hätte zudem mehrere negative Auswirkungen. So würden sich die Fristen für die Fallbearbeitung verlängern, was dem Willen des Gesetzgebers entgegensteht, der mit der Weiterentwicklung der IV ein rasches Verfahren für die Versicherten anstrebte. Zudem wäre die Organisation der Gutachten komplizierter, insbesondere angesichts des Mangels an geeigneten Sachverständigen. Die Kosten würden ebenfalls ansteigen, ohne dass eine bessere Akzeptanz der Ergebnisse der Gutachten bei den Versicherten garantiert wäre. Aus diesen Gründen lehnt der Bundesrat die Vorlage der SGK-N ab.

Für den Bundesrat ist es jedoch wichtig, die Versicherten von Beginn weg in das Verfahren der medizinischen Begutachtung und in die Wahl der sachverständigen Person einzubeziehen. Damit kann der menschliche Aspekt besser berücksichtigt und das Vertrauen der Bevölkerung in das System der sozialen Sicherheit gestärkt werden. Im Rahmen der künftigen IV-Reform wird der Bundesrat neue Ansätze prüfen, um die Qualität der Gutachten zu verbessern sowie die Rechte und Handlungsmöglichkeiten der Versicherten zu stärken, sollte ein Mangel in diesem Bereich festgestellt werden. Ausserdem will er die Ausbildung der Sachverständigen und die Aufsicht verbessern, um eine einheitliche Praxis bei den IV-Stellen sicherzustellen.

Dokumente:

Links:

Parlamentarische Initiative 21.498: «Umsetzung des Berichtes zur Evaluation der medizinischen Begutachtung in der IV»

Bericht zuhanden des Generalsekretariats des Eidgenössischen Departements des Innern EDI (GS-EDI): Evaluation der medizinischen Begutachtung in der Invalidenversicherung