Der Bundesrat legt die Leitlinien zur Reform AHV2030 fest
Bern, 26.11.2025 — Der Bundesrat will die finanzielle Lage der AHV für den Zeitraum 2030 bis 2040 langfristig stabilisieren und die Versicherung an die gesellschaftliche Entwicklung anpassen. An seiner Sitzung vom 26. November 2025 hat er die Leitlinien zur Reform AHV2030 festgelegt und das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) beauftragt, bis im Frühjahr 2026 einen Vorentwurf vorzulegen. Der Bundesrat hat Massnahmen definiert, um das System fairer auszugestalten und Beschäftigte länger im Erwerbsleben zu halten. Zudem hat er Stossrichtungen zur finanziellen Konsolidierung der AHV formuliert. Diese sind abhängig von den Entscheiden des Parlaments zur Finanzierung der 13. AHV-Altersrente. Eine Erhöhung des Referenzalters ist nicht vorgesehen.
Um die AHV langfristig zu stabilisieren und an den gesellschaftlichen Wandel anzupassen, hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 26. November 2025 die Leitlinien zur AHV-Reform (AHV2030) verabschiedet. Ziel ist es, einerseits das System fairer auszugestalten, indem Lücken im Beitragssystem geschlossen werden, und andererseits Anreize für die Weiterbeschäftigung bis zum Erreichen des Referenzalters und darüber hinaus zu schaffen. Weiter wurden auch Massnahmen zur finanziellen Konsolidierung der AHV für den Zeitraum 2030 bis 2040 beschlossen. Nach den aktuellen Perspektiven braucht es keine zusätzliche Finanzierung, wenn das Parlament eine dauerhafte Finanzierungslösung für die 13. Altersrente beschliesst.
Fairere Beiträge, weniger Lücken
Das heutige System hat Schwachstellen, die zu Beitragslücken und tieferen Renten führen können. Andere soziale Institutionen, wie beispielsweise die Ergänzungsleistungen, müssen in die Bresche springen. Die vom Bundesrat geplanten Massnahmen im Beitragsbereich zielen darauf ab, die Beitragserhebung fairer auszugestalten, Beitragslücken zu vermeiden und den sozialen Schutz älterer Menschen zu verbessern.
So soll für die oberen Einkommensklassen der Beitragssatz für Selbstständige (im Schnitt 8,1 %) an jenen der Arbeitnehmenden (8,7 %) angeglichen werden. Im Grundsatz wird jedoch die sinkende Beitragsskala für Selbstständigerwerbende mit geringem Einkommen beibehalten, um einen zu starken Anstieg ihrer Beiträge zu vermeiden.
Neu sollen Kranken- und Unfalltaggelder nicht mehr von der Beitragspflicht der AHV befreit sein, wie dies bereits für Taggelder der Arbeitslosenversicherung, der eidgenössischen Erwerbsersatzversicherung, der Invalidenversicherung oder der Militärversicherung der Fall ist. Die Massnahme verhindert, dass erkrankte oder verunfallte Personen ihre AHV-Beiträge selber bezahlen müssen. Dadurch verbessert sich der Leistungsanspruch.
Der Bundesrat schlägt ausserdem vor, ungewöhnlich hohe Dividenden, die bestimmte Unternehmen an ihre Mitarbeiter-Aktionäre ausschütten, der Beitragspflicht zu unterstellen. Dividenden sind heute nicht AHV-pflichtig, was dazu führen kann, dass statt Lohn Dividenden ausbezahlt werden. Mit dieser Massnahme will der Bundesrat Missbräuche verhindern und für ein ausgewogeneres System zwischen Mitarbeiter-Aktionären und den anderen Angestellten sorgen.
Insgesamt dürften diese Massnahmen bis 2040 für die AHV zusätzliche Beitragseinnahmen von rund 700 Millionen Franken generieren.
Weiterbeschäftigung fördern
Der Bundesrat will das Arbeiten bis zum Erreichen des Referenzalters und darüber hinaus fördern. Zu diesem Zweck soll der Beitragsfreibetrag (Betrag, ab dem AHV-Beiträge erhoben werden) von 16 800 Franken auf 21 800 Franken pro Jahr angehoben und regelmässig an die Lohn- und Preisentwicklung angepasst werden. Die Einkommen, auf denen nach Erreichen des Referenzalters Beiträge anfallen, werden zusätzlich mit einem Faktor von 1,4 Punkten multipliziert, was eine Erhöhung des Rentenniveaus bis zur Maximalrente ermöglicht. Zudem werden die Kürzungssätze bei Rentenvorbezug sowie die Erhöhungssätze bei Rentenaufschub durch positive beziehungsweise negative Anreize moduliert und nicht mehr an die Lebenserwartung geknüpft.
Mit der Reform soll ausserdem das Höchstalter in der AHV wegfallen: Heute ist es nach dem 70. Geburtstag nicht möglich, die eigene Rente aufzubessern, obwohl Arbeitnehmende auch nach 70 weiter Beiträge einbezahlen müssen.
Vorgesehen sind auch ergänzende Massnahmen in der 2. und 3. Säule. So soll das Mindestalters, ab dem Versicherte ihre Altersleistung beziehen können, mit der AHV harmonisiert werden.
Der Bundesrat schlägt ferner vor, die Erziehungs- und Betreuungsgutschriften anzupassen. Die Gutschriften dienen dazu, die sozialen Aufgaben im Zusammenhang mit der Kindererziehung und der Betreuung von Angehörigen aufzuwerten. Künftig soll der Anspruch individuell und nicht mehr zivilstandsabhängig ausgestaltet sein.
Prüfung alternativer Modelle
Im Mai hat der Bundesrat beschlossen, auf eine allgemeine Erhöhung des Referenzalters zu verzichten, aber die Anreize für längeres Arbeiten im Alter zu verstärken. Im Hinblick auf eine kommende Reform will er die Grundlagen für eine Flexibilisierung des Referenzalters schaffen. Dazu sollen alternative Modelle geprüft werden, die beispielsweise die Schwere der Arbeit, den Beruf oder das Ausbildungsniveau berücksichtigen. Für solche Modelle braucht es jedoch zusätzliche individuelle Informationen, über die die AHV derzeit nicht verfügt (z. B. den Beschäftigungsgrad oder den Beruf). Die AHV2030 sieht daher vor, Arbeitgeber zur Meldung einiger zusätzlicher Informationen zu verpflichten, um die Grundlagen für eine künftige Reform zu ergänzen.
Finanzierung: drei Szenarien
Der Finanzierungsbedarf der AHV für den Zeitraum 2030 bis 2040 hängt von der Finanzierung der 13. Altersrente ab. Ausbezahlt wird die 13. Altersrente erstmals im Dezember 2026. Das Parlament muss in den kommenden Monaten entscheiden, wie sie finanziert werden soll. Für den Bundesrat ist es jedoch zentral, mit verschiedenen Szenarien voranzugehen, um die finanzielle Konsolidierung und Modernisierung der AHV rechtzeitig sicherzustellen. Wenn das Parlament eine nachhaltige Finanzierung der 13. Altersrente beschliesst, braucht es keine zusätzliche Finanzierung im Rahmen der AHV2030. Entscheidet sich das Parlament für eine befristete Finanzierung, will der Bundesrat den verbleibenden Finanzierungsbedarf über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte decken, zusätzlich zu den empfohlenen Massnahmen. Sollte das Parlament keine Zusatzfinanzierung beschliessen und sollten die aufgezeigten Massnahmen im Beitrags- und Leistungsbereich weiterverfolgt werden, wäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,7 Prozentpunkte in Kombination mit einer Beitragserhöhung um 0,2 Prozentpunkte oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,9 Prozentpunkte nötig, um die finanzielle Stabilität der AHV zu sichern. Der Bundesrat wird das Finanzierungsszenario entsprechend den endgültigen Beschlüssen des Parlaments anpassen.
Der Bundesrat erwägt zudem die Einführung eines politischen Interventionsmechanismus zur Stabilisierung der AHV, wenn sich die Lage des Ausgleichsfonds verschlechtern und sich abzeichnen sollte, dass der Fondsstand langfristig unter 90 Prozent sinken wird.
Auf der Grundlage der vom Bundesrat verabschiedeten Leitlinien wird das EDI einen Vorentwurf zur AHV-Reform ausarbeiten, der bis im Frühjahr 2026 in die öffentliche Vernehmlassung gehen soll.