Es gilt das gesprochene Wort!

 

Sehr geehrte

Parlamentarierinnen und Parlamentarier
Vertreter von Bund, Kanton, Gemeinde und Behörde

Militärische Repräsentanten verschiedener Organisationseinheiten und Vereinen
Herr Korpskommandant Keckeis
Offiziere
Herr Präsident der OG Nidwalden

Meine Damen und Herren
 
Es ist mir eine Ehre und eine Freude hier in der Pfarrkirche St. Peter und Paul zu Ihnen sprechen zu dürfen. In diesem Werk zwischen den Stilen Renaissance und Frühbarock, welches im Jahre 1647 vollendet wurde, fühlt man sich klein und unbedeutend und es beschleicht einem das Gefühl, dass es schlussendlich nur solche Bauwerke sind, die die Jahrhunderte überdauern.

Dem ist aber nicht so. Nicht nur Bauwerke - wie diese Kirche - nein, auch Menschen hinterlassen in der Geschichte ihre Spuren.
Mit dem Eintritt des Christentums in die antike Welt bekam die moralische Pflicht zur Hilfe und Fürsorge für den anderen eine Dringlichkeit, die es vorher und anderswo so nicht gegeben hatte. Diese gelebte Solidarität und der Geist, aus dem sie stammt, haben unser Land tief geprägt, zivilisiert und zu dem gemacht, was es ist.

Jeden Tag, wenn ich das Bundeshaus-Ost betrete, führt mich der Weg zu meinem Büro an der Büste von General Henri Dufour vorbei.

Im Jahre 1857 - also vor 150 Jahren - war Dufour zum letzten Mal Oberbefehlshaber der Schweizer Armee, als das Land gegen Preussen mobil machte.

Das Eintreten der Schweiz für Neuenburg schloss das Land 10 Jahre nach dem Sonderbundskrieg wieder zusammen.

Die Gründung der Offiziersgesellschaft Nidwalden fällt in diese Zeit.

Vieles ist seither passiert. Unsere Vorväter, die bei der Gründung der OG Nidwalden an vorderster Front standen, sind längst nicht mehr.

Diese 150 Jahre haben die verschiedensten Herausforderungen mit sich gebracht. Es tönt zwar gut, wenn man vom "Wandel der Zeit" spricht. Wenn man aber dann genauer hinschaut, sieht man, dass nicht alles immer nur gut war.

"Das Leben wird vorwärts gelebt, aber rückwärts verstanden."
Dieses Sprichwort hat viel Wahres und zeigt einem auf, dass man hinterher immer schlauer gewesen wäre…

Die Geschichtsschreiber anerkennen heute, dass Nidwalden auf dem Weg von der alten Eidgenossenschaft zum heutigen Bundesstaat speziell gelitten hat, sei dies während der französischen Revolution oder während des Sonderbundkrieges. Umso mehr freut es mich, dass es Ihnen gelungen ist, eine längjährige Tradition in Form der Offiziersgesellschaft einzubinden und zu erhalten. 150 Jahre sind eine lange Zeit! Ich gratuliere Ihnen zu diesem hohen Jubiläum und ich bin zuversichtlich, dass es die Offiziersgesellschaft Nidwalden noch viele Jahre geben wird.
Offiziersgesellschaften sind wichtig, leisten sie doch einen grossen Beitrag zum Funktionieren unseres Milizsystems.

Rolle der Miliz
Ein Markenzeichen unserer Demokratie ist das Milizsystem in vielen Bereichen der Gesellschaft.

Die Schweiz lebt vom Milizsystem. Sie lebt davon, dass sich Zehntausende von Bürgerinnen und Bürgern ausserhalb ihres Familien- und Berufskreises engagieren. Miteinander verbunden sein. Verantwortlich sein. Mehr tun als unbedingt nötig - für sich, aber auch für andere! Diese Kraft der Miliz ist ein unschätzbares Gut. Ein Gut, zu dem wir Sorge tragen müssen!

Das Engagement der Miliz finden wir in der Politik, in den Vereinen und Verbänden, im Sozialen, in der Kultur, im Sport, im Umweltschutz, bei der Feuerwehr - und eben auch in der Armee.

Unsere Armee war, ist und wird eine Milizarmee bleiben. Davon bin ich persönlich überzeugt. Die Miliz leistet hervorragende, ja professionelle Arbeit! Sie trägt nämlich dazu bei, dass die Kompetenzen in der Armee in der richtigen Mischung vorhanden sind - ein Grundsatz der auch in der Wirtschaft gilt.
Die Miliz bringt aber auch Führungskompetenz ein, die zum Beispiel geltende Verfahren durch eigene Beispiele oder durch Hinterfragen optimieren kann.

Ich denke hier an zivile, strategisch tätige Führungskräfte. Denn gerade auf der militärstrategischen und operativen Stufe der Armee und in Verflechtung mit zivilen Partnern ergeben sich oft komplexe, "wenig militärische" Probleme. Diese Probleme lassen sich durchaus auch einmal mit militärisch unorthodoxen, zivilen Methoden angehen, wenn eine armeekonforme Lösung resultiert.

Manchmal braucht es nur eine etwas andere Sicht der Dinge und wer weiss, vielleicht zieht aus einem solchen Ansatz auch ein Militärprofi Gewinn.
                                
Entscheidend ist, dass Synergien des Milizsystems (berufliches Know-how) genutzt werden. Sie alle als Milizof bringen dabei ein enormes Potenzial an Wissen und Erfahrung in unsere Institution ein und sorgen für eine hohe Qualität der Armee mit einer festen Verankerung in unserer Gesellschaft.

Im Gegenzug bietet die Armee unter anderem die Möglichkeit, Führungserfahrung sich anzueignen, zu sammeln und Persönlichkeiten zu entwickeln. Dies führt zu einer klassischen Win-Win-Situation, vorausgesetzt, die Wirtschaft stellt auch in Zukunft ihre besten Leute für eine Offizierslaufbahn zur Verfügung.

Bedrohungslage Schweiz
Die vor Jahren durchgeführte Lagebeurteilung und bereits im ALB dargestellte Bedrohungs- und Risikoanalyse stimmt mit den heutigen Gefahren immer noch überein, gibt es diesbezüglich doch lediglich neue Akzentuierungen festzustellen. Die aktuellen Lageanalysen erfordern ein bewegliches Armeemodell, das sich immer wieder auf veränderte und neue Gefahren ausrichtet.
Militärische Bedrohung
In absehbarer Zeit ist nicht mit einem konventionellen Angriff auf EU-Staaten oder auf die Schweiz zu rechnen, wie er zur Zeit des Kalten Krieges drohte.
Die Schweiz ist von einem breiten Gürtel demokratischer Staaten umgeben, die fast alle der NATO und/oder der EU angehören und für uns keine Bedrohung darstellen.

Militärische Potenziale (zu Land und zu Luft), mit deren Hilfe dieser "Gürtel" durchstossen und die territoriale Integrität der Schweiz gefährdet werden könnte, sind in Europa heute nicht mehr vorhanden.

Die blutigsten Konflikte lagen - und liegen - im "Krisenbogen" von Nahost (Israel-Libanon) und Irak bis Afghanistan und Myanmar, Sri Lanka und den Philippinen, um hier nicht auch noch von den Konflikten in Afrika zu sprechen. Solche bewaffneten Konflikte werden die nächsten Jahre anhalten. Insbesondere in Afrika ist sogar mit deren Zunahme zu rechnen.

Terroristische Bedrohung
Die grösste terroristische Bedrohung geht aktuell vom militanten Islamismus bzw. Jihadismus aus, das heisst zunehmend von lokalen Gruppierungen, die im Geiste der Al-Qaida handeln. Er richtet sich primär gegen die USA und Israel, gegen westlich orientierte arabische Regierungen, aber auch gegen den Westen.
In diesem Gesamtkontext ist auch die Schweiz betroffen. Schweizer Bürger oder schweizerische Interessen im Ausland können Ziele von Anschlägen werden, da der Terrorismus oft Opportunitätsziele sucht.

In der Schweiz sind vor allem Einrichtungen westlicher Staaten und Firmen bedroht, aber auch die Sitze internationaler Organisationen. Gesamteuropa dürfte in den nächsten Jahren Ziel weiterer Terroranschläge radikaler politischer und militanter islamistischer Gruppierungen bleiben. Es stellt auch ein logistisches Operationsfeld für diese Gruppierungen dar.

Bedrohung durch die Proliferation von Massenvernichtungswaffen
Die Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen und Trägermitteln (inkl. relevanter Komponenten wie Kampstoffe, Technologie und Know-how) kann die Schweizerischen Sicherheitsinteressen massiv bedrohen (unter der Voraussetzung, dass sie in falsche Hände fallen können).
Bsp: Kofferbombe (suitcase bomb).

Dass die Raketen- und Nuklearprogramme im Nahen und Mittleren Osten in den nächsten fünf Jahren zu einer unmittelbaren militärischen Bedrohung Mitteleuropas werden, ist  eher unwahrscheinlich.

Bedrohung durch die Organisierte Kriminalität
Die verschiedenen Netzwerke im Bereich der Organisierten Kriminalität tragen zur Destabilisierung von Regionen bei (Balkan, GUS), in denen die Schweiz in vielerlei Hinsicht engagiert ist.

Unmittelbar betroffen sein kann unser Land von imageschädigenden Kapitaltransfers, vom Missbrauch der hiesigen Wirtschaft zum Zwecke der Geldwäscherei und von politischen Aktivitäten entsprechender Netzwerke in der Schweiz.

150 Jahre Offiziersgesellschaft Nidwalden