Liebe Mitglieder der FDP,
liebe Freunde

Sie haben soeben das Positionspapier „Gerechte Schweiz“ verabschiedet. Das freut mich. Es war an der Zeit, dass die FDP die „Gerechtigkeit“ wieder für sich pachtet.

Ist ein demokratischer Staat ohne Gerechtigkeit vorstellbar?

Ich glaube nicht. Eine demokratische Gesellschaft versucht, allen Menschen „Güter“ bereitzustellen. Zu diesen Gütern gehört auch die Gerechtigkeit.

Es stellt sich natürlich danach die Frage, was die Gerechtigkeit beinhalten soll. Nur der demokratische Dialog, der Austausch von Ideen und Interessen ermöglicht es, Lösungen zu finden, die jeder und jedem Gerechtigkeit widerfahren lässt.

Die freisinnig-demokratische Partei ist die Partei der Demokratie. Es gehört also zu ihren Grundaufgaben, sich zur Gerechtigkeit, insbesondere zur sozialen Gerechtigkeit zu äussern.

Welches ist nun unsere liberale Vision der Gerechtigkeit, der sozialen Gerechtigkeit?

Für mich ist die Grundlage der liberalen Vision die Würde des Menschen. Wer liberal ist, glaubt an die Würde und das Verantwortungsbewusstsein eines jeden Menschen. Der Liberale führt also eine Sozialpolitik, damit jeder in Würde seine Verantwortung wahrnehmen kann. Wenn jemand aus irgendeinem Grund diese nicht ganz wahrnehmen kann, hat er das Anrecht auf die Solidarität der Mitmenschen über den Staat oder private Organisationen.

Die FDP steht mit ihrer Philosophie allein

Grundsätzlich kann man die verschiedenen Verständnisse von Sozialpolitik in vier Gruppen aufteilen.

Im Zentrum der Linken steht die „Gleichheit“. Im Sinne dieser „Gleichmacherei“ hätten beispielsweise im idealen Fall alle dasselbe Salär. So ist auch logisch, dass in einem solchen Verständnis die Umverteilungspolitik im Zentrum steht. Wer zu viel Talent hat, passt nichts ins Schema, denn nur die Schwachen sollen gefördert werden. Lieber alle arm, als grosse Unterschiede zwischen reich und arm. Die Linke promoviert den Klassenkampf von unten. Die Neidgesellschaft ist Trumpf.

Die Christlichdemokraten sehen, aus ihrer christlichen Tradition heraus, die Sozialpolitik als Inbegriff der „charité“, der Barmherzigkeit. Der Empfänger soll dankbar sein für die gutmütige Gabe derjenigen, denen es gut geht. Sozialpolitik ist etwas für die guten Herzen. Der Staat, der Sozialpolitik betreibt, ist gutherzig und gut.

Für gewisse Kreise in der SVP wird die Sozialpolitik vor allem vom „Missbrauch“ dominiert. Diese schaffen ein Klima des Misstrauens gegenüber allen Schwachen. Wer schwach ist, wird als potentiell „schlecht“ und als „Profiteur“ betrachtet. Es wird gewissermassen ein Klassenkampf von oben geführt. Der Neid auf die bezahlten Schwachen ist Trumpf.

Von den erwähnten drei Philosophien hebt sich die Philosophie der FDP deshalb wohltuend ab. Wir setzen ins Zentrum unserer Politik die Würde des Menschen. Wir wollen durch die Bildungspolitik die gleichen Startbedingungen für alle schaffen. Wer aber trotzdem zu einer bestimmten Zeit Schwierigkeiten hat, soll , falls notwendig mit der Unterstützung des Staates, befähigt werden, wieder auf den eigenen Füssen zu stehen. Wir Freisinnigen sind für eine Chancengesellschaft. Wir sind für das lebenslange Prinzip der zweiten Chance. Wir sorgen für eine moderne Sozialpolitik. Wir wollen eine aktive, integrierende Sozialpolitik, die weiter geht als die traditionelle, kompensatorische Sozialpolitik.

Traditionelle Sozialpolitik

Auf was stützt sich eigentlich die traditionelle Sozialpolitik?

Die traditionelle Sozialpolitik ist seit langem dazu da, bei bestimmten eingetretenen Risiken, wie Arbeitslosigkeit, Invalidität oder materieller Not reparativ einzugreifen. Dies geschieht insbesondere durch die Sozialversicherungen. Diese „Sozialversicherungspolitik“ beruht aber auf Postulaten, die je länger je weniger gelebt werden. Die stillschweigend angenommenen Voraussetzungen bei der Entstehung der Sozialversicherungen waren Folgende:
• klare Grenzen zwischen den verschiedenen Phasen des Lebens (Kindheit Studienzeit, Berufsleben, Rentner)
• klare Rollentrennung von Mann und Frau innerhalb der Familie (Frau zu Hause, Mann erwerbstätig)
• Modell der traditionellen Familie vorrangig
• ununterbrochene Erwerbstätigkeit

Wir alle wissen, dass eine solche Sichtweise heute nicht mehr realitätskonform ist. Die Lebensläufe sind individueller und verschiedenartiger geworden. Immer öfter werden verschiedene Aktivitäten im selben Zeitabschnitt oder nacheinander ausgeübt, und zwar in allen Zeitabschnitten des Lebens.

Die „Einernährerfamilie“ schwindet immer mehr. Kinder leben ihre ganze Kindheit nicht mehr mit beiden biologischen Elternteilen. Die Scheidungen nehmen zu und neu „komponierte“ Familienformen nehmen zu. Auch das Berufsleben wird des öftern unterbrochen von Arbeitslosigkeit, gesundheitlichen Schwierigkeiten, Fortbildungsphasen, Kindererziehung oder der Pflege älterer Menschen.

Aktive Sozialpolitik

Im Wissen um diese Ausgangslage muss aus liberaler Sicht die Befähigung der Menschen zu einem selbst bestimmten und eigenverantwortlichen Leben in möglichst jeder Lebensphase ins Zentrum der Sozialpolitik gestellt werden.

Die Politik soll sich möglichst an den vorhandenen Potentialen und Fähigkeiten der Menschen und der Gesellschaft und nicht ausschliesslich an deren möglichen Defiziten orientieren.

Sozial und gerecht ist, was Menschen in die Lage versetzt, ihr Leben so zu gestalten, wie sie es selbst gerne möchten. Eine Politik, die Menschen möglichst dauerhaft in Abhängigkeit bringt, ist letztlich ungerecht und unsozial.

Gute Sozialpolitik hängt nicht in erster Linie von einer ganz bestimmten Rentenhöhe oder einer bestimmten Anzahl Rentnern ab. Die Qualität von Sozialpolitik im oben genannten Sinne hängt nicht von der Quantität sozialer Transfers ab. Deshalb sind Debatten über möglichst grosse Umverteilungen irreführend und zielen an den wirklichen Problemen vorbei.

Wir müssen eine aktive Sozialpolitik verfolgen, die in möglichst vorteilhafte Rahmenbedingungen für die Menschen investiert, statt sich darauf zu beschränken, die Härten nachgelagert zu versichern. Wir brauchen also eine Abkehr von der reaktiven, nur auf dem Prinzip der Kompensation beruhenden Politik.

Bildungspolitik ist die beste Sozialpolitik

Aktive Sozialpolitik darf sich nicht damit abfinden, individuelle Lebenschancen durch soziale, regionale oder ethnische Herkunft vorauszubestimmen. Die beiden Politikfelder, welche gegen diese Missstände ankämpfen und daher Priorität geniessen, sind die Bildung und der Zugang und die Befähigung zur Arbeit.

Bildung vermindert Arbeitslosigkeit. Die Erwerbsarbeit wiederum ermöglicht nachweislich die individuelle Integration in die Gesellschaft. Nichts ist somit so sozial wie die Ausweitung der Bildungschancen für alle. Das ist präventive Sozialpolitik, weil sie verhindert, dass nachgelagert mit Transferzahlungen gegen den sozialen „Schadensfall“ angekämpft werden muss. Bildungspolitik muss erste Priorität sein.

Zweitwichtigste Priorität ist die Erhaltung und Erhöhung der Erwerbsquote. Jugendlichen, Frauen, Immigranten, älteren Menschen muss wieder ermöglicht werden, zu arbeiten. Hier zeigt der Trend aber, dass die Erwerbstätigkeit im Lebensverlauf sich zunehmend verkürzt. Dieser Entwicklung muss entgegengewirkt werden.

Die Politik muss die neuen Realitäten anerkennen.  Indem wir in die Fähigkeiten der Menschen investieren, ihr Leben selber zu meistern, werden wir der neuen Situation am ehesten gerecht.

Dies erlaubt uns, das individuelle Wohlergehen zu stärken, soziale Transferleistungen nicht unbeschränkt ausbauen zu müssen, aber gleichzeitig den Ausschluss aus der Gesellschaft sowie Armut effizient und energisch entgegenzutreten.

Die „Lebenszyklusperspektive“

Wir müssen der Tatsache Rechnung tragen, dass die Situation eines Menschen in einer gegebenen Phase unweigerlich dessen Situation in der nächsten Phase beeinflusst. In einer solchen Sicht, orientiert nach Lebenszyklen, können Probleme antizipiert werden. Es geht also darum, die Erfahrungen der Kindheit, des Haupterwerbsalters und des Rentenalters miteinander zu verknüpfen.

Welche Lebenszyklen sind zu berücksichtigen?

Aktive Sozialpolitik muss

• Kindern den bestmöglichen Start ins Leben ermöglichen...
• den Eltern dabei helfen, Arbeit und Familienleben unter einen Hut zu bringen...
• Menschen im Haupterwerbsalter bei der Überwindung von Hindernissen helfen, die ihnen eine qualifizierte Erwerbstätigkeit erschweren...
• die Teilhabe älterer Menschen am wirtschaftlichen und sozialen Leben fördern
• die Langzeitpflege für alle sicherstellen.

Das soeben verabschiedete Positionspapier geht genau in diese Richtung. Hierfür gratuliere ich Ihnen.

Die 5. IV-Revision als exemplarisches Beispiel

Ein wichtiges Beispiel für diese neue Sozialpolitik ist die 5. IV-Revision. Denn sie macht in exemplarischer Weise den beschriebenen Paradigmenwechsel deutlich.

Das gelebte Prinzip der vorgelegten Revision heisst „Reintegration vor Rente“. Wir kämpfen dafür. Wer hingegen einer traditionellen Sicht nachhängt, wer noch immer das Prinzip „Wenn möglich eine Rente“ verinnerlicht hat, der sagt nein, so wie es die Linke tut.

C’est un choix important. Il appartiendra au peuple de dire s’il est d’accord sur les nouvelles priorités que nous souhaitons introduire.

La 5e révision, bien qu’elle contienne des mesures d’économies, prévoit en effet surtout des instruments permettant de mieux intégrer ou de mieux réintégrer les personnes souffrant d’un handicap dans le monde du travail.

Le référendum remet en question l’introduction de ces mesures ou du moins retarde leur application. Ces retards prétéritent la situation des personnes que les référendaires affirment défendre. Nous avons le devoir d’améliorer l’intégration des ces personnes qui sont plus nombreuses que l’on voudrait bien le croire.

En 2006, on a versé quelques 257 000 rentes AI. 257 000, c’est presque le nombre cumulé des habitants de Genève et de Lausanne ou de Bâle et Winterthur.

Jusqu’il y a quelque temps encore, il semblait qu’il existait un consensus dans ce domaine. Le 11 octobre dernier, l’USS a renoncé a lancer le référendum en saluant notamment les mesures de réadaptation prévue dans la 5ème révision de l’AI. Aujourd’hui, l’USS soutient le référendum en argumentant qu’il faut augmenter le nombre des réadaptations. Comprenne qui pourra !

Si la révision de l’AI est importante pour les handicapés, elle l’est autant pour les bénéficiaires de l’AVS. La situation financière de l’AI est catastrophique. Fin 2006, son endettement s’élevait à 9,3 milliards de frs. Chaque année, un déficit d’environ 1,6 milliard vient s’y ajouter. Chaque jour, l’AI perd entre 4,3 millions de francs !

Cette spirale déficitaire est un poison pour l’AVS. Si l’on ne fait rien, la dette de l’AI doublera d’ici 2012 pour s’élever à 20 milliards de frs. L’AVS qui fait comptes communs avec l’AI serait dès lors insolvable à partir de 2018.

On le sait, les mesures d’économie et de réintégration que nous proposons ne suffiront pas à assainir l’AI. Il faut des recettes supplémentaires. La 5e révision de l’AI est par conséquent le premier pas indispensable pour améliorer la situation financière catastrophique de l’AI. Elle permettra de réduire le déficit annuel de 321 millions de francs et d’apporter en outre une réponse aux situations humaines qu’elle doit affronter chaque jour.

La 5e révision a pour objectif de renforcer l’intégration tout en poursuivant des mesures d’économies devenues essentielles. Nous voulons mieux intégrer les personnes en incapacité de travail pour raisons de santé. Comment y parvenir ? En améliorant la détection des problèmes et en intervenant plus tôt. Ce sont des mesures simples et logiques comme permettre à une personne d’adapter son poste de travail ou son placement dans l’entreprise.

Aujourd’hui déjà, cela se fait. Mais pas encore à assez grande échelle et surtout beaucoup trop lentement. La procédure actuelle dure entre 2 à 3 ans. Nous voulons la ramener afin d’octroyer les premières prestations après déjà 2 ou 3 mois. L’expérience démontre que les chances de réadaptation sont nettement accrues si le cas est traité rapidement. Après 12 mois, les chances d’une réadaptation sont inférieures à 20% !

La révision permettra également d’offrir des mesures de réinsertion préparant à la réadaptation professionnelle. Ces mesures visent principalement les personnes présentant un handicap psychique. Là aussi, il s’agit de mesures indispensables. 40 % des nouvelles rentes sont en effet accordées en raison de problèmes psychiques.

Notre politique qui prône « la réadaptation plutôt que la rente » est aussi indispensable pour contrer un autre phénomène récent. Celui du passage à l’AI à un âge toujours plus précoce. C’est parmi les jeunes de moins de 44 ans que l’augmentation est la plus forte.

C’est catastrophique. Humainement d’abord, pour ces personnes écartées définitivement de la vie professionnelle alors qu’un petit coup de pouce donné au bon moment aurait pu les maintenir dans la vie professionnelle active. Financièrement ensuite. Une personne jeune mise à l’AI coûte évidemment très cher à cette assurance.

C’est pour corriger ces tendances que nous proposons des mesures de réinsertion. Des mesures qui ont un coût puisque près de 500 mio de frs par an seront investis à cet effet. C’est un investissement sur l’avenir. C’est incompréhensible qu’il soit contesté par les partis de gauche.

L’effort est d’autant plus à saluer que la Suisse est déjà exemplaire dans ce domaine. Notre marché du travail est le plus intégrateur de l’OCDE ! Les conditions du marché sont toutefois devenues plus difficiles et plus complexes que par le passé de sorte que seule une réintégration professionnalisée peut être efficace.

Cette 5ème révision s’inscrit dans le prolongement de la 4ème révision. Je rappelle simplement que l’amélioration des instruments de mise en œuvre et de surveillance ont porté leurs fruits. En 2006, les nouvelles rentes ont baissé de plus de 30% par rapport à 2003 et l’effectif des rentes s’est pour l’instant stabilisé. Toutefois, le potentiel des mesures apportées par la 4e révision touche à sa limite et seule la 5e révision peut permettre de continuer à progresser sur le terrain de l’assainissement.

Au vu de tous ces éléments, convenons que la 5e révision de l’AI est exigeante mais équitable.

Exigeante parce qu’on supprime certains avantages datant d’un autre temps. Je pense notamment au supplément de carrière conçu à l’époque ou l’on gagnait forcément plus en fin de carrière qu’au début. Je pense aussi à la rente complémentaire versée au conjoint des personnes touchant une rente AI. Ces rentes ont été remplacées pour les nouveaux rentiers, depuis 2004, par des allocations pour impotents d’un montant double. Les rentes complémentaires en cours sont donc en quelque sorte un double paiement qui ne se justifie plus.

Si elle est exigeante, cette révision est équitable puisqu’en échange de ce qui est supprimé, on renforce les mesures à l’égard des plus vulnérables aujourd’hui : les personnes qui ont des problèmes psychiques.

Le Conseil fédéral et le Parlement dans sa majorité considèrent la 5e révision de l’AI comme une solution d’avenir car :
• elle vise la plus grande réinsertion possible dans le monde du travail ;
• elle agit préventivement en vue de maintenir les postes des personnes handicapées ou de leur procurer des emplois appropriés ;
• elle rend les personnes handicapées plus fortes et contribue à leur qualité de vie ;
• elle agit contre l’octroi de rentes qui ne sont pas indispensables ;
•  elle économise de façon ciblée et socialement acceptable sur quelques prestations, tout en investissant des sommes considérables dans le renforcement de la réadaptation, stratégie payante au bout du compte ;
• elle assainit les structures de l’AI en la recentrant sur la réadaptation ;pose les bases nécessaires à l’assainissement financier d’une assurance surendettée ;
• elle prévient l’épuisement de la fortune de l’AVS ;
• elle permet à chacune et à chacun de continuer à pouvoir compter sur le soutien de l’AI s’ils en ont besoin un jour.

C’est maintenant au peuple suisse qu’il appartient de décider. Veut-il soutenir la 5e révision et privilégier ainsi le maintien dans la vie active des personnes handicapées ou préfère-t-il s’opposer à cette révision pour des motifs idéologiques et laisser l’AI continuer à sombrer dans les déficits ?

Schlussfolgerungen

Sie haben verstanden, weshalb die Annahme der 5. IV-Revision so wichtig ist. Sie steht für eine moderne, liberale und gerechte Sozialpolitik, so wie wir sie verteidigen.

Seit vier Jahren weht in der Sozialpolitik ein anderer Wind. Sie bekräftigen mit dem heutigen Positionspapier diese Richtung.

Kämpfen wir gemeinsam für diese moderne, liberale und gerechte Sozialpolitik!

Delegiertenversammlung FDP Schweiz - Moderne Sozialpolitik und die IV-Revision