Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrter Herr Direktor,
sehr geehrte Frau Regierungsrätin,
sehr geehrte nationale- und kantonale Parlamentarier,
sehr geehrte Damen und Herren,

Für die Einladung zu Ihrer Generalversammlung danke ich Ihnen herzlich.

Ich bin gerne in Ihre Region gekommen, denn hier hat sich in den letzten Jahren Einiges zum Guten entwickelt. Früher, wenn die Schweiz konjunkturell hustete, hatte der Kanton Solothurn Fieber. Heute werden Sie kaum noch von einem Schnupfen geplagt, weil sich die Wirtschaft im Kanton diversifiziert und strukturell modernisiert hat. Sie haben innovativ unternehmerische Nischen besetzt; Bio- und Nanotechnologie, Dienstleistungen und Logistik.

So wie der Kanton Solothurn, so steht heute auch die Schweiz gut da. Im Jahre 2006 ist das Bruttoinlandprodukt um 2,7% gewachsen. Und aufgrund des relativ freundlichen weltwirtschaftlichen Umfelds und der robusten Inlandkonjunktur haben wir die Wachstumsprognosen für dieses Jahr von 1,7% auf 2% korrigiert. Dieses Bild spiegelt sich in den Unternehmensgewinnen und in der weiterhin sinkenden, tiefen Arbeitslosigkeit. Im letzten Jahr ging die Zahl der Arbeitslosen in der Schweiz um ein halbes Prozent auf 3,3 Prozent zurück. Wie sich die Erholung auf dem Arbeitsmarkt fortsetzen wird, zeigen die ersten drei Monate des laufenden Jahres. Im März lag die Arbeitslosenquote noch bei 3,0%. Heute werden wieder Stellen geschaffen; auch mehr Lehrstellen. Die Schweizer Wirtschaft hat noch nie so viele Arbeitsplätze angeboten wie heute. Dank der Personenfreizügigkeit mit der Europäischen Union konnten wir unseren Bedarf an Fachkräften decken.

Diese gute Situation sollten wir für Reformen nutzen; etwa im Bereich der Arbeitslosenversicherung. Der Bundesrat will noch in diesem Frühling eine ausgewogene Vorlage präsentieren, bei der sich Einsparungen und Mehreinnahmen durch höhere Lohnprozente die Waage halten.

Auf der anderen Seite hat der boomende Aussenhandel 2006 fast alle Rekorde gebrochen. Eine Entwicklung, die sich in den ersten Monaten dieses Jahres fortsetzte. Die Exporte schnellten im Vergleich zum Vorjahr um 12,9 Prozent in die Höhe; die Importe erhöhten sich um 11,0 Prozent. Die Handelsbilanz schloss 2006 mit dem höchsten je im Schweizer Aussenhandel registrierten Überschuss von 11,6 Milliarden Franken. Nicht umsonst wird die Schweiz gemäss WEF-Report über Global Competitiveness als die derzeit wettbewerbsfähigste Volkswirtschaft eingestuft; vor Dänemark, Singapur, USA, Japan, Deutschland.

Wenn Sie als Unternehmer mit dem Wirtschaften und wir als Politiker mit dem Politisieren so weiter machen, dann können wir das 2007 so abschliessen, wie wir es begonnen haben.

Eine Weiterentwicklung unserer Wachstumsstrategie ist nötig, müssen wir uns doch in einer sich immer schneller wandelnden Welt positionieren.

Länder wie Indien und Brasilien sind bereits heute an der Schwelle zur „ersten Welt". Russland und China haben sich reformiert und geöffnet. Die wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse verschieben sich so, dass diese vier Länder in der globalisierten Wirtschaft eine wachsende Rolle einnehmen. Das wirkt sich auch politisch aus. Brasilien, Russland, Indien und China vereinigen zusammen heute schon einen Viertel des Welt-BIP's auf sich. Dies ist ein Potential für viele Schweizer Unternehmen, das noch nicht ausgeschöpft ist - weder durch die Politik noch durch die Wirtschaft.

Dabei dürfen wir diese Länder nicht nur als neue Konkurrenten auf dem globalen Marktplatz sehen. Hier entstehen wichtige Absatzmärkte für Güter, für Dienstleistungen oder für Touristen; auch für Personen, die in die Schweiz kommen und hier investieren. Angesichts dieser Veränderungen hat mein Departement eine Strategie entwickelt, wie wir uns im globalen Wettbewerb positionieren können.

Diese Strategie basiert auf vier Elementen:

Erstens wollen wir unsere Position in Europa, unserem wichtigsten Handelspartner, weiter festigen. Heute haben wir rund 20 Haupt- und über 100 Sekundärabkommen. Mit dem Instrument der bilateralen Verträge ist uns dies bisher gut gelungen. Es geht in Zukunft darum, diese Verträge zu aktualisieren und über neue Anliegen (Strom, 24-Std.-Regel, Galileo) zu verhandeln.
Zweitens sind wir daran interessiert, dass ein multilaterales Regelwerk im Rahmen der WTO zustande kommt. Im vergangenen Dezember habe ich mir in den USA ein Bild über die inneramerikanische Diskussion gemacht. Und im Rahmen des von mir organisierten informellen Treffens von rund 30 Handels- und Wirtschaftsministern am Rande des WEF in Davos haben Ende Januar alle Anwesenden Flexibilität signalisiert. Seit Februar sind die Verhandlungen wieder aufgenommen! Die Frage ist heute weniger, ob die Doha-Runde abgeschlossen wird, sondern wann dies der Fall sein wird. Das Ziel besteht darin, die Runde bis Ende Jahr abzuschliessen und so ein Regelwerk für die ganze Welt zu schaffen. Derzeit geschieht viel hinter den Kulissen; viel hängt jedoch von den USA ab.
Drittens wollen wir mit einem Netzwerk von Freihandelsabkommen mit ausgewählten Ländern (EFTA) unseren Unternehmen einen verbesserten, möglichst diskriminierungsfreien Marktzugang ermöglichen. Dieses Netz soll immer dichter geflochten werden. In diesem Jahr wollen wir mit den BRIC-Länder Brasilien, Russland, Indien und China ins Gespräch kommen. Bilateral steht Japan in unserem Visier.
Viertens wollen wir den Binnenmarkt mit diversen Reformen wettbewerbsfähig machen.

Die Schweiz kann ihre Position als mittlere wirtschaftliche Weltmacht dann behaupten, wenn wir neben den aussenwirtschaftspolitischen auch die binnenwirtschaftlichen Hausaufgaben konsequent erledigen. Hier sehe ich durchaus Handlungsbedarf, denn in vielen Bereichen arbeiten wir noch in überholten Strukturen und mit zu vielen Regelungen.

Die Herausforderungen des europäischen und des globalen Wettbewerbes können wir nur dann bewältigen, wenn bestehende Lücken in Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit geschlossen werden. Dazu müssen wir die Binnenwirtschaft auf ein ähnliches Fitness-Niveau bringen wie die Exportwirtschaft. Der Weg dorthin führt über eine Belebung des Wettbewerbs in jenen Sektoren, die dem Druck der globalen Konkurrenz weniger ausgesetzt sind.

Wichtige Schritte in dieser Richtung sind bereits unternommen worden: Zum Beispiel das revidierte Binnenmarktgesetz oder die Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes gegenüber der EU. Andere Elemente unseres Wachstumspaketes, das wir mit 17 Massnahmen geschnürt haben, nehmen konkrete Gestalt an:

Das Stromversorgungsgesetz wurde vom Parlament verabschiedet. Der Markt wird dadurch in zwei Etappen geöffnet; zuerst für Grosskunden mit einem Verbrauch von über 100 Megawattstunden und nach fünf Jahren für Gewerbebetriebe und Haushalte.
In der Frühjahrssession hat sich der Nationalrat der Agrarreform 2011 angenommen und nach einer langen Debatte knapp gutgeheissen. Das bringt Vorteile für die Konsumenten und verbessert die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors..
Ein Freihandelsabkommen mit der EU im Agrar- und Lebensmittelbereich steht gegenwärtig in Prüfung.
Die Vernehmlassung der Revision Revision des Gesetzes über die technischen Handelshemmnisse steht in der Auswertung; damit wollen wir dem Cassis-de-Dijon Prinzip zum Durchbruch verhelfen - auch einseitig. Und da bringt es uns nicht weiter, wenn alle für ihr Gärtchen Ausnahmen fordern oder auf die Gegenseitigkeit mit der EU pochen. Damit würden nur langwierige Verhandlungen mit Brüssel ausgelöst und die Problemlösung würde auf die lange Bank geschoben.
Ein permanentes Thema ist der Abbau administrativer Hemmnisse. Unter anderem sollen mit der elektronischen Lohndatenübertragungen ab Juni 2007 mehr als 300'000 Unternehmen der Schweiz von einer substantiellen Vereinfachung profitieren. Statt dass jede Behörde separate Informationen verlangt, werden neu die Lohndaten nur noch einmal aufbereitet und mittels Mausklicks versandt werden können. Auch soll die Mehrwertsteuer einfach werden und mehr Rechtssicherheit und Kundenorientierung bieten. Die Vernehmlassung zu dieser Revision läuft derzeit.
Die Botschaft über Bildung, Forschung und Innovation mit wichtigen Investitionen für 2008 bis 2011 wird im Sommer im Ständerat behandelt werden. Bei diesem Rahmenkredit ist Sparen fehlen am Platz. Deshalb wollen wir den Kredit auch um 6 Prozent gegenüber der letzten Botschaft erhöhen. Denn Bildung, Forschung und Innovation sind zentral für eine wissensbasierte Volkswirtschaft,
Die Beteiligung von Frauen und älteren Menschen auf dem Arbeitsmarkt soll ebenfalls erleichtert werden. Mit dem KMU-Handbuch wollen wir Wege zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufzeigen. Das senkt Kosten und verbessert die Arbeitsmarktpartizipation.

Ziel all dieser Massnahmen ist eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der Standortattraktivität der Schweiz. Die ersten Erfolge sind sichtbar. Dieser Erfolg basiert aber vornehmlich auf einer weltweit guten Konjunktur. Wenn wir verhindern wollen, dass beim nächsten konjunkturellen Einbruch wieder mehr Unternehmer ins Ausland abwandern und mehr Menschen arbeitslos werden, müssen wir die strukturellen Reformen vorantreiben. Wir müssen unsere Wirtschaftsordnung konsequent auf den globalen Wettbewerb ausrichten. Wir müssen mit der Erhaltung eines liberalen Arbeitsmarktes und einem innovativen, bildungs- und forschungsfreundlichen Klima den Standort Schweiz attraktiv halten. Dazu gehören aber auch Verbesserungen in der Sozialpolitik, in der Energie- und Infrastrukturpolitik und in der Fiskalpolitik.

Meine Damen und Herren, wenn wir diese grossen Herausforderungen für alle trag- und verkraftbar bewältigen wollen, brauchen wir stabile Wachstumsraten.

Der Bundesrat wird noch in diesem Jahr ein Anschlussprogramm zum Wachstumspaket präsentieren. Mit offenen Märkten, mit Strukturen, die echten Wettbewerb möglich machen und mit gut ausgebildeten und motivierten Arbeitskräften können die Unternehmen Gewinne erwirtschaften und neue Arbeitsplätze bereitstellen.

Damit steigen Volkseinkommen und Steuereinnahmen.
Damit steht mehr Geld für die Sozialversicherungen, die Bildung und die Umwelt zur Verfügung.
Damit können wir unseren Standortvorteil gegen Druck von aussen verteidigen und sogar ausbauen.

Setzen wir uns gemeinsam für „Swiss Quality" ein; in den Unternehmen und in der Politik.

Helfen Sie mit, das Ziel eines wettbewerbsfähigen Standortes Schweiz auf dieser wirtschaftspolitischen Roadmap zu erreichen.

Ich danke Ihnen für Ihre Unterstützung und für Ihre Aufmerksamkeit.

Es gilt das gesprochene Wort!

Wirtschaftspolitische Herausforderungen für die Schweiz