Es gilt das gesprochene Wort

Geldwäscherei ist etwas, das sich im Dunkel der Illegalität abspielt und daher wird man nie genau sagen können, wie bedrohlich, wie umfangreich, wie schädlich das Phänomen sich auf Staat, Wirtschaft, Gesellschaft und Individuum auswirkt. Geldwäscherei lässt sich wohl qualifizieren, aber nur schwer quantifizieren. Der IWF schätzt den Reingewinn weltweit auf einen dreistelligen Milliardenbetrag. Auch die Schweiz bleibt von dieser Form der Finanzkriminalität nicht verschont.

Ursprünglich wurde das Phänomen des Einspeisens illegaler Vermögenswerte in den legalen Kapitalkreislauf überwiegend mit Bankgeschäften in Zusammenhang gebracht. Es war daher logisch, dass unser Land, mit seinem hervorragenden und bedeutenden Finanzplatz diesem Phänomen von Anfang an mit grösster Aufmerksamkeit begegnete. Es galt und gilt insbesondere zu verhindern, dass das Bankgeheimnis für kriminelle Zwecke missbraucht wird. Nicht nur das: es war auch richtig, dass wir uns sowohl aus eigener Initiative als auch gemeinsam mit den internationalen Bemühungen der Bekämpfung der Geldwäscherei an vorderster Front annahmen. Die schweizerische Geldwäscherei-Gesetzgebung gehört heute nach wie vor zu den strengsten der Welt.

Die Schweiz geniesst dank ihrer Anstrengungen zur Sicherstellung der Integrität des Finanzplatzes international einen guten Ruf. Wir haben allergrösstes Interesse, dass diese Anerkennung erhalten bleibt.

Der Ablauf der Geldwäscherei-Bekämpfung geschieht - übrigens ähnlich wie bei der Terrorismusfinanzierung oder bei organisierter Kriminalität - nach einem gewissen Schema und in Phasen.

Am Anfang steht die Wahrnehmung des Phänomens. Inhalt und Ausmass werden erfasst.
Danach nehmen sich verschiedene internationale Organisationen des Themas an. Im Vordergrund steht die eigens dafür geschaffene Financial Action Task Force against Money Laundering - die FATF. Aber auch die UNO und der Europarat sowie die Bretton Woods-Institutionen werden über eigene Fachgremien tätig. Es werden internationale Standards erarbeitet. Als wegleitend werden dabei vor allem die Empfehlungen der FATF betrachtet, der die Schweiz als Gründungsmitglied angehört.
Die dritte Phase besteht sodann in der Überführung solcher Standards - deren Verbindlichkeitsgrad durchaus unterschiedlich ist und die oftmals den Charakter von soft-law besitzen - in das jeweilige nationale Recht. Dieses beinhaltet Handlungsanweisungen an die Rechtssubjekte, seien es Banken, Versicherungen, Finanzintermediäre oder weitere Branchen.
In der vierten Phase treten die Aufsichtsorgane auf den Plan, in unserem Falle die EBK, die Kontrollstelle, teils im Verbund mit SRO, das BPV und die Spielbankenkommission. Sie wissen, dass wir das Zusammenführen von EBK, Kontrollstelle und BPV unter dem Dach der Finanzmarktaufsicht (Finma) planen und dem Parlament zum Entscheid unterbreiten werden. Nachgelagert zu dieser vierten Phase stehen die Strafverfolgungsbehörden.

Am Beginn meiner Ausführungen möchte ich drei Probleme streifen, die sich bei allen anstehenden Weiterentwicklungen des Systems der Bekämpfung von Geldwäscherei stellen.

Das erste Problem besteht darin, dass wir mit einem Kontrollapparat jedwelcher Grösse nie werden verhindern können, dass Fehler passieren und dass unsere Aufsicht trotz grösster Gewissenhaftigkeit Lücken aufweist. Um es kurz und bündig auszudrücken: wir können mit noch so intensiver Regulierung die Fehler und Unterlassungen, welche in den vorgenannten Phasen jeweils entstanden sind, nicht ausmerzen. Wenn eine Branche aufgrund unliebsamer Ereignisse und Fakten einen, wenn auch nur vorübergehend, schlechten Ruf geniesst, kann man diesen nicht mittels Oberaufsicht wiederherstellen.

Das Ziel der Geldwäschereibekämpfung kann nur erreicht werden, wenn alle Finanzintermediäre die nötige Sorgfalt bei Finanzgeschäften walten lassen, wenn sie die Kunden und die wirtschaftlich Berechtigten identifizieren, wo nötig vertiefte Abklärungen treffen und diese dokumentieren, damit bei Strafverfolgungen darauf zurückgegriffen werden kann.

Das zweite Problem ist darin zu sehen, dass der Kampf gegen die Geldwäscherei immer breitere Ausmasse annimmt. Waren zuerst, d.h. vor rund 20 Jahren nur die Banken mit ihren Abermillionen von jährlichen Transaktionen das Ziel der Bemühungen, so kamen später weitere Finanzintermediäre sowie die Versicherungen in den Fokus, und nun sprechen die internationalen Fachgremien gar von bestimmten Handels- und Gewerbebranchen als mögliche Drehscheiben der Geldwäscherei. Damit wird die sog. ‚Kontrollfläche' immer grösser, immer ausgedehnter. Wir können die Aufsichts- und Kontrollapparate jedoch nicht einfach proportional zu dieser Koordinaten-Erweiterung aufstocken. Damit wächst, nicht nur bei uns, die Gefahr der Scheingenauigkeit. Man beginnt, sich etwas vorzumachen. Man erweckt den unzutreffenden Eindruck, die Geldwäscherei dank mehr und grösserer Regulierung im Griff zu haben. Parallel zur Ausdehnung der Kontrollfläche wurde laufend erweitert, was überhaupt unter dem Begriff der Geldwäscherei zu verstehen ist. Ursprünglich war mit Geldwäscherei in etwa das gemeint, was der Volksmund darunter erfasst; nämlich, dass dreckiges Geld von Gewinnen aus Verbrechen wie Drogenhandel, Menschenhandel, Raub oder Betrug in den normalen Wirtschaftskreislauf eingeschleust wird. Diese Definition wird auf internationaler Ebene jedoch laufend ausgedehnt, so dass auch unbescholtene Bürger in den Generalverdacht von Geldwäsche zu fallen drohen, bspw. wenn sie mit viel Bargeld die Grenze überschreiten oder teure Juwelen bar bezahlen.

Durch staatliche Aufsicht können nicht alle Risiken eliminiert werden. Wir müssen stattdessen Prioritäten setzen und dort eingreifen, wo die Risiken am grössten sind. Dieser Risiko-basierte Ansatz ist auch in den FATF-Empfehlungen verankert. Wir müssen den Mut haben, diesen Ansatz auch konsequent umzusetzen, ohne die Wirksamkeit der Massnahmen zu gefährden. Damit deutet sich das dritte Problem an, nämlich das Beschreiten genau dieser Gratwanderung zwischen den Anforderungen einer glaubwürdigen Geldwäscherei- Bekämpfung und den Bedürfnissen eines starken, effizienten Finanzplatzes. Es geht um das Finden des richtigen Masses. Es geht um den Ausgleich zwischen den Interessen einer freien, wettbewerbsorientierten Wirtschaft und den Anforderungen des demokratischen Rechtsstaates an Sicherheit, Rechtmässigkeit und Lauterkeit seiner Einrichtungen.

In diesem Zusammenhang möchte ich eine Bemerkung über die Grenzen des wirtschaftlich tragbaren und operationell umsetzbaren der Regulierung machen. Die Finanzbranche sieht sich generell mit einer Flut von Regulierungsprojekten konfrontiert. Die Massnahmen zur Bekämpfung der Geldwäscherei sind nur ein Teil davon. Der hohe Rhythmus der neu zu implementierenden Regulierungen und das immer dichtere Netz der Bestimmungen komplizieren und verteuern die Bedingungen für manches Bankgeschäft. Die Umsetzung der Regulierung ist mit erheblichen Fixkosten verbunden, die unabhängig von der Institutsgrösse anfallen. Ich will verhindern, dass mit der Regulierung Strukturpolitik betrieben wird, indem kleinere Institute durch die wachsende Last der Regulierung aus dem Markt gedrängt werden oder erst gar nicht mehr im Markt Aufnahme finden.

Deshalb lege ich Wert darauf, dass Kosten-Nutzen-Überlegungen systematisch in die Beurteilung von Regulierungsprojekten einfliessen. Damit werden die Entscheidgrundlagen zur Beurteilung der Erforderlichkeit und Verhältnismässigkeit vertieft. Dies erlaubt es uns, das richtige Mass an Regulierung für eine konkrete Problemstellung zu finden.

Das Finanzdepartement ist zur Zeit daran, zusammen mit den Aufsichtsbehörden Grundsätze zu erarbeiten. Diese sollen den Regulierungsprozess verbessern und dabei auch den ökonomischen Zusammenhängen und Wirkungen stärker Rechnung tragen. Solche Kosten/Nutzen-Analysen wollen wir bei all unseren Regulierungserlassen durchführen; nicht nur bei Gesetzestexten.

Für jeden Finanzplatz zentral sind eine gute Reputation und damit verbunden das Vertrauen, das ihm entgegengebracht wird. Wir müssen uns bewusst sein: Ein Vertrauensverlust kann rasch erfolgen. Der Aufbau von Vertrauenskapital hingegen ist ein langwieriger und auch kostspieliger Prozess. Eine starke, effiziente und klar umrissene Aufsicht wirkt wie ein Gütesiegel und schützt vor Reputationsrisiken. Sie liegt deshalb auch im Interesse des Finanzsektors. Wir müssen uns folgerichtig auch bemühen, weiterhin zur internationalen Spitzengruppe zu gehören. Gleichzeitig müssen wir verhindern, dass wir durch einen Alleingang die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes einschränken. Wir werden deshalb sehr genau beobachten, wie und in welchem Zeitrahmen andere Länder die bisherigen und neuen internationalen Standards umsetzen. Wir wollen dann bereit sein, wenn es auch andere wichtige Konkurrenten sind.

Wo steht die Schweiz heute? - Unser System der Geldwäschereibekämpfung ist ein komplexes Gebilde, das sich aus einer präventiven, einer verwaltungsrechtlichen und einer repressiven, strafrechtlichen Komponente zusammensetzt.

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Schweiz von Beginn an mit viel Engagement und der ihr eigenen Gründlichkeit an die Umsetzung internationaler Regeln gemacht hat. Die Schweiz hat zu den Pionieren der Kundenidentifizierung gehört, die ihrerseits einer der Grundpfeiler der Geldwäschereibekämpfung darstellt. Die frühen internationalen Massnahmen zur Bekämpfung der Geldwäscherei wurden daher stark von schweizerischen Lösungen beeinflusst.

Auch mit dem Geldwäschereigesetz hat die Schweiz Pionierarbeit geleistet. Bereits 1997 legte sie die Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei für alle Finanzintermediäre auf Gesetzesstufe fest. Durch die Ausdehnung dieser Vorschriften vom Banken- auf den Nichtbankensektor inklusive einer entsprechenden Aufsicht betrat die Schweiz Neuland. Die entsprechende Regelung ist auch im heutigen Vergleich immer noch fortschrittlich. Dies wird auch im Ausland anerkannt. Während im Bankenbereich die Selbstregulierung schon lange eingespielt ist, waren im Nichtbankensektor in den vergangenen Jahren grosse Anstrengungen notwendig, um das Dispositiv funktionstüchtig zu machen. Dank dem grossen Engagement der Kontrollstelle, der Selbstregulierungsorganisationen, aber auch der betroffenen Finanzintermediäre konnten in der Umsetzung gewaltige Fortschritte erzielt werden. Dank der Aufbauarbeit der Kontrollstelle besteht heute eine klare Praxis zur Umsetzung des GwG. Auch wenn die Auslegungen der Kontrollstelle in einzelnen Punkten noch umstritten und Lösungen erst in Ausarbeitung sind, so wird durch diese Praxis die Berechenbarkeit des Dispositivs wesentlich erhöht. Dies ist sicher auch im Interesse der Unterstellten.

Die Schweiz steht mit ihrem Dispositiv zur Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im internationalen Vergleich weiterhin gut da. Obwohl unser System stärker als andere auf der Prävention beruht, funktioniert auch die Strafverfolgung gut: Seit 1990 sind in der Schweiz rund 1'000 Verurteilungen für Geldwäschereidelikte erfolgt. Dies belegt, dass wir nicht nur fortschrittliche Gesetze haben, sondern diese auch anwenden.

Wir dürfen uns jedoch nicht auf den Lorbeeren ausruhen. Deshalb haben wir uns frühzeitig der Weiterentwicklung der Geldwäscherei-Bekämpfung zugewandt, gleichsam um den Kontakt zur internationalen Spitzengruppe bemüht.

Die internationalen Bemühungen zur Fortentwicklung der Geldwäschereibekämpfung gehen vor allem in drei Richtungen:

1. Weltweite Durchsetzung der bisherigen FATF-Standards

2. Ausdehnung der bisherigen Regeln auf Finanz-Transaktionen im Nichtbankenbereich und auf gewisse Handelssektoren. Davon wird sogleich die Rede sein.

3. Im Nachgang zum 11. September Entwicklung von neuen Standards zur Bekämpfung der Terrorismus-Finanzierung. Die Schweiz hat diese Spezialempfehlungen zur Terrorismusbekämpfung mit Ausnahme jener betreffend die grenzüberschreitenden Bargeldtransporte bereits umgesetzt.

Die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates zu den revidierten FATF-Empfehlungen und zu der vom Europarat verabschiedeten Geldwäschereikonvention schlägt für den Banken- und den Nichtbankensektor keine grundlegende Änderung des Systems vor, sondern gewisse Ergänzungen und Präzisierungen in Bereichen, wo im Vergleich zu den internationalen Standards Lücken bestehen. Zudem enthält sie gewisse Vorschläge, wie beispielsweise eine Bagatellklausel, zur Anpassung des Geldwäschereigesetzes an die bisher gemachten Erfahrungen.

Neu hingegen ist die Absicht verschiedener Gesetzesänderungen für weitere Kreise der Wirtschaft ausserhalb dem Finanzsektor. Zu erwähnen sind namentlich Massnahmen im Bereich der Inhaberaktien und die Ausdehnung des GwG auf Bargeldtransaktionen in gewissen Sektoren des Handels. Hier wird in der Vorlage aus Kosten-/Nutzenüberlegungen bewusst auf die Schaffung eines Aufsichtsregimes verzichtet. Auch im Ausland, namentlich in der EU, sind diesbezüglich neue Massnahmen in Vorbereitung oder bereits umgesetzt. Aber weil es hier für die Schweiz um grundlegende Ergänzungen unseres Dispositivs geht und mit Rücksicht auf die Wirtschaftsverträglichkeit, müssen wir bei der Umsetzung internationaler Standards Kosten und Nutzen sorgfältig gegeneinander abwägen.

Das Ergebnis der Vernehmlassung ist sehr kritisch ausgefallen. Es zeigt klar, dass der vorgeschlagene Prozess noch nicht bis zur Gesetzesreife fortgeschritten ist. Es drängen sich im Interesse aller Betroffenen Anschlussüberlegungen auf. Wir müssen diese jedoch mit Umsicht angehen. Wir werden dabei die erwähnten Interessenabwägungen vornehmen. Zudem gilt es, die zahlreichen Anregungen und die wertvollen Hinweise der Vernehmlassungs-Teilnehmer aufzunehmen.

Unsere Strategie hinsichtlich des richtigen Masses an Regulierung für die Finanzmarktpolitik und damit auch für die Geldwäscherei-Bekämpfung beruht auf drei Säulen. Diese sind:

Erstens verhältnismässige gesetzliche Vorgaben. Die Regulierung muss markt- und praxisnahe sein. Dies bedingt einen regelmässigen Dialog mit den Betroffenen.

Der Regulierungsvorgang muss sodann nachvollziehbar und die wirtschaftlichen Konsequenzen müssen abgeklärt sein.

Zweitens sind alle Reformvorhaben inhaltlich und zeitlich gut aufeinander abzustimmen.

Drittens bedarf es effizienter und glaubwürdiger Institutionen. Eine starke und effiziente Aufsicht mit klarem Auftrag verleiht der Branche ein Gütesiegel und schützt vor Reputationsrisiken. Die hohe Reputation ist entscheidend für unseren Finanzplatz.

Der Zeitplan zum weiteren Vorgehen richtet sich nach den Auswertungen der Vernehmlassungs-Erkenntnisse. Einige davon sind für mich zentral und sie rechtfertigen es, die Vorlage inhaltlich zu überarbeiten. Wir werden in einigen Bereichen weitere Analysen vornehmen und dabei u.a. das fortgeschrittene Finma-Projekt, Risikofaktoren zu einzelnen Branchen und die Umsetzung der internationalen Standards in relevanten Ländern berücksichtigen. Der Bundesrat wird sich nach der Sommerpause mit dem Ergebnis der Vernehmlassung und den Optionen für das weitere Vorgehen befassen. Es würde mich nicht überraschen, wenn die Vorlage schlanker ausfallen würde.

Ich danke allen Beteiligten für die konstruktive und engagierte Mitarbeit zugunsten der Integrität unseres Finanzplatzes.

Geldwäscherei: Wo stehen wir?