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RedeVeröffentlicht am 28. August 2025

Städtetag in Brig-Glis

Brig-Glis, 28.08.2025 — Grusswort von Bundesrat Beat Jans

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Es gilt das gesprochene Wort

Geschätzte Stadtpräsidentinnen und Stadtpräsidenten
Sehr geehrte Damen und Herren

Es freut mich sehr, heute mit Ihnen hier in Brig-Glis zu sein. Für mich ist es ein Heimkommen: Zum einen wegen Brig-Glis, das ich letztes Jahr dank der ehemaligen Stadtpräsidentin Viola Amherd mit dem Bundesrat mehr als einmal besuchen durfte. Und zum anderen vor allem wegen Ihnen allen: Als ehemaliger Regierungspräsident des Kantons Basel-Stadt war ich auch Basler Stadtpräsident. Ich weiss, was es heisst, die Geschicke einer Stadt lenken zu dürfen – die Chancen, die Herausforderungen, die Spannungsfelder.

Der Städtetag ist ein besonderer Moment: Er bringt die Vielfalt unserer urbanen Räume zusammen, von den grossen Zentren bis zu den mittelgrossen Städten und Agglomerationen. Zusammen sind wir das Grundgerüst, das Rückgrat der Schweiz.

Brig ist seit 1911 offiziell eine Stadt. Seit jeher ist der Ort ein Handels- und Verkehrsknotenpunkt sowie das wirtschaftliche, kulturelle und gesellschaftliche Zentrum des Oberwallis. Die «Beförderung» war eine späte Anerkennung dieser Bedeutung, die Lage am Simplonpass seit dem Mittelalter strategisch wichtig. Und sie machte Kaspar Stockalper reich und mächtig. Er hat den Ort geprägt – nicht nur mit seinem Schloss – und dazu beigetragen, dass sich Brig zum Oberwalliser Hauptort entwickelte.

Geschätzte Vertreterinnen und Vertreter unserer Städte

Ich wohne mit meiner Familie im Matthäusquartier im Kleinbasel. Wir fühlen uns dort wohl und sicher. Es gibt Leute, die bezeichnen es als Problemquartier. Tatsächlich gibt es dort Probleme. Aber längst nicht nur. Es gibt gleichzeitig auch sehr viel Aufbruch, spannende Projekte, und zivilgesellschaftliche Initiativen. Das industriell geprägte Quartier lebt, ist jung, pulsiert, erfindet sich neu. Die Menschen, die Vielfalt, das Urbane, der rasche Wandel auf der Suche nach neuen Formen des Wohnens, des Zusammenlebens und des Arbeitens machen das Kleinbasel spannend, lebens- und liebenswert.

Mir war es von Anfang an wichtig, diese Erfahrungen und diese Sicht in den Bundesrat einzubringen. Die Position des Städteverbandes ist mir wichtig. Die Stimme der Städte und der urbanen Schweiz gehört in den Bundesrat. Nicht weil sie die einzig richtige ist,

sondern weil sie typisch schweizerisch ist: Fast drei Viertel unserer Bevölkerung leben im urbanen Raum.

Chers représentantes et représentants des villes

Les villes sont pleines d’énergie. Elles sont des centres d’innovation, de dynamisme économique, d’éducation et de culture – mais aussi des espaces où les fractures sociales sont visibles. C’est dans les villes que les évolutions sociales se dessinent avant de se diffuser dans le reste du pays. Le virage du numérique, les migrations, l’intégration sociale ou la transition énergétique – c’est d’abord dans les villes qu’on ressent tous ces changements.

C’est pour ça que les villes sont des catalyseurs, des moteurs. Des idées y germent, des solutions y sont testées, qui seront ensuite utiles au pays tout entier. Les villes – à l’image du fédéralisme – sont des laboratoires dans lesquels on invente l’avenir :

  • Pour la protection du climat, ce sont les villes qui vont de l’avant, avec les nouvelles formes de mobilité, les stratégies pour lutter contre la chaleur ou la végétalisation des quartiers. Les villes sont en pointe dans ces développements.
  • Pour l’intégration des migrantes et des migrants également. Ce sont en premier lieu les villes qui cherchent et qui trouvent – qui doivent trouver – les moyens de favoriser le vivre ensemble. Les villes font avancer le travail de la Suisse en matière d’intégration.
  • Et dans les domaines de la culture et de l’éducation aussi,
    ce sont souvent les villes qui offrent des champs d’expérimentation et ouvrent de nouvelles perspectives.

Les villes représentent des laboratoires qui ont cependant besoin de marge de manœuvre, ainsi que du soutien de la Confédération et des cantons.

Die Schweiz ist stark, weil wir verschiedene Ebenen haben, die Verantwortung tragen. Der Föderalismus erlaubt Vielfalt und Nähe zur Bevölkerung. Er verlangt aber auch, dass wir einander zuhören und die spezifischen Rollen anerkennen.

Die Städte sind nicht nur lokale Akteure. Sie haben nationale Bedeutung. Was Zürich, Genf, Basel oder Bern entscheiden, hat oft Auswirkungen über ihre Grenzen hinaus. Auch kleinere Städte wie Brig-Glis, Chur oder Biel sind Taktgeber ihrer Regionen. Die nationale Politik muss diese Bedeutung ernst nehmen. Darum mache ich mich in meinem Departement dafür stark, dass die Städte in wichtigen Fragen früh einbezogen werden:

  • Zum Beispiel auch bei der Asylstrategie, die wir gemeinsam am Erarbeiten sind. Nicht nur die Kantone, sondern auch die Gemeinden und Städte haben wir frühzeitig begrüsst und eingebunden. Weil ich weiss, dass ein solches Projekt nur gelingen kann, wenn Sie auch an Bord sind.
  • Auch wenn es um Sicherheit, Polizeiarbeit oder die Bekämpfung Häusliche Gewalt geht, geht nichts ohne die Städte. Weil Sie die Probleme aus erster Hand kennen, weil Sie Lösungsansätze haben, weil Sie am besten wissen, um was es geht. Weil Sie nah bei den Menschen sind.

Ich erlebe die Vertreterinnen und Vertreter der Städte – auch die des Städteverbandes – immer als ausgesprochen engagiert, lösungsorientiert und kompetent. Herzlichen Dank!

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Ich weiss, in fast allen Regionen gibt es Stimmen, die sagen: «Die Städte dominieren, ziehen Ressourcen zu sich und geben den Ton an». Sie finden, das Land werde übergangen. Gleichzeitig fühlen sich die Menschen in der Stadt häufig vom Land übervorteilt.

Stadt und Land gegeneinander auszuspielen, das ist Unsinn. Stadt und Land sind keine Gegensätze, sie bedingen und ergänzen sich. Durch das Land wird die Stadt zur Stadt und umgekehrt. Als gelernter Landwirt weiss ich: Lebensmittel, Energie und Rohstoffe kommen mehrheitlich aus den Regionen. Universitäten, Spitäler und kulturelle Angebote finden sich hingegen vor allem in den Städten. Nur gemeinsam funktioniert die Schweiz.

Wir leben in einer Zeit grosser Herausforderungen. Die geopolitischen Spannungen, die wirtschaftlichen Unsicherheiten, die Klimakrise – all das fordert uns. Jetzt braucht es Städte, die voran und neue Wege gehen. Aber es braucht auch eine Politik auf Bundesebene, die diese Wege unterstützt und nicht blockiert. Ich sehe meine Aufgabe darin, Brücken zu schlagen: Zwischen den Städten und dem Bund. Zwischen Stadt und Land.

Liebe Städterinnen und Städter

Der Städtetag zeigt eindrücklich, wie vielfältig unsere Städte sind – und was sie für die Schweiz leisten. Als Bundesrat stehe ich dafür ein, dass diese Kraft gesehen, gehört und geschätzt wird. Damit unsere Städte Orte des Aufbruchs, der Innovation und des Miteinanders bleiben. Die Schweiz braucht das – und die Welt sowieso.

Zum Schluss aus aktuellem Anlass noch etwas zu Stockalper: Er schaltete und waltete nach Belieben. Das halbe Wallis stand bei ihm in der Kreide. Bis er mit vereinten Kräften gestürzt wurde. Die Anklageschrift legte ihm unter anderem zur Last, er habe seine Stellung als Landeshauptmann missbraucht, er habe sich Ämter erschlichen und er habe – Achtung! – willkürlich Zölle erhöht. Ich lasse das einfach mal so stehen.

Herzlichen Dank!