Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren aus Wirtschaft und Politik,
verehrte Gäste.

Es ist mir eine grosse Freude, Ihrem Verband im Namen der Landesregierung die Glückwünsche zum hundertjährigen Jubiläum zu überbringen. Mit diesen Glückwünschen verbinde ich meine Anerkennung für die Arbeit des VSLF.

Sie haben Farbe in die Schweiz gebracht! Damit haben Sie nicht nur etwas zu unserem Wohlbefinden beigetragen. Mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Franken und mit rund 3'000 Arbeitsplätzen haben Sie auch einen wesentlichen Anteil an Wachstum und Wohlstand. Dass Sie sich in den letzten 100 Jahren den ständig wechselnden Kundenwünschen ebenso wie den sich verändernden Vorschriften angepasst haben, beweisen Ihre Flexibilität und die Innovationskraft der Branche. Wer von der Blei- zur Biofarbe und vom Wetterschutz zum High-Tech-Signalanstrich alles bietet, der ist für die Zukunft gewappnet.

Diese Zukunft können wir insbesondere in zwei Bereichen aktiv gestalten:

Erstens durch eine Stärkung des Werkplatzes Schweiz und dabei vor allem durch eine Vereinfachung der Behördenabläufe.
Zweitens durch Investitionen in Bildung und Forschung, insbesondere in die Berufsbildung.

Damit die Farben- und Lackhersteller der Schweiz tatsächlich einer gedeihlichen Zukunft entgegenblicken, dafür sind in erster Linie Sie selber verantwortlich - durch kreatives und flexibles Unternehmertum. Der Staat, als dessen Vertreterin Sie mich heute eingeladen haben, muss aber dafür besorgt sein, dass Sie eine saubere Grundierung vorfinden - möglichst ohne behindernde Unebenheiten.

Dass wir im internationalen Bürokraten-Rating der administrativen Entlaster nicht schlecht dastehen, ist für mich aber kein Trost - gemäss OECD belegen wir den Spitzenplatz. Wir können und wir müssen noch besser, noch effizienter und noch unbürokratischer werden - im Interesse der vielen Unternehmerinnen und Unternehmer. Ich frage mich, ob es nötig ist, dass die Gesetzessammlung des Bundes 55'000 Seiten umfasst - mit weiter wachsender Tendenz.

Hier gilt es den Hebel anzusetzen, denn der administrative Aufwand ist auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive alles andere als Kleinkram.

Deshalb haben wir seit einigen Jahren die eigene Administration im Visier und haben auch schon einiges unternommen.

Nur einige Beispiele:

Die Meldungen des Schweizerischen Handelsamtsblattes (SHAB) sind seit 2006 elektronisch abrufbar. So sparen Unternehmen gemäss einer Studie jährlich über 10 Millionen Franken.
Jungunternehmer können seit 2004 ihr Unternehmen online zur Gründung anmelden.
Die Lohndaten können seit diesem Jahr elektronisch an SUVA, Ausgleichskassen, Bundesamt für Statistik, Privatversicherer und Steuerverwaltung übermittelt werden. Davon profitieren potentiell mehr als 300'000 Unternehmen.
Im Bereich der Arbeitssicherheit entfallen übermässige Dokumentationsverpflichtungen. Dies führt bei rund 150'000 Klein- und Kleinstunternehmen zu administrativen Entlastungen in einer geschätzten Grössenordnung von jährlich 50 Mio. Franken.
Bereits wurden 75 Bewilligungen ersatzlos aufgehoben; weitere folgen.

Mit der geplanten Suchmaschine für alle Formulare der Verwaltung und der elektronischen Identifikationsnummer für Unternehmen sind nächste Schritte noch in diesem Jahr vorgesehen.

Ebenfalls zur Entlastung beitragen wird die Reform der Mehrwertsteuer mit dem Ziel,

das System zu vereinfachen,
grösstmögliche Rechtssicherheit für die Steuerpflichtigen zu gewähren,
die Transparenz zu erhöhen und
die Verwaltung kundenorientierter auszugestalten.

Die Vernehmlassung dazu läuft noch bis zum 31. Juli 2007.

Schon abgeschlossen ist die Vernehmlassung über die Revision des Bundesgesetzes über technische Handelshemmnisse (Cassis-de-Dijon-Prinzip); auch das bringt weniger Formularkrieg, weil etwelche zusätzliche Schweizer Vorschriften entfallen.

Darüber hinaus ist es nötig, dass der Bund noch enger mit den Kantonen und den Gemeinden zusammenarbeitet. Dabei sollen die Gesetze auf allen Ebenen unbürokratisch vollzogen und die unternehmerische Tätigkeit über die Kantonsgrenzen hinaus nicht durch eine Vielzahl unterschiedlicher kantonaler Vorschriften - etwa beim Baurecht - behindert werden. Diese Vielzahl von Vorschriften und Normen bedeuten für national und international tätige Schweizer Unternehmen nämlich einen hohen administrativen Aufwand, der sich auf die Preise und auf die Wettbewerbsfähigkeit niederschlägt.

Einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Unternehmensstandortes leisten die Investitionen in Bildung und Forschung, insbesondere in die Berufsbildung. Wie Sie wissen, hat der Bundesrat den Rahmenkredit für Bildung, Forschung und Innovation für die Jahre 2008 bis 2011 um 6 Prozent angehoben.

Die Gründe dafür sind unter anderem:

die geplante Weiterführung der Forschungszusammenarbeit mit der EU,
die finanziellen Verpflichtungen des Bundes gegenüber den Kantonen im Berufsbildungsbereich und bei den Fachhochschulen
sowie eine stärkere Unterstützung der anwendungsorientierten Forschung und der Innovation; notabene für KMU.

Die Berufsbildung liegt mir ganz besonders am Herzen. Rund zwei Drittel unserer Jugend wählt diesen Weg. Er ist ein Erfolgsmodell. Die Zahl der heutigen Ausbildungsmöglichkeiten liegt bei über 200. Aufgrund der wirtschaftlichen Veränderung wurden bestehende Berufsfelder konzentriert; andere wurden neu geschaffen. Diesen Veränderungen haben sich auch die Verantwortlichen im gesamten Bildungsbereich gestellt, und wir haben uns an den beiden nationalen Lehrstellenkonferenzen von 2005 und 2006 zusammengerauft.

Wir konnten namentlich in drei Bereichen Resultate erzielen.

Erstens: Niederschwellige Angebote konnten durch die zweijährigen Attest-Ausbildungen für schulisch Schwächere ausgebaut werden, getreu dem Motto: kein Abschluss ohne Anschluss!
Zweitens: Mit dem Case Management zur Begleitung von schulisch und sozial schwachen Jugendlichen können wir auf die Jugendlichen direkter eingehen.
Drittens: Die Lehrstellenförderung wurde intensiviert und Lehrbetriebsverbünde wurden ins Leben gerufen.

Diese Lehrstellen-Massnahmen sind nötig, denn wir werden in den nächsten 10 Jahren mit zwei Entwicklungen konfrontiert sein. Einem steigenden Bedarf an gut ausgebildeten Fachkräften steht ein Rückgang der jungen Bevölkerung gegenüber. Im Jahre 2014 dürfte die Schweiz 14% weniger Schulabgänger haben als 2008.

Ich bin froh, dass wir in den letzten Jahren - in einem schwierigen wirtschaftlich Umfeld - die Zahl der Lehrstellen kontinuierlich erhöhen konnten; von 74'000 im Jahre 2005 auf 75'600 im Jahre 2006.

Daran haben auch Sie Ihren Anteil. Mit dem neune Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis für Laborantinnen und Laboranten haben Sie zusammen mit meinem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie für Ihre Unternehmen die neue Fachrichtung „Lack" geschaffen.

Damit haben Sie gezeigt, dass Sie in diesem hochqualifizierten Berufssegment nach vorne schauen. Dafür danke ich Ihnen.

Machen Sie aber einen zusätzlichen Effort - zu Ihrem eigenen Nutzen, aber auch zum Nutzen der Jugend:

Erstens, indem Sie die Gesamtzahl der Lehrverhältnisse in der ganzen Branche weiter erhöhen.
Zweitens, indem Sie auch Ausbildungsplätze für niederqualifizierte Berufe schaffen; prüfen Sie, ob beispielsweise ein Bedarf für eine zweijährige Attestausbildung vorhanden ist.

Meine Damen und Herren, die Politik und die Farbindustrie haben viel gemeinsam. Auch bei uns unterscheiden sich die Orangen von den Roten und die Grünen von den Blauen. Auch wir sind dafür besorgt, dass der Lack nicht abblättert -am Haus der Schweiz aber auch an uns selber.

Farben und Lacke wirken werterhaltend und wertsteigernd, wenn wir gemeinsam innovativ und kreativ in die Zukunft investieren. Wir tun das, indem wir der Wirtschaft eine gute Grundlage mit möglichst wenigen gesetzlichen Hindernissen bieten. Sie tun das, indem Sie die Qualität ihrer Produkte stetig weiterentwickeln. Beides schafft Wettbewerbsvorteile für die Schweiz und hilft, uns auf den internationalen Märkten zu behaupten.

In den vergangenen 100 Jahren haben Sie sich stets auch für einen attraktiven Werkplatz Schweiz eingesetzt. Das Gewerbe lebt! Danke, dass der VSLF auch in Zukunft die Interessen der Branche wahrt und voraus- sowie mitdenkt, damit wir weiterhin attraktive Arbeitsplätze erhalten können.

Ich wünsche der gesamten Branche und jedem einzelnen Unternehmer eine erfolgreiche, eine „farbige" Zukunft.

Es gilt das gesprochene Wort!

Innovation – damit der Lack nicht abblättert !